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Statistiker wagen den Blick in die Zukunft Delmenhorst in 15 Jahren

Wie sieht Delmenhorst im Jahr 2035 aus? Die Stadtstatistiker wagen den Blick in die Glaskugel. Die Zahl der Bürger wird nur noch geringfügig wachsen, aber die Altersstruktur ändert sich dramatisch.
23.02.2020, 22:10 Uhr
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Delmenhorst in 15 Jahren
Von Andreas D. Becker

Wie sieht Delmenhorst in 15 Jahren aus? Das ist natürlich immer ein Blick in die Glaskugel, trotzdem müssen sich Stadtplaner die Frage stellen. Schließlich müssen sie ihre gesamte Arbeit danach ausrichten. In der nächsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses geht es um eben diesen Blick in die Glaskugel, „Bevölkerungsprognose 2019 (bis zum Jahr 2035)“ ist der Tagesordnungspunkt überschrieben. Das klingt nach staubtrockenen Zahlenkolonnen, das klingt oberflächlich sogar furchtbar unspektakulär. Doch die Veränderungen sind, wenn man genauer hinschaut, dramatisch. Sie werden das Leben in der Stadt verändern und bedeuten enorme Herausforderungen für Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.


Wird Delmenhorst weiter so schnell wie in der jüngeren Vergangenheit wachsen? Nein, wohl kaum. Deswegen wirken die Zahlen auf den ersten Blick auch so unspektakulär. So heißt es in der Vorlage nüchtern: „Betrachtet man die Gesamtbevölkerungszahl in der Gesamtstadt Delmenhorst, so ist bis zum Jahr 2025 eine geringe Steigerung der Einwohnerzahl um rund 600 zu erwarten.“ Das entspricht gerade noch einem Wachstum von 0,7 Prozent gegenüber dem 31. Dezember 2019. Die Lage entspannt sich danach sogar, bis 2035 dürfte die Zahl der Bürger laut Schätzung der Statistiker um 430 sinken und bei 82 360 liegen.

Diese Zahlen basieren auf der Annahme, dass in den kommenden 15 Jahren bei Weitem nicht so viele Menschen wie in den vergangenen fünf Jahren nach Delmenhorst ziehen, als ab 2015 vor allem viele Kriegsflüchtlinge, aber auch ungebrochen viele Menschen aus Südosteuropa in die Stadt kamen. Nur: Diese beiden Faktoren sind die großen Unbekannten, keiner kann verlässlich prognostizieren, wie sich die Wanderungsbewegungen innerhalb der EU und vor allem aus den Krisenregionen der Welt entwickeln.

Die Dramatik ergibt sich aus einem anderen Punkt: Die Verschiebung innerhalb der Altersstruktur. Es wird deutlich mehr Jüngere und Ältere geben. Der Mittelbau, die 45- bis 65-Jährigen, wird dagegen deutlich schrumpfen. Alle drei Faktoren haben einschneidende Auswirkungen auf die Stadtplanung.

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Was ist mit Kindern und Jugendlichen? Das lässt sich relativ präzise sagen. Die Zahl der Kleinkinder ist zwischen 2010 und 2017 bereits massiv gestiegen, und zwar um 700 Mädchen und Jungen. Das zeigt sich schon jetzt im Alltag: Über 200 Plätze in Krippen und Kindergärten fehlen. Das Problem schwappt nun von den Kindertagesstätten in die Grund- und schließlich in die weiterführenden Schulen. Die Stadt versucht zwar, jedes Jahr eine neue Kita zu eröffnen, aber es reicht nicht, um der Welle Herr zu werden. Und es wird nicht besser. Denn schon jetzt platzen viele Schulen aus allen Nähten, Klassenräume sind Mangelware. In der Konsequenz müssen Container als Ersatzräume aufgestellt werden. Und ab der fünften Klasse verschärft sich das Problem ungleich stärker, weil es eine politisch forcierte Unwucht in der Anwahl der Schulen in der Sekundarstufe I gibt.


Was ist mit den Senioren? Auch das lässt sich relativ präzise vorhersagen. Delmenhorst wird spürbar älter. Das liegt an den Grenzen, die die Statistiker ziehen. Sie betrachten zum einen die 45- bis 65-Jährigen sowie die 65- bis 75-Jährigen. Die zweite Gruppe wird in den kommenden 15 Jahren sehr stark wachsen, weil die Mitglieder der sogenannten Babyboomer-Generation nun in das entsprechende Alter kommen. Während also die Zahl der „älteren Erwerbsfähigen“, wie es in den Bericht heißt, massiv abnimmt, und zwar um 18 Prozent (das sind 4250 Frauen und Männer), steigt die Zahl der Senioren um voraussichtlich 22 Prozent bis 2035. Das bedeutet aber auch, dass sich die Wohnraumbedarfe und im nächsten Schritt die der Altenbetreuung und -pflege noch einmal massiv verändern werden.

Doch das ist nicht die einzige Konsequenz: Durch die große Zahl von Frauen und Männern, die bis 2035 aus dem Beruf ausscheiden, wird sich der Arbeitsmarkt verändern. Zwar gibt es viele junge Menschen, aber viele von ihnen werden, erfahrungsgemäß, nach Beendigung der Schulzeit die Stadt und vielleicht die Region verlassen, zum Beispiel um zu studieren. Die Zahl der Erwerbsfähigen in der Stadt wird also abnehmen, obwohl unter anderem absehbar für die Ausbildung der Kinder in Kitas und Schulen beziehungsweise zur Betreuung und Pflege der Alten mehr Arbeitnehmer benötigt werden. Die Konsequenzen, die die Verwaltung aufzeigt, klingen in der Tat nicht gut: „Demografiebedingter Arbeitskräftemangel kann nur durch Technologieeinsatz, erhöhte Effizienz, Kooperationen (regional, betrieblich etc.) und Ehrenamt kompensiert werden. Andernfalls können Dienstleistungsangebote (die von Beschäftigten abhängig sind) nicht vollständig im bislang gewohnten Umfang erhalten werden können.“

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Verändern sich die Stadtteile? Ja, denn in einigen Vierteln geht die Bevölkerungszahl leicht zurück, in anderen wird sie laut Verwaltung deutlich wachsen. Demnach ist vor allem Deichhorst gefragt, dort werden 2035 voraussichtlich sieben Prozent mehr Menschen als heute leben. Es folgt die Mitte mit einem Wachstum von sechs Prozent. Auch Düsternort ist gefragt. Dort gehen die Statistiker von einem Plus von vier Prozent aus.


Der Ausschuss für Wirtschaft, Finanzen und zentrale Angelegenheiten tagt am Dienstag, 3. März, um 17 Uhr im Rathaus.

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