Petra Gerlach stand die Enttäuschung deutlich ins Gesicht geschrieben. Die Oberbürgermeisterin hatte am Dienstagabend hoch gepokert und verloren. Für die im April frei werdende Position des Stadtbaurates hatte sie einen Personalvorschlag in den Rat eingebracht, der am Ende keine ausreichende Unterstützung der Kommunalpolitiker fand. Theo Dworak arbeitete von April 2022 bis diesen März bereits als Fachdienstleiter für Bauordnung und Denkmalschutz im Delmenhorster Rathaus. Er verließ die Stadt, um in Nordenham als Chef des Baudezernats tätig zu werden. Nun scheiterte seine Rückkehr daran, dass für ihn weniger als die Hälfte der gewählten Mitglieder des Stadtrates stimmten.
Die Abstimmungsniederlage hatte sich spätestens angekündigt, als während einer Sitzungsunterbrechung der Verwaltungsausschuss zusammentrat. Gerlach hatte zuletzt bei der Abstimmung zur Schulentwicklungsplanung bei unsicherer Abstimmungslage auf Risiko gesetzt und gewonnen. Am Dienstagabend scheiterte sie mit dem Versuch, erneut zu zocken. Noch vor der Bekanntgabe des Ergebnisses der geheimen Abstimmung im Rat, eilte sie ins Publikum, um dem dort wartenden Dworak die für ihn unangenehme Information weiterzugeben. Nur 22 Ratsmitglieder waren Gerlachs Vorschlag gefolgt und stimmten für ihren Kandidaten, 15 Ratsmitglieder votierten mit Nein, bei einer Enthaltung.
Absolute Mehrheit im Rat verfehlt
Erforderlich gewesen wäre eine absolute Mehrheit des Stadtrates, dem 45 Mitglieder angehören, das Quorum liegt also bei 23 Stimmen. Dass sie ihre Zustimmung verweigern, hatten SPD und die Gruppe Liste/Linke im Verwaltungsausschuss angekündigt. Am Dienstag waren im Rat zehn Fraktionsmitglieder der Sozialdemokraten anwesend, die Gruppe Liste/Linke war mit vier Ratsmitgliedern vertreten. Danach wird es an Zustimmung zu Gerlachs Personalvorschlag auch aus weiteren, die Oberbürgermeisterin tragenden Fraktionen, gemangelt haben, das mutmaßten auch Sprecher aus deren Reihen. SPD-Fraktionschef Alexander Mittag war es verübelt worden, für die Wahl des Stadtbaurates eine geheime Abstimmung gefordert zu haben.
Das Bewerbungsverfahren für die Position des Nachfolgers von Bianca Urban, die noch bis April im Rathaus als Stadtbaurätin gewählt ist, steht wieder bei Null. Es muss vom Rathaus eine neue Ausschreibung herausgegeben werden. In die engere Wahl für die Stelle im Verwaltungsvorstand Delmenhorsts hatte es übrigens auch der Fachbereichsleiter Bauen im Rathaus, Maximilian Donaubauer geschafft. Ebenfalls in die Endausscheidung geschafft hatte es ein Bewerber aus Osterholz-Scharmbeck, Manuel Reichel ist im dortigen Rathaus seit Januar 2020 als Baudezernent tätig und war zuvor beim Amt für Straßen und Verkehr in Bremen für den Brückenbau zuständig.
"Unsägliches Abstimmungsergebnis"
Gerlach beklagte das Abstimmungsergebnis mit den Worten, es sei "unsäglich, wie wir mit Personal umgehen, wir stehen uns selbst im Weg". Grünen-Ratsherr Uwe Dähne sah das Image der Stadt beschädigt: "Wer soll sich nach so einem Desaster noch in Delmenhorst bewerben sollen". Beschwichtigend äußerte sich SPD-Fraktionschef Alexander Mittag am folgenden Tag, Gerlach hatte mit einem Geschäftsordnungsantrag die Debatte im Rat für beendet erklärt. Die Aufgaben eines Stadtbaurates für Delmenhorst seien vielfältig und bedeutsam, für die Stelle der Besoldungsgruppe B 3 ließe sich wohl ein geeigneter Bewerber finden.
In die sich anschließende Debatte um den Haushalt fürs Jahr 2024 mischten sich auch Töne der Verbitterung über das Miteinander im Rat. Zu Beginn ihrer Haushaltsrede bekannte Grünen-Fraktionschefin Marianne Huismann, dass sie eigentlich "keinen Bock mehr" habe. Eine Fundamentalopposition im Rat zu zeigen, sei aber lediglich eine Bestrafung der Wählerinnen und Wähler. Die Mitarbeit im Rat dürfe nicht als eine Show betrachtet werden, sondern sei ein "harter Prozess". Die Haushaltskonsolidierung sei mit harten Einschnitten verbunden, so CDU-Fraktionschef Kristof Ogonovski. SPD-Fraktionschef Alexander Mittag begründete die Ablehnung des Haushalts durch seine Partei mit falschen Einsparungen und einer fehlenden Planung für mittelfristige Ziele, er nannte die Großprojekte, wie die Nachnutzung des Höger-Baus an der Wildeshauser Straße nach der Krankenhausnutzung. Auch Isabelle D'Ambrosio kündigte an, dass Delmenhorster Liste und Die Linke dem Etatentwurf die Zustimmung verweigern würden. Sie kritisierte, dass die Kürzungen vorwiegend unsozial gewählt seien. Für die FDP begründete Claus Hübscher die Zustimmung zum Haushalt, die in vorangegangenen Jahren kritisierten Personalaufwüchse seien verantwortungsvoll gebremst. Er mahnte aber auch an, dass Haushaltsmittel nicht weiter dadurch eingespart werden dürften, indem beschlossene Sanierungsmaßnahmen an Straßen und Gebäuden nicht liegengelassen werden.