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Neues Gymnasium in Delmenhorst Schulstandort gekippt: Was hat die Stadtspitze zu verbergen?

Der Delmenhorster Rat hat den Gymnasiumstandort Iprump gekippt und Kritik an der Intransparenz der Verwaltung geübt. Die Hintergründe zum Iprump-Aus.
23.06.2025, 19:34 Uhr
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Schulstandort gekippt: Was hat die Stadtspitze zu verbergen?
Von Sebastian Hanke

Als um 19.30 Uhr das Ergebnis der Abstimmung in der Sondersitzung des Stadtrats im Veranstaltungszentrum com.media verkündet wurde, brandete in den Zuschauerreihen lauter Jubel auf. Mit Applaus reagierten zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner auf die Entscheidung der Politik: Das dritte Gymnasium soll nun doch nicht in Iprump gebaut werden. In einer geheimen Abstimmung gab es 12-Ja-Stimmen für den Standort und 23-Nein-Stimmen.

SPD forderte "komplette Transparenz" von Oberbürgermeisterin

Der Ratsbeschluss vom 24. April, mit dem das zugrunde liegende Verkehrsgutachten akzeptiert und damit der Standort Iprump nochmals faktisch beschlossen worden war, wurde damit aufgehoben. Die Suche nach einem geeigneten Platz für das geplante dritte Gymnasium beginnt jetzt von vorn. Damit verliert die Stadt viel Zeit. Der Neubau soll per Ratsbeschluss eigentlich bereits im Sommer 2028 stehen, Oberbürgermeisterin Petra Gerlach (CDU) betonte mehrfach, dass Zeitdruck besteht.

Nach rund einem halben Jahr Debatte und einem Verkehrsgutachten legte sich der Rat im April – vermeintlich endgültig – auf Iprump als Standort des dritten Delmenhorster Gymnasiums fest. Dieser blieb jedoch umstritten und wurde weiter angefochten. Im Mai forderte die SPD „komplette Transparenz“ von Gerlach. Der Rat sei vor der Entscheidung nicht nur falsch, sondern unvollständig informiert worden, erklärten Fraktionschef Alexander Mittag und Ratsmitglied Lars Konukiewitz.

Verkehr-Problematik wird lange verschwiegen

Im Mittelpunkt stand dabei eine Stellungnahme der Verkehrssicherheitskommission (VSK), deren Inhalt der Öffentlichkeit wochenlang nicht vorgelegt worden war. Die VSK, bestehend aus der Polizeiinspektion sowie den städtischen Fachdiensten für Straßenbau und Verkehr, hatte sich in ihrer Einschätzung klar gegen Iprump ausgesprochen. Kritikpunkte waren unter anderem zu schmale Radwege, Unfallhäufungen an mehreren Kreuzungen und die bereits hohe Belastung am Bahnübergang „Großer Tannenweg“.

Nach Informationen unserer Redaktion hatte der städtische Fachdienst Straßen- und Brückenbau unabhängig der VSK-Stellungnahme seit dem Winter mehrfach intern Bedenken zur Verkehrssituation am Standort Iprump angemeldet. Auch zwei interne Bewertungsmatrizen sollen Iprump nicht auf vorderen Plätzen führen. Dennoch wurde an dem Standort festgehalten – mit Nachdruck. Warum, bleibt unklar. Aus mehreren Bereichen der Stadtverwaltung ist Unverständnis über den Umgang mit den VSK-Erkenntnissen zu hören. Kritisiert wird insbesondere die restriktive Informationspolitik: Entscheidungsrelevante Unterlagen seien unter Verschluss gehalten worden, als ginge es um Staatsgeheimnisse.

Auch die Politik kritisierte am Montagabend die Vorgänge in weiten Teilen. Heinrich Lau (DL2) sagte: „Die Verwaltungsspitze hat in eklatanter Weise gegen demokratische Grundsätze verstoßen.“ Alexander Mittag (SPD) wurde noch deutlicher: "Der Rat sollte offensichtlich getäuscht werden." Unterdessen meinte Kristof Ogonovski (CDU), dass beim Verkehrsgutachten grundsätzlich gute Arbeit gemacht worden sei. Gerlach sagte: "Auch wir haben Fehler gemacht. Allerdings wurden auch einige Dinge aus dem Kontext gerissen. Ich möchte, dass wir wieder an einer vernünftigen politischen Kultur arbeiten." Man habe niemanden bewusst getäuscht, solche Anschuldigungen seien unfair.

Experten: Verkehrslage hätte sich verschärft

Die SPD hatte im April die Offenlegung des VSK-Votums gefordert. Gerlach verwies jedoch auf die Nichtöffentlichkeit der Kommission. Erst nach Einschaltung der Kommunalaufsicht wurde der SPD Akteneinsicht gewährt. Laut VSK würde ein Schulneubau die Verkehrslage im Bereich Bremer Straße und Langenwischstraße weiter verschärfen. Der zentrale Radweg erfülle nicht die Regelbreiten – bei 150 Radfahrern pro Stunde wäre eine Mindestbreite von vier Metern plus Sicherheitsstreifen erforderlich. Diese sei nicht durchgängig gegeben. Die Stadtverwaltung betont, das Verkehrsgutachten des Büros PGT habe die Hinweise der VSK berücksichtigt. Die Punkte seien mit dem Büro erörtert worden. Aus Sicht der Verwaltung könne der Standort bei Umsetzung verschiedener Maßnahmen beibehalten werden.

Doch dann zog sich auch die Ratsgruppe FDP/Kuhnke, im April noch Unterstützerin der Pläne, zurück. Fraktionschef Murat Kalmis kündigte vor dem Finanzausschuss Anfang Juni an, einen für das Gymnasium geplanten Grundstückskauf abzulehnen – wegen des aus Sicht der Gruppe „inakzeptablen“ Kaufpreises. Auch ohne des Grundstückes hätte das Gymnasium (in die Höhe) gebaut werden können. Dazu wird es aber nicht mehr kommen.

Auf Nachfrage unserer Redaktion fordert Kalmis jetzt alle Ratsfraktionen zum Schulterschluss auf, um ein Gymnasium ansatzweise bis 2028 fertigzustellen: "Die Zeit rennt weg, wir Ratspolitiker müssen zügig Entscheidungen treffen und selbst Vorschläge entwickeln." Gerlach betonte in der Sitzung: "Der Druck wird nicht weniger. Wir müssen gemeinsam schauen, was nun ein geeigneter neuer Schulstandort ist."

Langenwischstraße als Standort?

Aus Verwaltungskreisen ist zu hören, dass eine Fläche in unmittelbarer Nachbarschaft zu Iprump Thema für den Schulneubau werden könnte. Unseren Informationen zufolge wird schon seit vielen Wochen an Details für einen möglichen Gymnasiumstandort an der Langenwischstraße gearbeitet.

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