Die Stadtverwaltung will die Abstimmung über die Standortwahl für das dritte Delmenhorster Gymnasium wiederholen lassen (wir berichteten). In der Aprilsitzung des Rates hatte es eine Mehrheit für die Schulneubauplanung neben der Grundschule in Iprump gegeben. Während sich die Rathausspitze jetzt dafür einsetzt, lediglich eine Klarstellung dieser Beschlusslage vorzunehmen, wittern Gegner der Bauplatzwahl am östlichen Stadtrand eine Chance, den Ball ganz neu zu spielen.
Inhaltlich geht es auch darum, dass eine Position der Verkehrssicherheitskommission (VSK), von der möglicherweise ein negatives Votum für den Standort Iprump abzuleiten wäre, der Öffentlichkeit bisher nicht vorgelegt worden war. Die VSK besteht aus Sachverständigen der Polizeiinspektion sowie aus den städtischen Fachdiensten Straßen- und Brückenbau sowie Verkehr. Aus den Reihen der SPD war bereits in der Aprilsitzung des Rates die Veröffentlichung des VSK-Votums zum Standort Iprump verlangt worden. Nachdem Oberbürgermeisterin Petra Gerlach (CDU) darauf bestanden hatte, die VSK tage nicht öffentlich und damit die Bekanntgabe der entsprechenden Stellungnahme verwehrte, rief die SPD die Kommunalaufsicht an und bekam von dort die Zusage zur Akteneinsicht in das unter Verschluss gehaltene Dokument.
Akteneinsicht erst nach erheblichem Druck gewährt
Erst nach erheblichem Druck wurde diese Einsicht am Mittwoch vergangener Woche gewährt: "Doch – die vorgelegten Unterlagen waren unvollständig", berichtete die SPD in einer Pressemitteilung. „Wir sind sehr verärgert über das, was wir zu sehen bekamen. Aus unserer Sicht wurde der Rat vor der Entscheidung über den Schulstandort nicht nur falsch, sondern auch unvollständig informiert“, erklärten Lars Konukiewitz und Alexander Mittag (beide SPD). Beide halten es für rechtswidrig, "lediglich Einsicht in eine offensichtlich unvollständige Akte zu gewähren".
Die VSK hatte in ihrer Stellungnahme nicht allein die Schulwegsituation betrachtet, sondern die "Bündelung der Ströme" im Bereich von Bremer Heerstraße/Bremer Straße/Großer Tannenweg und Langenwischstraße ins Auge gefasst. Der dort verlaufende Fuß- und Radweg erfülle nicht die "gültigen Regelbreiten", so der Hauptkritikpunkt. Bei 150 Radfahrern pro Stunde müsse der Weg eine Mindestbreite von vier Metern zuzüglich einem halben, besser einem dreiviertel Meter Sicherheitsstreifen aufweisen. Die Mindestbreite, auch ohne Sicherheitsstreifen, sei nicht auf der gesamten Wegstrecke eingehalten.
Kommission nennt Defizite in Kreuzungsbereichen
Weitere Defizite sieht die VSK im Kreuzungsbereich von Bremer Straße und Großer Tannenweg. Dort sei es schon in den Jahren 2022 und 2023 vermehrt zu Verkehrsunfällen gekommen. Der Knotenpunkt stehe deswegen kurz vor der Einstufung zur Unfallhäufigkeitsstelle. "Ein Schulneubau würde die Verkehrsbelastung, mindestens in Spitzenstunden, erheblich erhöhen", so die VSK. Der Kreuzungsbereich Bremer Straße/Langenwischstraße/Sommerweg sei bereits als Unfallhäufigkeitsstelle klassifiziert. Auch der Bahnübergang "Großer Tannenweg" sei an seiner Belastungsgrenze. "Zusammenfassend spricht sich die VSK geschlossen gegen Iprump als Standort für den Bau des dritten Gymnasiums aus." Eine Erhöhung der Schülerzahlen durch die hinzu kommenden Gymnasiasten würde "unweigerlich zu verkehrsgefährdenden Situationen und mit Sicherheit zu steigenden Unfallzahlen führen", so die VSK.
"Das haben wir als Anwohner schon die ganze Zeit so gesehen und auch vorgetragen, aber man hat uns ja nur eine subjektive Sichtweise zugestanden", sagt Ulrike Sternberg von der Anwohnerinitiative Iprump, die sich jetzt bestätigt sieht.
Die Stadtverwaltung pocht hingegen weiter darauf, dass das Verkehrsgutachten durch das Büro PGT die Kritikpunkte und Hinweise der VSK aufgenommen habe. Die vorgetragenen Kritikpunkte seien im Verlauf der Gutachtenerstellung mit dem Büro PGT erörtert worden. Im Ergebnis sei man zur Einschätzung gekommen, dass bei Umsetzung der vom Gutachter empfohlenen Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit am Standort Iprump festgehalten werden könne. Zu den Maßnahmen gehört beispielsweise der Wegfall der Rechtsabbiegespur auf der Bremer Heerstraße zum Großen Tannenweg. Die VSK hatte den Bahnübergang und die stoßweisen Schrankenöffnungen, die Rechtsabbiegespur soll den Verkehrsfluss in Richtung Innenstadt regulieren, als an der Belastungsgrenze angekommen beschrieben. "Jeder zusätzliche Verkehr könnte das empfindliche System kollabieren lassen", heißt es.
Zusätzlich zu der in der kommenden Ratssitzung auszuwertenden Einschätzung der VSK gesellte sich Ende vergangener Woche eine zweite, die Entscheidung des Rates beeinflussende Größe hinzu. Die FDP hatte nämlich entdeckt, dass sich die für den Bau einer Buswendeschleife am Gymnasium dringend von der Stadt zu erwerbende Schafwiese als unverhältnismäßig teuer herausgestellt hatte. Die Liberalen erklärten den Kaufpreis zur möglichen Steuergeldverschwendung. Im Finanzausschuss bekam der Wiesen-Ankauf daraufhin schon keine Mehrheit mehr.