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Poster-Aktion in Delmenhorst Häusliche Gewalt: Es gibt einen Ausweg

Mit einer Poster-Aktion bietet „Stärker als Gewalt“ Opfern Hilfe an. Aktuelle Zahlen zeigen, wie sich die häusliche Gewalt in der Krise in Delmenhorst entwickelt.
17.06.2020, 10:38 Uhr
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Häusliche Gewalt: Es gibt einen Ausweg
Von Björn Struß

Delmenhorst. Es sind drei Wörter in großen roten Buchstaben, mit denen die Stadtverwaltung in Delmenhorst ein Schweigen brechen will, das insbesondere für Frauen und Kinder fatale Folgen haben kann. „Zuhause nicht sicher?“ fragt ein Poster, welches schon bald an vielen öffentlichen Orten zu sehen sein wird. Dahinter steht die Aktion „Stärker als Gewalt“, mit der das Bundesfamilienministerium Opfern von häuslicher Gewalt sagen will: Es gibt einen Ausweg. Auch Delmenhorst wirft nun diesen Rettungsring aus, der in der Corona-Krise wichtiger denn je sein könnte.

„Corona verlagert das Leben in die eigenen vier Wände. Hinzu kommen Existenzängste. Das kann Konflikte verstärken“, warnt Petra Borrmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Ihre Annahme ist deshalb, dass die häusliche Gewalt aktuell zunimmt. Bestätigt hat sich diese These in Delmenhorst bisher allerdings nicht. „2019 gab es im Zeitraum März bis Mai 70 Polizeieinsätze im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt. 2020 waren es 57. Es sind also sogar weniger“, berichtet Borrmann. Mit diesen Zahlen erfasse die Polizei Gewalt zwischen Erwachsenen. Bundesweite Statistiken zeigten, dass in rund 90 Prozent der Fälle die Gewalt von Männern gegen Frauen ausgeübt werde.

Die Gleichstellungsbeauftragte verweist aber darauf, dass die Zahlen nur den „Hellbereich“ sichtbar machen. Viele Taten könnten noch nicht bekannt sein. „Ich will es mal so ausrücken: In unsicheren Zeiten bleibe ich lieber beim Vertrauten“, sagt Borrmann. Bei Delikten in der Familie spiele die emotionale und finanzielle Abhängigkeit der Opfer eine große Rolle. Deshalb käme die Trennung vom Mann oft erst sehr spät. „Eine Frau hat mir einmal davon erzählt, dass sie ihren Mann erst dann verlassen hat, als der jüngste Sohn mit der Ausbildung fertig war“, berichtet Borrmann. Aktuell könne die wirtschaftliche Unsicherheit der Corona-Krise dazu führen, dass Frauen mehr Angst vor einer Trennung haben.

Auch bei den Kindern ist in Delmenhorst bei den erfassten Fällen kein Anstieg der Gewalt in der Corona-Krise zu verzeichnen. „Bis einschließlich Mai sind wir in diesem Jahr 150 Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung nachgegangen“, berichtet Christian Berends, der den Allgemeinen Sozialen Dienst leitet. Während der Pandemie habe es sich aber etwas verändert, woher diese Hinweise stammen. Es sei verstärkt die Polizei, die den Dienst informiere. Im Umkehrschluss griffen Nachbarn oder Menschen im sozialen Umfeld offenbar seltener zum Telefon. „Wir wollen niemanden anstacheln, aber es ist gut, als Nachbar hellhörig zu sein und Hilfe anzubieten“, sagt Berends. Im vergangenen Jahr ging sein Team rund 300 Hinweisen nach. Für Berends zeigt das, wie allgegenwärtig die häusliche Gewalt auch ohne die Corona-Krise ist. Dabei sei es nicht erst der Schlag ins Gesicht, mit dem die Probleme beginnen würden. Schon Drohungen und Erniedrigungen seien eine psychische Form der Gewalt.


Auf der Website www.stärker-als-gewalt.de finden sich viele Hilfsangebote. Unter der Telefonnummer 0 80 00 / 11 60 16 bietet das bundesweite Hilfstelefon „Gewalt gegen Frauen“ rund um die Uhr kostenlose und anonyme Unterstützung in 17 Sprachen an. Regionale Hilfe gibt es zum Beispiel beim Frauenhaus Delmenhorst, welches unter 0 42 21 / 96 81 81 zu erreichen ist.

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