Vier Tage war der Kreisverkehr am Ende des Hasporter Damms, der Verbindungen zur Seestraße, zur Annenheider Straße und zur Annenheider Allee schafft, voll gesperrt. Seit vergangenen Freitag ist der Verkehrsknoten wieder offen. Und die Mittelinsel hat ihr Antlitz deutlich verändert. Statt zweier geschwungener Hecken ziert nun ein Ring aus rostroten Eisenkästen das Rund. Gefüllt sind die Kästen mit Holzscheiten und Stängeln aus Schilf und Bambus – alle mit kleinen Löchern versehen, sodass deutlich wird, wozu sie da sein sollen, nämlich für die artenreichste Klasse der Tierwelt: die Insekten.
Dass es überhaupt dazu kam, begründet die Stadtwerkegruppe mit notwendigen Kanalbaumaßnahmen und der Sanierung von Schachtdeckeln. Zwar habe auch die Stadt an den Tiefbaumaßnahmen mitgewirkt, die Federführung lag allerdings bei den Stadtwerken, so Stadtsprecher Timo Frers. Mit Details zu den mutmaßlich hohen Kosten für das wertig anmutende Gartenbauwerk halten sich sowohl Timo Frers als auch die Sprecherin der Stadtwerke, Britta Fengler, zurück und waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Ob der Bau klug überlegt ist, wird die Zeit zeigen. Noch ist eine Gartenbaufirma aus Stuhr mit abschließenden Arbeiten beschäftigt. Gärtner Kevin von den Steinen berichtet, dass noch gepflanzt werden müsse. Denn in der Tat: Bislang stechen rostrotes Metall und grauer Schotter ins Auge. Der Baum in der Mitte der Insel ist erhalten geblieben und wächst nun aus dem dunklen Boden heraus. Insektenfreundliche Gewächse sollen aber in Zukunft dafür sorgen, dass die Kreiselinsel nicht bloß Nistplätze für Eier legende Schwebfliegen und Wildbienen bietet, sondern auch genügend Nahrung.
Für Harald Hesse, den städtischen Hautflüglerbeauftragten und Insektenexperten, macht die Anlage einen guten Eindruck. Man habe sich die Mühe gemacht, auch kleinere Löcher in die Holzscheite zu bohren. Denn häufig sei dies der Knackpunkt bei Insektenhotels: "Die meisten Insekten brauchen Löcher von vier bis sechs Millimetern Durchmesser", sagt Hesse. Denn in größere Löcher würden nur größere Insekten einziehen, und die zieht es eigentlich an andere Orte. Zwar wären noch kleinere Löcher ebenso erstrebenswert, aber Hesse sieht da die Probleme auch in der Technik: "Dann müssen Sie aufpassen, dass Ihnen nicht der Bohrer abbricht", sagt der Hobbyimker. Bedauerlich findet Hesse, dass die Schilf- und Bambusstängel zu häufig direkt an den Knoten der Halme abgeschnitten wurden: "Da kommt kein Tier durch", stellt er fest. Besser wäre es, die Knoten würden in der Mitte der Halme sein, dann wären von beiden Seiten genügend große Zugänge vorhanden und ein Halm könne beidseitig genutzt werden.
Allerdings wundert sich Hesse über die Dimensionen des Insektenhotels. Für die Mittelinsel des Kreisels mit seinem doch überschaubaren Durchmesser hätte auch ein Drittel an Nisthilfen gereicht, so Hesse. In seinen Augen wäre es sinniger gewesen, die Nisthilfen auch auf die anderen Kreisel im Stadtgebiet zu verteilen. Dagegen dürften baupragmatische Gründe sprechen, Hesse hofft aber, dass bei zukünftigen Sanierungsarbeiten darauf geachtet werde, auch etwas für den Insektenschutz zu tun. Denn eigentlich hätten solche Kreisel ideale Bedingungen: "Insekten brauchen die direkte Sonne", sagt der Fachmann. Und die bekommen die Insekten dort allemal. Zwar müsse die Zeit zeigen, ob die Nisthilfen auch genügend gegen starken Regen geschützt und die metallenen Vorrichtungen genügend witterungsbeständig seien, doch grundsätzlich sei der Standort gut gewählt. Dem Autoverkehr würden die fliegenden Kleinsttiere durchaus trotzen, sagt Hesse.
Es brauche für sinnvollen Insektenschutz aber nicht immer solche großen Anlagen. "Wenn jeder in Delmenhorst eine angebohrte Holzscheibe an einen sonnigen, aber regengeschützten Ort hängen würde", dann wäre schon eine Menge getan.