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Portrait "Ich bin am Wasser groß geworden"

Rund ein Vierteljahrhundert hat Heiko Stubbemann als Verbandsvorsteher beim Ochtumverband gewirkt. Das Thema Wasser wurde ihm schon in die Wiege gelegt.
31.03.2022, 17:00 Uhr
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Von Gerwin Möller

"Das Land wurde im Mittelalter von Holländern urbar gemacht", sagt Heiko Stubbemann. Der 75-Jährige zeigt auf das weite Land am Schohasberger Siel. Dort am Sommerdeich befindet sich der Durchlass für den Polder Nummer sieben auf die zu seinem Hof gehörigen Flächen an der Ochtum. Diesen Winter wurden die Weiden geflutet, bis zur vergangenen Woche machten dort noch Zehntausende Wildgänse auf dem Weg zu ihren Nistplätzen Rast. "Ich bin am Wasser groß geworden", sagt der Landwirt. Vierzehn Generationen seiner Vorfahren kann er nachweisen, wahrscheinlich besteht die Familientradition noch viel länger, aber die das belegenden Kirchenbücher sind im 30-jährigen-Krieg verbrannt worden. Auf dem Hof leben aktuell vier Generationen, Stubbemann ist stolz darauf, dass neben seinen beiden Söhnen Jörg und Marc auch Enkelin Femke in der Landwirtschaft Fuß gefasst hat.

"1962 lebten wir hier, wie auf einer Hallig", sagt Stubbemann. Die Erinnerung an die große Sturmflut ist ihm präsent. Die Flussniederung stand bis Bremen-Grolland unter Wasser. Als Jugendlicher hat er die Ereignisse noch wie ein Abenteuer im Gedächtnis, "leider habe ich damals keine Fotos aufgenommen", sagt er im Nachhinein. "Damals hatten wir Salz auf dem Hof", so seine Erinnerung an die Nachsturmflutzeit. Später, als einmal ein tiefer Brunnen zur Grundwassergewinnung gebohrt wurde, förderte man Salzwasser, "ein Beleg dafür, dass die Nordsee sich früher einmal bis hierher ausgedehnt hatte", so Stubbemann. Die folgenschwere Flutkatastrophe führte in den 1960er-Jahren zum Bau des Ochtumsperrwerks – das Land soll damit vor dem Eindringen von Wassermassen aus Richtung Nordsee gut geschützt sein. "1998 erlebte auch Delmenhorst eine ganz andere Bedrohung durchs Wasser", erinnert Stubbemann. Nicht mehr vom Meer, sondern aus dem Landesinneren kam die Überschwemmung. Und zur Sicherung gegen weitere Katastrophen wurde der Bau des Delmetalsperrwerks geplant. In diesem Zeitraum hat das Engagement von Stubbemann im Ochtumverband begonnen. "1997 wurde ich zum stellvertretenden Verbandsvorsitzenden gewählt, ein Jahr später übernahm ich den Vorsitz", sagt Stubbemann. Im Ochtumverband sind die Grundeigentümer zusammengeschlossen, um gemeinschaftlich für die Gewässerunterhaltung zu sorgen. Das Verbandsgebiet von Twistringen über Bassum bis nach Neerstedt, Ganderkesee und Delmenhorst umfasst rund 500 Quadratkilometer. Neben der Reinigung von Gewässern zweiter Ordnung und Gräben müssen Böschungen und Ufer gepflegt werden, die Siele sind unterhaltungspflichtig, dazu Stauanlagen und Pumpenhäuser. 22 Beschäftigte hat der Ochtumverband, dem insgesamt 50.000 Mitglieder angehören. Über die Jahrzehnte hat sich das Verhältnis von wasserwirtschaftlichen Notwendigkeiten und naturschutzrelevanten Belangen verändert. Stubbemann berichtet, dass sich im Verbandsgebiet wieder Fischotter und Biber ansiedelten, es gebe im Bereich des Randgrabens sogar einen Seeadler.

Eine gewaltige Leistung und auch Anstrengung sei der Bau des Delmetalsperrwerks gewesen. "2004 wurde mit den Arbeiten begonnen", so Stubbemann. 2006 seien die Gebäude errichtet worden, bis 2008 die Inbetriebnahme erfolgen konnte. Stubbemann ist Verbandsvorsteher, das ist ein Ehrenamt. Täglich war er auf der Baustelle. Der Tag begann im Kuhstall und endete abends mit Veranstaltungen für den Verband. "Da muss die Familie natürlich auch hinter mir stehen", sagt Stubbemann und dankt seiner Ehefrau Marga. Das Delmetalsperrwerk reguliert das Fließgewässer durch Delmenhorst. Damit die Bürger trockenen Fußes und ohne voll gelaufene Keller durchs Leben kommen, wird der Durchfluss in der Delme begrenzt. "Vor vier Wochen war der Fluss randvoll", sagt Stubbemann. Delmenhorst ist sicher, "vor 30 Jahren war ich der Ansicht, dass die Dimension ausreichend ist". Stubbemann ist angesichts des Klimawandels heute nachdenklich geworden. Wenn bei einem Gewitter 100 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen werden, mag es mancherorts nass werden.

Stubbemann freut sich, dass er mit Gerold Schnier einen kompetenten Nachfolger gefunden hat. Ganz kann er sich vom Gewässerverband noch nicht zurückziehen. Stubbemann wird weiterhin für die richtigen Wasserstände am Schohasberger Siel, an der Hasberger Wassermühle und am Siel am Randgraben sorgen. Außerdem bleibt er Verbandsvorsteher für den Verband Untere Ochtum. Das Thema Wasser wird ihn nicht loslassen.

Zur Sache

Neuwahlen beim Ochtumverband

Der Verbandsausschuss des Ochtumverbandes hat seinen Vorstand und seine Verbandsvorsteher für die Wahlperiode bis 2027 neu gewählt. Neben Heiko Stubbemann scheiden auch dessen Stellvertreter Dieter Osterloh aus Ganderkesee-Immer sowie Rainer Scharringhausen aus Harpstedt aus dem Vorstand aus. Neu gewählt wurden Marc Stubbemann aus Ganderkesee, Joachim Reinecke aus Bassum-Apelstedt und Gerold Schnier aus Dötlingen-Klattenhof. In den Vorstand wiedergewählt wurden Jürgen Gaumann aus Bassum/ Groß Henstedt sowie Bernd Ehlers aus Groß Ippener. An die Spitze des Verbandes wurde zum neuen Vorsteher Gerold Schnier gewählt, seine Stellvertreter sind jetzt Jürgen Gaumann und Marc Stubbemann.

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