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Kita-Situation in Delmenhorst Immer noch 430 Kinder ohne Kitaplatz

Die Stadtverwaltung beklagt fehlende pädagogische Fachkräfte, einzelne Gruppen müssen geschlossen werden: In Delmenhorst stellt die öffentliche Betreuung von Kleinkindern ein Problem dar.
19.08.2019, 18:13 Uhr
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Von Ilias Subjanto

Das Kitajahr 2019/2020 hat vergangene Woche begonnen, was für viele Eltern in Delmenhorst kein Grund zur Freude ist: Über 400 Kinder können nach aktuellem Stand nicht mit einem Kitaplatz versorgt werden. Laut Gerd Galwas, dem Fachdienstleiter Kindertagesbetreuung in der Delmenhorster Stadtverwaltung, sind im Krippenbereich derzeit 230 Kinder nicht versorgt, im Kindergartenbereich geht es um rund 200 Kinder. „Die endgültige Zahl zeigt sich noch, das Kitajahr hat ja gerade erst begonnen“, sagt Galwas. Man müsse erst die Eingewöhnungsphase abwarten, gerade im Krippenbereich gebe es noch eine große Fluktuation, fügt er hinzu. Der Bedarf an Kitaplätzen werde laufend mit den Kita-Trägern abgestimmt.

Das große Problem der Kindertagesstätten in Delmenhorst: Es fehlt vorne und hinten an pädagogischen Fachkräften. So konnte der Delmenhorster Waldorfkindergarten nicht wie geplant eine neue Nachmittagsgruppe für 25 Kinder ins Leben rufen, weil ein Erzieher und ein Sozialassistent fehlen. Und in der Kita St. Marien musste aufgrund von Personalmangel eine Vormittagsgruppe geschlossen werden. Die Stadt tue ihr Möglichstes, um die Kita-Situation zu entspannen, versichert Galwas. „Dafür wird jedes Jahr eine neue Kita gebaut“, sagt der Fachdienstleiter. 65 Krippenplätze und 100 Kindergartenplätze würden deswegen Jahr für Jahr entstehen. Doch selbst wenn die Stadt pro Jahr zwei Kitas bauen würde – was dem Fachbereich Gebäudemanagement laut Galwas kaum möglich wäre –, gäbe es in Delmenhorst zwar neue Kindertageseinrichtungen, jedoch immer noch nicht genügend Fachkräfte.

Keine kurzfristigen Lösungen

„Wir arbeiten bereits mit Personalgewinnungsfirmen zusammen“, erläutert Galwas und bekräftigt, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um geeignete Fachkräfte zu finden. Es werde bei diesem Thema aber keine kurzfristigen Lösungen geben. Da die Kapazitäten der Delmenhorster Kitas erschöpft seien, müsse man gemeinsam nach Alternativen für die Kindern suchen, betont der Fachdienstleiter. Von dem Vorschlag der Landesregierung, bei höherem Bedarf an Kitaplätzen einfach größere Kitagruppen zu bilden, hält Galwas nicht viel: „Eine Vergrößerung der Gruppen würde eine höhere Belastung der Erzieher und der Kinder bedeuten.“ Er könnte sich hingegen vorstellen, kürzere Vormittagsgruppen zu bilden. Die Kinder würden dann in der Kita vor dem Mittagessen abgeholt werden. Im Gegenzug könnte man zusätzliche Nachmittagsgruppen einrichten.

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Auch sollte seiner Ansicht nach der Bereich Kindertagespflege ausgebaut werden: Bis zu fünf Kinder könnten Tagesmütter und -väter gleichzeitig betreuen. „Teilnehmer, die das erste Modul abgeleistet haben, können anfangen, Kinder zu betreuen“, sagt Galwas. Im September würden mehr als ein Dutzend angehende Kindertagespfleger ihre Qualifikationsmaßnahme bei der evangelischen Familienbildungsstätte abgeschlossen haben, berichtet er. Auch biete die Volkshochschule Delmenhorst demnächst einen Kurs zur Kindertagespflege an. Ansonsten stehe die Stadt im engen Gespräch mit den Eltern. Es gibt ein Punktesystem, nach dem etwa alleinstehende und berufstätige Eltern vorrangig einen Kitaplatz erhalten. Mit Eltern, deren Kinder keinen Platz bekommen würden, versuche man weiterhin, eine geeignete Lösung zu finden. Seit Mitte 2018 haben Eltern von Kindern in Niedersachsen einen Rechtsanspruch auf einen beitragsfreien Platz in einer Kindertageseinrichtung. Bislang habe es noch niemanden gegeben, der diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen wollte, sagt Galwas.

Laut Erwin Drefs, Geschäftsführer der Lebenshilfe und Vorsitzender der Delmenhorster Kita-Trägerarbeitsgemeinschaft, würde eine Klage auch wenig bringen. „Eltern müssten sich selber einen Platz besorgen, die Ortskommune müsste dann zahlen“, sagt er. Dies würde aber nichts bringen, da ja grundsätzlich Kitaplätze fehlen würden. Und der Bau neuer Kitas würde nicht den Fachkräftemangel beseitigen. „Das Problem für die Träger ist, dass bei jeder neuen Kita 20 Fachkräfte auf einen Schlag benötigt werden“, erklärt der Vorsitzende. Um genügend neue pädagogische Fachkräfte heranzubilden, fordert er, den Beruf für junge Leute attraktiver zu machen.

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Dies fange zuallererst bei der Bezahlung an: Wer Erzieher werden will, muss seine Ausbildung teils aus der eigenen Tasche zahlen und erhält keine Vergütung. Das Bundesfamilienministerium hat nun den Ländern über das Bundesprogramm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen/Erzieher“ rund 300 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um mehr Fachkräfte für Kitas zu gewinnen. Die Idee findet Drefs gut, die Umsetzung allerdings sehr aufwendig und schlecht gemacht. „Im Prinzip handelt es sich um einen Fördertopf, um den man sich bewerben kann“, sagt er. Wenn man – wie bei den Delmenhorster Kitas geschehen – abgelehnt werde, gehe man leer aus.

Bessere Arbeitsbedingungen

Im Rahmen des Möglichen versuche man jedoch bereits, die Arbeitsbedingungen der Erzieher zu verbessern, sagt Drefs. „Für Qualifikationsmaßnahmen gibt es finanzielle Unterstützung“, führt der Vorsitzende als Beispiel an. Außerdem sollen junge Erzieher und Auszubildende durch verkleinerte Kitagruppen mit 15 statt 25 Kindern einer nicht allzu stressigen Arbeitsatmosphäre ausgesetzt werden. Immerhin funktioniere die Zusammenarbeit mit der Stadt gut, wie Drefs beteuert: „Die Stadt Delmenhorst hat ihren Willen zu Verbesserung der Kita-Situation bekundet.“

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