Knapp zwei Jahre wird es noch dauern, bis der Neubau des Delme Klinikums Delmenhorst (DKD) fertig errichtet sein soll. Sobald dieser gegen Mitte 2027 steht, ziehen nahezu alle Stationen in die neuen Räume um, so lautet der Plan des Krankenhauses. Doch wie soll der denkmalgeschützte Altbau, auch "Höger-Bau" genannt, weitergenutzt werden? Der DELMENHORSTER KURIER hat bei der Stadt Delmenhorst, den Ratsfraktionen sowie dem Geschäftsführer des DKD, Christian Peters, nachgefragt.
Eines steht fest: Die Verantwortung für den Höger-Bau obliegt allein dem Eigentümer mit der Stadt. "Das ist klar kommuniziert und wir sind in einem offenen Dialog", sagte Christian Peters. Derzeit lautet die Überschrift für die Weiternutzung "Gesundheitscampus Delme Klinikum", so Peters. Dieser könnte viele Plätze für niedergelassene Ärzte anbieten. Weitere Optionen wären eine Kita oder eine Kurzzeitpflege als "synergistische Angebote zum Klinikbetrieb". Man habe am Standort ein neues Krankenhaus sowie das medizinische Versorgungszentrum Radiologie. Der DKD-Geschäftsführer betont: "Unser Ziel ist nicht irgendeine Verwaltungsstruktur im Höger-Bau, die nichts mit Gesundheit zu tun hat." Fest in der Planung ist eine Rettungswache, die künftig in nächster Nähe zum Delme Klinikum stehen soll.
Dieses Ziel verfolgt auch die Stadt Delmenhorst, verpackt unter einem anderen Namen: "Cluster Gesundheitswirtschaft", wie Stadtsprecher Timo Frers auf Nachfrage schreibt. Dies sei der Schwerpunkt bei der Nachnutzung des Krankenhausareals laut dem verabschiedeten "Gewerbeflächenentwicklungskonzept" aus dem Jahr 2024. Für das Areal erstellt Frers zufolge der Fachbereich Planen, Bauen, Umweltschutz, Landwirtschaft und Verkehr einen Rahmenplan. Eine maßgebliche Rolle spielt dabei der Nutzungsüberlassungsvertrag zwischen dem DKD und der Klinikum Delmenhorst Grundstücks-GmbH. "Geplant ist, dass ein mögliches Nachnutzungskonzept an den Umzug des DKD und dem damit einhergehenden Freiwerden der Immobilien anknüpft", fügt der Stadtsprecher hinzu.
Nachnutzung seit 2016 ein Thema
Zur Nachnutzung und Sanierung des Höger-Baus reichte die damalige Ratsgruppe aus SPD und Piraten bereits im Dezember 2016 eine Anfrage und einen Antrag ein. Im August 2023 hat die SPD-Ratsfraktion beantragt, dass die Stadt ein Sanierungs- und Nutzungskonzept erarbeitet. "Der Antrag ist aber leider, trotz mehrfacher Rückfragen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt von der Verwaltung noch nicht behandelt worden", merkte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Alexander Mittag, auf Anfrage an. Die Fraktion kann sich ein "technisches Rathaus" für Teile der Stadtverwaltung vorstellen, ebenso neue Facharztpraxen oder "eine Pflegefachschule in Kooperation mit einer umliegenden Bildungseinrichtung". Die CDU-Ratsfraktion wünscht sich die Bereiche Medizin und Pflege in Verbindung mit dem Krankenhausneubau, so der Fraktionsvorsitzende Kristof Ogonovski.
Der Bereich Bildung wäre eine weitere Möglichkeit. "Unsere Schulen haben weiter Bedarf", sagte FDP-Ratsherr Claus Hübscher im Gespräch. Drei Bereiche stellt er sich für die Nachnutzung des Gebäudes an der Wildeshauser Straße vor: einer für die Verwaltung, einer für die Schulen und ein dritter für die Gesundheitswirtschaft. In diesem Zuge fordert er auch eine Machbarkeitsstudie. Diese müsse das Ergebnis haben, wie viel Quadratmeter für die einzelnen Bereiche verfügbar sein könnten. Viel Zeit sollte man Hübscher zufolge nicht lassen. "Man sollte mal anfangen, weil es geht auch um die Abmietung von Flächen."
Kulturzentrum als Option
Die Ratsgruppe Delmenhorster Liste/Die Linke kann im Höger-Bau ein "selbstverwaltetes Kulturzentrum" sehen – für Lesestuben und Angebote in den "Mint-Fächern" Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, sowie zu Computern und Robotern, schreibt Hartmut Rosch von der DL/DL. Die Gruppe befürwortet den Verbleib der Palliativmedizin und des Schlaflabors. Eine Machbarkeitsstudie hält Rosch für verfrüht. "Was soll denn auf Machbarkeit untersucht werden, wenn man noch nicht weiß, was geplant ist." Die Fraktion der Grünen wünscht sich eine "krankenhausnahe Bildungseinrichtung", antwortet die Fraktionsvorsitzende Marianne Huismann. Für eine Studie benötigt es eine Auswahl "konkreter Projekte". Die AfD-Fraktion beantwortete unsere Fragen bis Redaktionsschluss nicht.
An einer Studie müsse auch das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege mitwirken. Dieses teilte unserer Redaktion auf Anfrage mit, dass für solche Baudenkmale das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz gilt. Bei der Nachnutzung geht es auch um die "wirtschaftliche Zumutbarkeit", sodass die Pflicht zur Erhaltung des Baus auf Dauer gewährleistet sei. In Delmenhorst ist die Untere Denkmalschutzbehörde mit dieser Aufgabe betraut. Sie muss die nötigen Schritte für eine Sanierung einleiten, wenn der Bau Schäden aufweist.
Förderung von Haushalt abhängig
Das Landesamt für Denkmalpflege kann Fördergelder für Baudenkmale bewilligen. Ebenso stellt das Land für jedes Haushaltsjahr einen Förderetat bereit. Wie hoch die Förderung ausfällt, hängt "von den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln" ab, schreibt Tobias Wulf vom Landesamt.
Wann die Weiternutzung geschieht, hängt vom Zustand der Gebäudesubstanz ab. "Es sind Mehraufwendungen hinsichtlich denkmalschutzrechtlicher Auflagen bei der Sanierung des Höger-Baus zu erwarten", schreibt Stadtsprecher Frers. Auch dazu stimmt sich die Stadt mit dem Landesamt ab. Realistisch hält Ratsherr Hübscher den Bezug des Höger-Baus zwischen 2029 und 2031.
Der 1877 in Elmshorn geborene Fritz Höger war der Architekt hinter dem denkmalgeschützten Höger-Bau. Im Jahr 1925 wurde entschieden, ein neues Krankenhaus an der damaligen Wildeshauser Chaussee zu errichten. Drei Jahre später wurde das Klinikum Delmenhorst nach zwei Jahren Bauzeit eröffnet. Höger galt als Vertreter des Backsteinexpressionismus und verantwortete auch den Bau der Kapelle auf dem Friedhof Bungerhof und des Chilehauses im Hamburger Kontorhausviertel.