Delmenhorst. Ein Mädchen mit Kopftuch steht allein in einer Ecke des Schulhofs. Eine Gruppe Jugendlicher schaut herüber und beginnt zu tuscheln. Aus Scham dreht sich das Mädchen weg. Es hört seine Mitschüler kichern – Gegen solche Szenen der Ausgrenzung und der Diskriminierung möchte das Max-Planck-Gymnasium engagiert und couragiert etwas unternehmen. Seit Dienstag trägt das Gymnasium offiziell den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Symbolisch hat Peter Kaufmann, Landeskoordinator des Projektes, der Schule beim Festakt eine entsprechende Namens-Plakette verliehen.
Der neue Titel der Schule kommt nicht von ungefähr: 80 Prozent der Schüler, Lehrer und Angestellten haben sich mit Unterschriften verpflichtet, sich aktiv gegen jegliche Form der Diskriminierung einzusetzen. Die Initiative ging maßgeblich von der Schülervertretung (Exe) aus. „Wir waren uns von Anfang an sicher, dass wir die Unterschriften zusammen bekommen werden“, sagte Exe-Mitglied Melina Menkens bei der Titelverleihung auf dem Maxe-Campus.
Jedes Jahr ein Projekt geplant
Gut zwei Jahre haben die Schüler in die Planung investiert. „Zunächst haben wir Bilder mit rassistischem Hintergrund in den einzelnen Klassen gezeigt und darüber gesprochen“, sagte Menkens. Den von der niedersächsischen Landeskoordination „Schule ohne Rassismus“ vorgegebenen Vertragstext hat die Schülervertretung auf das Profil der Schule angepasst, bevor sie durch die Schulflure zog und fleißig Unterschriften sammelte. „Wir stehen zu unserer Selbstverpflichtung“, betonte die Schülerin. Daher soll es künftig jedes Jahr ein Projekt gegen Rassismus am Gymnasium geben.
Die Auszeichnung soll mehr als reines Symbolhandeln sein, betonte Schulleiterin Cordula Fitsch-Saucke. „Ich hoffe, das Schild ist ein Zeichen, das zu solidarischem Handeln auffordert“, sagte sie. Zu den neuen Schülern am Gymnasium zählen auch viele Geflüchtete, die nach oft beschwerlichen Reisen in den Schulalltag finden müssen. „Das ist ein Thema, was uns bewegt und die Schule vor große Herausforderungen stellt“, sagte Fitsch-Saucke. Oberbürgermeister Axel Jahnz brachte zum Ausdruck, dass er „voller Stolz“ über das Engagement der Schüler sei. „Sie sind ein gutes und wertvolles Beispiel für ein gutes Miteinander über die Grenzen der Stadt hinaus.“
Das Gymnasium hatte sich für sein Projekt einen prominenten Paten ins Boot geholt. NDR-Moderator, Autor und Unterhalter Yared Dibaba hatte bis 1990 selbst am Maxe die Schulbank gedrückt. Als ihn sein ehemaliger Lehrer Wolfgang Schmidt, der noch immer an der Schule unterrichtet, für die Projekt-Patenschaft angefragt hatte, sei er sofort mit an Bord gewesen, berichtete Dibaba. Der 48-Jährige erzählte bei der Gelegenheit von seiner eigenen Schulzeit am Maxe, die alles andere als geradlinig verlaufen sei. Der Entertainer bedankte sich bei Wolfgang Schmidt, der sich dafür eingesetzt hatte, dass er nach insgesamt vier Jahren in der Oberstufe doch noch sein Abiturzeugnis in den Händen halten durfte. Yared Dibaba weiß, wie sich Anderssein anfühlt. Er wuchs bis zu seinem zehnten Lebensjahr in Äthiopien auf. Nach ihrer Vertreibung fand seine Familie schließlich in Falkenburg eine neue Heimat. Später besuchte Yared Dibaba das Gymnasium in Delmenhorst, wo er der einzige schwarze Schüler war. Bereits damals entdeckte er seine künstlerische Ader, die er im Musiktheater der Schule auslebte.
Seinen Nachfolgern am Maxe gab Dibaba mit auf den Weg, Alltagsrassismus keine Chance zu geben, Empathie zu entwickeln und mit Menschen in den Dialog zu treten. „Rassismus gibt es überall, er steckt vielleicht sogar in allen von uns. Wichtig ist, dass wir uns dessen bewusst sind.“ Dibaba rief dazu auf, einzuschreiten, wenn jemand diskriminiert wird. „Steht auf und übt es.“ Zum Schluss gab es noch einen Tipp: Dibaba schlug den Schülervertretern vor, Diversity-Trainings an der Schule zu veranstalten. Dabei geht es darum, die Sensibilität fürs Anderssein zu stärken. „Die Welt ist bunt und ihr habt die Welt in dieser Schule“, sagte Dibaba, als er sich in den Sitzreihen in der Aula des Gymnasiums umsah.