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Radverkehr Vom Fernradnetz abgeschnitten

Der Heimatverein setzt sich dafür ein, dass die nationale Radfernroute Pilgerweg künftig historisch korrekt durch Delmenhorst führt. Niemand sei im Mittelalter durch Stuhr gepilgert, wie die Route suggeriert.
20.10.2022, 08:00 Uhr
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Vom Fernradnetz abgeschnitten
Von Tobias Hensel

Wer auf die vielleicht waghalsige Idee kommt, mit dem Fahrrad vom norwegischen Trondheim ins 5300 Kilometer entferne spanische Santiago die Compostela zu fahren, kommt auch an Delmenhorst vorbei. Ein im Jahr 2012 ausgewiesener Fernradweg schneidet die Delmestadt allerdings nur. Und das ist dem Heimatverein ein Dorn im Auge. Nach Recherchen seines Mitglieds Arnold Harfst lag Delmenhorst nämlich schon im Mittelalter auf der auch heute noch sogenannten Pilgerstrecke.

Das Pilgern – oder die Wallfahrt – sind die wohl älteste überdauerte Form des Fremdenverkehrs. Zwar gab es bereits im antiken Römischen Reich einen bedeutsamen Tourismus auf den Römerstraßen inklusive Badehotels und Tanz, doch spätestens im Mittelalter brach diese Form der Lustreise zusammen: Entweder blieb man nun zu Hause oder man pilgerte – sofern man nicht ohnehin geschäftlich unterwegs war. Und Delmenhorst war für den Verkehr schon immer strategisch günstig gelegen. Denn egal, ob man von den bremischen Häfen in Richtung Friesland oder nach Süden in Richtung Niederlande wollte, der Weg führte immer durch Delmenhorst.

Alte Strecken neu beleben

Wer heute mit dem Rad von der Weser an die Delme möchte, bewegt sich mit großer Wahrscheinlichkeit noch auf mittelalterlichen Routen. Denn die Strecke von der Warturmer Heerstraße und dem Wardamm auf die Bremer Straße war bis ins vergangene Jahrhundert die einzige Verbindung von Bremen in Richtung Westen. Und es gibt sie bis heute. Nur wie es dann weiterging, lässt sich in der Stadt selbst heute nur noch in Teilen erkennen, manchmal noch erahnen, große Teile sind aber entweder von Häusern oder Fabriken überbaut oder zu Ackern geworden. Der Weg nach Oldenburg war die Oldenburger Straße und ist es noch heute; Ältere sprechen manchmal noch von der alten Bundesstraße 75. Doch den Weg in den Süden will Harfst wieder bekannter machen und klagt deshalb, dass bei der Ausweisung der Fahrradstrecke Delmenhorst nicht beachtet wurde.

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Anstoß des Unmuts war nämlich die Ausweisung des deutschen Radfernwegs Nummer sieben, der im Rahmen der sogenannten D-Routen eingerichtet wurde. Diese D-Routen sind gewissermaßen Autobahnen für Fahrräder, sollen also überregionale Verbindungen schaffen. Und die D 7 soll dabei eben der deutsche Teil des europäischen Radfernwegs sein, der den Namen Eurovelo-Route 3 und den Zusatz Pilgerweg trägt. Für ihn ist das keineswegs nachvollziehbar. Das Ehrenmitglied des Heimatvereins stützt sich auf historische Pilgerwege. Über Stuhr, Harpstedt und Goldenstedt sei „nie jemand gepilgert“, sehr wohl aber über Wildeshausen und Delmenhorst. Zwischen Wildeshausen und Osnabrück auf dem Pickerweg, der noch heute gut erhalten sei. Harfst vermutet, dass bei der Ausweisung der Streckenführung aus Delmenhorst niemand gerufen hat, dass die Strecke über Stadtgebiet führen soll. Der Heimatverein ist zuversichtlich, diese Tatsache heilen zu können, man wolle nun Gespräche mit der Oberbürgermeisterin darüber führen, schreibt die Vorsitzende Herta Hoffmann.

Radfernweg historisch falsch

„Nördlich von Wildeshausen ist von speziellen Pilgerwegen, die den Jakobspilgern gedient haben könnten, nichts mehr bekannt", schreibt Harfst. "Die Pilger aus nördlicheren Landen, die zu Land Santiago entgegenstrebten, können nur die bestehenden Fernhandelswege benutzt haben." Nach seinen Recherchen müsse der mittelalterliche Abzweig in Richtung Wildeshausen östlich von Heidkrug gelegen haben. Der Iprumper Dorfweg ist heute noch eine gewidmete Straße und von dort müsse es entlang der früheren Landesgrenze zwischen der Graftschaft Oldenburg und der Freien Hansestadt Bremen eine Zollstation und einen Weg zum Gut Hasport gegeben haben. Diesen würde Harfst gerne wiederhergestellt sehen. Von dort solle ein Radweg entlang des Grabens Richtung Albertushof geführt werden. Die Wege durch Klein und Groß Ippener seien mit wenig Aufwand herzurichten, schreibt Harfst. Und von dort gehe es denn auf noch bestehenden Wegen nach Wildeshausen und von dort weiter bis nach Osnabrück.

Die derzeit gültige und beschilderte Route des Fernradwegs 7 umgeht dabei Delmenhorst, und Groß Ippener und lässt die Route von der Bremer Neustadt über Stuhr, Heiligenrode, Kirchseelte und Dünsen nach Harpstedt und dann nach Wildeshausen laufen. Diese südlich der mittelalterlichen Route ist in Harfsts Augen ein unnötiger und geschichtsvergessener Umweg. Der soll nun möglichst bald der Vergangenheit angehören, damit das Vergangene künftig historisch korrekt im Pilgerweg wieder aufleben kann.

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