Kulturschaffende um die Gruppe "Ministerium für den guten Geschmack" waren verantwortlich für eine besondere Kundgebung an diesem Sonntag auf dem Rathausplatz in Delmenhorst. Nicht Ansprachen standen im Mittelpunkt der Demonstration gegen Rechts, vielmehr waren es Klänge. Man wolle "laut sein" gegen Rechtsradikalismus, rief Joschka Kuty den Teilnehmern von der Bühne aus zu.
Gleichzeitig machte sich der Ratsherr und Poetry-Slammer in seiner Rolle als Moderator der Kundgebung Sorgen, ob sein Wort auch noch in den hinteren Reihen zu verstehen war. Die Veranstalter waren nämlich angehalten worden, den Schall ihrer Lautsprecher so zu regulieren, dass die benachbarte Ausstellung von Vogelspinnen und Insekten in der Markthalle nicht über die Maßen gestört werde. "Dabei haben Spinnen überhaupt keine Ohren", sagte Kuty und bewies seine naturfachkundliche Sachkunde über das Leben von Arachnoiden. An der tanzbaren Musik, die dennoch über den Platz schallte, sollten sich die Demonstranten erwärmen können, sich untereinander vernetzen und wer wollte, durfte sich dabei auch umarmen.

Rund 800 Teilnehmer hatte die Demonstration "Bass gegen Hass" in Delmenhorst.
Mit rund 800 Anwesenden lag die Zahl der Teilnehmer höher als die Marke, mit der die Veranstalter im Vorfeld kalkuliert hatten. Kuty hielt die Teilnehmer der Kundgebung zu Beginn an, mit einer Schweigeminute zu starten – es wurde der Opfer des Anschlages von München gedacht. Zwei Tage nach dem Angriff auf eine Gewerkschaftsdemonstration in der bayrischen Metropole durch einen mutmaßlichen Islamisten sind dort eine Mutter und ihre kleine Tochter an den schweren Verletzungen gestorben. Daran knüpfte Raja Duna, Mitglied des Kinder- und Jugendparlaments der Stadt Delmenhorst, in ihrem Redebeitrag an. Sie pries den politischen Diskurs im Kinder- und Jugendparlament, der die Jugendlichen unabhängig von ihrer Nationalität einbeziehe und bei dem "jeder Mensch" ernst genommen werde. Dies sei das richtige Vorbild für unsere Gesellschaft.
Regeln für Kundgebung vereinbart
"Wir haben bei dieser Kundgebung auch einige Regeln zu beachten", sagte Kuty und nannte die Einhaltung des Waffenverbots und mahnte Achtsamkeit der Demonstrationsteilnehmer untereinander an. Wer sich unwohl oder gar bedroht fühle, möge sich beim Ordnungspersonal oder auch bei der anwesenden Polizei bemerkbar machen. Dies war eine Reaktion auf die Ankündigung aus den Reihen der Partei Alternative für Deutschland (AfD), die Veranstaltung auf dem Rathausplatz zu stören.

Auch die "Omas gegen Rechts" zeigten sich bei der Demonstration in Delmenhorst.
Rechtsextremisten hatten wohl ins Auge gefasst, sich unter die Demonstrationsteilnehmer zu mischen, um die Versammlung zu stören, so war es in einer Pressemitteilung des Orgateams für die Kundgebung Mitte der Woche zu lesen gewesen. Die Polizei hatte zur Sicherung der Kundgebung zwei Streifenwagen sichtbar an die Lange Straße gestellt. Störmanöver waren weitestgehend ausgeblieben. Es soll einen Vorfall am Rande der Kundgebung gegeben haben, "einem entsprechenden Hinweis müssen wir noch nachgehen", sagte Andreas Dittmann vom Orgateam.
Nach Angaben der Organisatoren konnte mit der Kundgebung ein Zeichen der Solidarität gesetzt werden, man wollte und konnte mit der Zusammenkunft eine Quelle der Kraft und einen Ort der Vernetzung bieten: "Wir hatten Gelegenheit, gemeinsam Mut zu tanken und die Gemeinschaft zu stärken, wir haben gezeigt, dass wir viele sind", so Dittmann, der sich mit dem Ablauf der Veranstaltung "sehr zufrieden" zeigte.
Dem Aufruf, Netzwerke zu bilden, wollen die Kulturschaffenden und Veranstalter auch selbst nachkommen. In Zusammenhang mit der Vorbereitung der Kundgebung habe sich schon eine enge Kooperation mit dem Breiten-Bündnis-gegen-Rechts herausgebildet. Dittmann kündigte nach der Kundgebung weitere gemeinsame Aktivitäten mit dem Breiten-Bündnis an. Er kritisierte einen Rechtsruck in der Gesellschaft, auch im aktuellen Wahlkampf zeige sich, wie mit Hetze und Ausgrenzung Politik gemacht wird. "Menschen, die vor Armut, Klimawandel oder Krieg fliehen, sollen abgeschoben werden, als würde das irgendein Problem lösen", so Dittmann.