Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Eine Woche an der Kieler Bucht Rettungsschwimmer aus Wildeshausen retten zwei Jugendliche aus Ostsee

Zwei junge Rettungsschwimmer der DLRG-Ortsgruppe Wildeshausen waren mit ihrem Ausbilder für eine Woche zum Wachdienst an der Ostseeküste und wurden dort zu Lebensrettern.
12.07.2018, 21:02 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Kerstin Bendix-Karsten

Muskulöse Bademeister, braun gebrannte Busenwunder: Die Serie „Baywatch“ aus den 90er Jahren hat über Jahre hinweg weltweit die Vorstellung von Lifeguards wohl ziemlich geprägt. Mit der Realität hat sie allerdings nicht immer viel zu tun. Während Ertrinkende bei Baywatch immer lauthals kreischen, ist das im echten Leben eher selten der Fall. „Ertrinken an sich ist eine ziemlich lautlose Geschichte“, erklärt Henning Höffner, Ausbildungsleiter bei der Wildeshauser Ortsgruppe der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Nur manchmal sei es das nicht. Eine solche Situation haben vor Kurzem die beiden Wildeshauser Rettungsschwimmer Tobias Schneider und Sebastian Stahl erlebt, als sie für eine Woche zum Wasserrettungsdienst an der Kieler Bucht waren und zwei Jugendliche vor dem Ertrinken retteten.

Die beiden Wildeshauser Rettungsschwimmer, die mit 17 und 16 Jahren selbst noch Jugendliche sind, hatten sich zusammen mit ihrem Ausbilder Henning Höffner erstmals als Ehrenamtliche für einen sogenannten Zentralen Wasserrettungsdienst Küste bei der DLRG beworben. „Für die Ortsgruppen vor Ort wäre das nicht allein zu stemmen. Es ist eine gute Sache, wenn DLRG-Mitglieder aus dem ganzen Bundesgebiet mitmachen“, erklärt Höffner. Außerdem sei es eine wertvolle Erfahrung. „Salzwasser mit Wind, Wellen und Strömungen ist etwas ganz anderes als Süßwasser“, führt der Wildeshauser DLRG-Ausbilder hinzu. Und so habe er die Zeit mit den beiden Jungs an der Küste genutzt, um zu üben und zu trainieren. Als Einsatzort war ihnen ein Strandabschnitt in Schönberg im Landkreis Plön zugewiesen worden, wo sie Ende Juni und Anfang Juli in einer Gruppe von 15 Personen täglich zwischen 9 und 18 Uhr ihren offiziellen Wachdienst versahen.

Zeichen in Not

Ihr im Training erworbenes Wissen mussten die beiden Wildeshauser Rettungsschwimmer eines Abends nach Dienstende dann auch anwenden. „Wir wollten vor dem Abendessen noch eben selbst baden gehen und sind zu viert zur Seebrücke rausgeschwommen“, erzählt Tobias Schneider. „Nach etwa 200 Metern haben wir hinter uns Hilferufe gehört“, berichtet Sebastian Stahl weiter. Zwei offensichtlich erschöpfte Jungs, die ihre Kräfte überschätzt hatten, gaben bei ruhiger See Zeichen in Not, doch der Wachposten am Strand war nicht mehr besetzt. Das ist immer nur bis 18 Uhr der Fall. Doch die Jungs hatten Glück im Unglück, dass die beiden Wildeshauser Rettungsschwimmer zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren und nach ihrem Wachdienst gemeinsam mit zwei jungen DLRG-Schwimmerinnen im Meer noch einmal eine Runde Schwimmen waren.

„Wir sind dann im Wasser umgedreht und jeweils zu zweit auf eine der Personen zugeschwommen“, berichten die Nachwuchsretter. Den älteren der beiden Jungen ausländischer Herkunft, der, wie sich später herausstellte, 14 Jahre alt war, zog Tobias Schneider im Abschleppgriff ans Ufer zurück. Der zweite Junge, der erst zehn Jahre ist, hängte sich mit beiden Händen an Sebastian Stahls Schulter und erreichte so den Strand unversehrt. Trotz seiner Notlage habe sich der Zehnjährige geweigert gehabt, von einer weiblichen Schwimmerin gerettet zu werden.

Als die beiden Wildeshauser Rettungsschwimmer mit den beiden Geretteten wieder an Land waren, zeigte sich, dass die beiden Jungs noch genügend Kraft zum Gehen hatten. Sie wurden von ihren Familien in Empfang genommen, sodass sich Tobias Schneider und Sebastian Stahl schnell auf den Weg zum Abendessen machten. Denn sie seien bereits spät dran gewesen und wollten nicht, dass sich die Gruppe Sorgen macht. Das ist der einzige Kritikpunkt, den ihr Ausbildungsleiter im Nachgang hatte. So habe er seinen jungen Kameraden, die gerade ihren Realschulschluss gemacht haben, deutlich machen müssen, dass es besser gewesen wäre, die Geretteten am Strand erst einmal weiter zu betreuen. Doch aus dieser Unerfahrenheit würden sie sicher lernen, ist Höffner überzeugt, der während seines Aufenthaltes in Schönberg als Wach- und Bootsführer eingeteilt war. Ungeachtet der kleinen Kritik ist der Ausbildungsleiter stolz auf seine beiden Schützlinge: „Das zeigt mir, dass unsere Ausbildung und unser Training nicht schlecht zu sein scheinen.“

Auch ein Stück Urlaub

Den Einsatz beim Zentralen Wasserrettungsdienst Küste möchte Henning Höffner im nächsten Jahr wiederholen. Denn diese Erfahrung bringe seinen Wildeshauser Nachwuchsrettungsschwimmern zum einen Sicherheit und stelle zum anderen auch eine Motivation dar. „Der Anreiz ist, so etwas mal kennenzulernen. Und es ist natürlich auch ein Stück Urlaub“, sagt Höffner. Seine Hoffnung ist, dass sich nun – getragen von diesjährigen Erfahrungen von Tobias Schneider und Sebastian Stahl – eine Eigendynamik entwickelt. Die beiden Jungs wollen auf jeden Fall wieder dabei sein. Denn auch wenn beim Wachdienst die meiste Zeit nicht Leben gerettet, sondern Pflaster geklebt und Sonnenbrände behandelt werden, sei für sie klar: Wachdienst am Meer ist für sie nicht das letzte Mal gewesen.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)