Solange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können – das wünschen sich wohl die meisten Menschen. Eine große Stütze, um diesen Wunsch zu ermöglichen, sind ambulante Pflegedienste. Denn diese unterstützen pflegebedürftige und ihre Angehörigen bei der Pflege zu Hause. Dass jemand auf die Hilfe von Dritten angewiesen ist, kündigt sich nicht immer über längere Zeit an, sondern kann auch durch ein Ereignis von jetzt auf gleich der Fall sein.
"Es geht einem gut. Dann stürzt man, kommt ins Krankenhaus und man fragt sich, wie es weitergeht", sagte Heinz-Gerd Lenssen, Vorsitzender der Senioren-Union in Delmenhorst. Das Krankenhaus erhalte eine Fallpauschale, also einen Festbetrag pro Patient. "Je fixer die einen rausschmeißen, umso besser – sie bekommen ja das gleiche Geld", kritisierte er. Wer noch eingeschränkt für sich selbst sorgen kann, könne mit der nötigen Unterstützung durch ambulante Pflege weiter zu Hause wohnen.
Gemeinsam mit Mitgliedern der Senioren-Union trifft sich Lenssen regelmäßig einmal im Monat, um Aktuelles zu besprechen und den Menschen verschiedene Alltagsthemen näherzubringen – so möchte er etwa künftig Energiesparen und den Umgang mit Neuen Medien thematisieren. An diesem Dienstag sprach die Gruppe über die Möglichkeiten ambulanter Pflege. Erst lauschten die Gäste einem Vortrag von Timo Willingmann, Pflegedienstleitung der ambulanten Pflege des Delmenhorster Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Danach konnten die Senioren Fragen klären, sich untereinander austauschen und zusammen klönen.
Leistungen beanspruchen
Lenssen beschrieb die ambulante Pflege als einen Übergangsbereich zwischen dem gewohnten Alltag zu Hause und dem Weg in eine Senioreneinrichtung: "Mein Anliegen ist es, den Menschen die Angst zu nehmen, Hilfe anzunehmen." Je früher man sich dem bewusst wird, desto geringer sei die Hemmschwelle. Sobald ein Pflegegrad festgestellt wurde, steht den Betroffenen monatliche finanzielle Hilfe zu. Wie hoch diese Summe ist, unterscheidet sich je nach Pflegegrad. Wichtig ist, dass den Menschen bewusst ist, was ihnen wann zusteht und welche Angebote es gibt. "Viele wissen das nicht", betonte die stellvertretende Vorsitzende Käthe Stüve. Denn so manch einer habe schon ein oder zwei Jahre lang den Pflegegrad eins, aber keine Leistungen genutzt – obwohl Betroffenen monatlich 125 Euro für Betreuungs- und Entlastungsleistungen zustehen.
Die Aufgaben des Alltags, bei denen ambulante Pflegedienste unterstützen, sind vielfältig, erklärte Willingmann: "Es beginnt beim Waschen, Anziehen oder Ausziehen." Aber auch bei der Medikamentenüberwachung, wenn Menschen etwa Tabletten nehmen müssen, helfen die Mitarbeiter. So geben sie auch Hilfestellung beim Kochen, Putzen oder bei anderen Problemen. Wie viel Unterstützung notwendig ist, sei von Mensch zu Mensch unterschiedlich, sagte Willingmann: "Wir sind auch da, um gemeinsam den Wochenmarkt zu besuchen, Arzttermine zu begleiten oder einfach zum Schnacken." Gerade wenn Angehörige verhindert sind oder nicht in der Nähe wohnen, gibt es verschiedenste Anliegen.
Nachfrage gestiegen
Wobei Betroffene Hilfe benötigen, sei generell sehr individuell. Besonders groß ist aber die Nachfrage nach Unterstützung im hauswirtschaftlichen Bereich. "Allein heute Morgen habe ich sechs Anfragen von Menschen mit Pflegegrad eins gehabt, die eine Haushaltshilfe suchen", sagte die Pflegedienstleitung zur Veranschaulichung der hohen Nachfrage. Der ambulante Pflegedienst des DRK Delmenhorst betreut derzeit rund 330 Patienten in der Delmestadt und in Ganderkesee. Zum Angebot des DRK gehören beispielsweise auch der Hausnotruf, Fahrdienste oder das "Essen auf Rädern". Letztes ermöglicht täglich rund 360 Mittagessen, die mit fünf Autos warm an die Tür der Kunden geliefert werden.
Dass Menschen mit einem Pflegegrad Ansprüche auf verschiedene Unterstützungen haben, war den Anwesenden des jüngsten Treffens der Senioren-Union bewusst. Dennoch haben einige von ihnen neue Aspekte erfahren und empfanden es laut eigenen Angaben als hilfreich, ihr "Wissen noch einmal aufzufrischen".