Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Seniorenehrenpreis 2023 Soziales Engagement liegt dieser Delmenhorsterin im Blut

Zeit ihres Lebens ist die Delmenhorsterin Bärbel Wintermann sozial engagiert. Für ihr Ehrenamt bei der Awo-Tagespflege hat sie den Seniorenehrenpreis bekommen. Wieso ihr Leben ohne dies leer wäre.
03.12.2023, 08:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Soziales Engagement liegt dieser Delmenhorsterin im Blut
Von Kerstin Bendix-Karsten

Bärbel Wintermann steht nicht gern im Mittelpunkt. "Ich arbeitete lieber im Hintergrund", sagt die 77-jährige Delmenhorsterin. Als sie Mitte November mit dem Seniorenehrenpreis der Stadt ausgezeichnet wurde, blieb ihr jedoch keine andere Wahl – in der voll besetzten Markthalle nahm sie die Auszeichnung aus den Händen von Oberbürgermeisterin Petra Gerlach für ihr ehrenamtliches Engagement bei der Tagespflege der Arbeiterwohlfahrt (Awo) entgegen.

Damit gerechnet hatte sie nicht. Wintermann war davon ausgegangenen, dass das gesamte Team ausgezeichnet würde. Tatsächlich waren auch viele ihrer Kollegen in der Markthalle anwesend – allerdings als Gratulanten und nicht als Preisträger. Die Leiterin der Tagespflege, Annegret Leemhuis, würdigte die Verdienste Wintermanns sogar in einem selbst geschriebenen Gedicht: "Die Bärbel, die singt mit Gefühl und Verstand, das macht sie so charmant." Abschließend sangen die Leiterin und einige andere aus der Tagespflege für Wintermann noch das Lied "Die Gedanken sind frei". Das war bewusst gewählt. Denn: "Dieses Lied bildet immer den Abschluss, wenn wir in der Tagespflege singen", erklärt Wintermann. 

Singen mit den Schwestern

Gesungen hat die 77-Jährige schon immer gern, insbesondere als Kind. Sie war im Schulchor, Kinderkirchenchor und Konfirmandenchor. Auch zu Hause hat sie gesungen – zumeist mit ihren beiden Schwestern nach dem Essen, wenn in der Küche der Abwasch gemacht werden musste. "Mutter hat abgewaschen. Und wir Mädchen haben abgetrocknet und dabei einen Kanon gesungen", erinnert sich Bärbel Wintermann. Die Liebe zum Kanon hat sie auch heute noch. "Dona nobis pacem" ist ihr absoluter Favorit, den sie sogleich anstimmt, nachdem sie dies erzählt. Mit den Senioren der Tagespflege singt sie indes am liebsten Volkslieder. 

Ihr ehrenamtliches Engagement bei der Awo-Einrichtung an der Oldenburger Straße nahm Bärbel Wintermann vor acht Jahren auf – nach dem Tod ihres Mannes. "Allein zu Hause zu sitzen, da dreht man irgendwann durch", sagt die 77-Jährige. Bis die Corona-Pandemie losging, war Wintermann beinahe täglich in der Tagespflege. Inzwischen ist es nicht mehr ganz so oft – dies hänge davon ab, wie sie sich selbst fühlt. Derzeit kämpft die 77-Jährige mit den Folgen einer kürzlichen Corona-Infektion, die sie mehr einschränkt, als ihr lieb ist. "Ich habe meinen Körper nie gespürt, ich hatte nie Kopfschmerzen, ich war immer fit", erzählt sie. Jahrelang sei sie ins Fitnessstudio gegangen. Zudem habe sie 15 Jahre lang mit ihrem Mann Tennis gespielt. 

Der CDU-Mann und die "rote Socke"

Wenn die Sprache auf ihren Mann Jochen fällt, leuchten die Augen von Bärbel Wintermann. 45 Jahre waren die beiden verheiratet. Immer einer Meinung waren sie sich in dieser Zeit aber keineswegs. Im Gegenteil: Denn ihr Mann, ein Rechtsanwalt, war Mitglied der CDU und saß für die Christdemokraten elf Jahre im Stadtrat. "Ich bin hingegen eine 'rote Socke'", erklärt Bärbel Wintermann schmunzelnd. Es sei viel diskutiert worden, aber stets "positiv", wie die 77-Jährige betont. Auch habe der eine die Meinung des anderen stets akzeptiert, auch wenn diese nicht der eigenen entsprach.

Trotz der unterschiedlichen politischen Ausrichtung gab es im Leben des Ehepaares auch viel Verbindendes. Neben dem Tennissport gehörte das soziale Engagement dazu. Denn nicht erst nach dem Tod ihres Mannes hat Bärbel Wintermann dieses aufgenommen. Tatsächlich begann ihre ehrenamtliche Karriere bereits 1957. Als elfjähriges Mädchen gehörten sie und ihre Schwester Meike Müller zu den Gründungsmitgliedern des Jugendrotkreuzes in Delmenhorst. Im vergangenen Jahr wurde sie für 65 Jahre Mitgliedschaft im Deutschen Roten Kreuz geehrt. Bei der Awo ist Wintermann seit 20 Jahren dabei.  

Sich sozial zu engagieren, liegt Bärbel Wintermann im Blut. Ihre Eltern lebten ihr dies vor. Zwar hätten sie mit vier Kindern wirtschaftlich in bescheidenen Verhältnissen gelebt, die christlichen Werte der Nächstenliebe aber stets hochgehalten. "Kriegerwitwen saßen bei uns unterm Tannenbaum", erzählt sie. "Wenn man so aufwächst, lässt dies einen nicht mehr los", fügt sie hinzu. Das hat die 77-Jährige auch an ihre Kinder weitergegeben. So ist einer ihrer Söhne – Thore Wintermann – im Vorstand des Awo-Bezirksverbandes Weser-Ems engagiert.

Mit großem Bedauern sieht Bärbel Wintermann, dass die Zahl der Ehrenamtlichen immer weniger wird. "Es sind immer dieselben Gesichter, die man sieht", sagt sie. Neulich sei sie von Bekannten gefragt worden, was sie für ihre ehrenamtliche Tätigkeit an Vergütung bekomme. Doch Geld spielt für die 77-Jährige keine Rolle. Genau wie die Menschen in der Tagespflege, denen sie ihre Zeit schenkt, genieße auch sie die Gemeinschaft. "Es ist erfüllend. Ohne dies wäre mein Leben leer", erklärt Wintermann. Und solange sie sich selbst noch fit genug fühlt, will sie ihrem ehrenamtlichen Engagement nachgehen.  

Lesen Sie auch

Zur Sache

Drei Preisträger

Ohne das Engagement vieler Ehrenamtler in Delmenhorst, könnten viele Angebote, Veranstaltungen oder Projekte nicht in ihrer bekannten Form umgesetzt werden. Um diese Unterstützung anzuerkennen, wurde der diesjährige Seniorenehrenpreis verliehen. Gleich drei Personen und eine Einrichtung konnten sich über diese Auszeichnung freuen: Bärbel Wintermann, Jürgen Schulz, Helmut Daginnus sowie die Guttempler. Grund genug, um die Preisträger nacheinander vorzustellen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)