Mit drei Klassen und wöchentlich je zwei Stunden Unterricht fing die Geschichte der Fortbildungsschule für Handwerkslehrlinge in Delmenhorst am 12. März 1900 an. 130 Schüler wurden damals von einem Schulleiter und fünf nebenamtlichen Lehrern unterrichtet. Heute – 125 Jahre später – gibt es die Bildungseinrichtung noch immer. "Dass eine Schule einen so langen Zeitraum übersteht, ist nicht selbstverständlich", sagt Ulrich Droste, der seit elf Jahren die Geschicke der Berufsbildenden Schule 2 der Stadt Delmenhorst leitet. In der Kaiserzeit gegründet, hat sie zwei Weltkriege und Weltwirtschaftskrisen überlebt. Gelungen sei dies vor allem, weil sich die Schule "permanent gewandelt und angepasst hat", fügt Droste hinzu. Am Freitag feierte er gemeinsam mit rund 100 Kollegen und gut 1000 Schülern das 125-jährige Bestehen der Schule.
Schulhof verwandelt sich in Partymeile
Zum Auftakt gab es ein gemeinsames Frühstück auf dem Schulhof. Die einzelnen Fachbereiche waren aufgefordert, ihre Tische passend zu dekorieren. Später sollten die Gewinner gekürt werden. Auf große Reden wurde bewusst verzichtet. "Das braucht niemand", so Droste. Stattdessen sorgte zunächst die Schulband Kerschen Stones und dann der ehemalige BBS2-Schüler Julian Schmidt, der sich als Musiker selbstständig gemacht hat, für Unterhaltung. Nach der kulinarischen Stärkung konnten sich die Schüler und Lehrkräfte auf eine Art Jahrmarkt, in den sich der Schulhof verwandelt hatte, amüsieren. Von Dosenwerfen über Dart-Fußball, Bullenreiten und Kistenstapeln bis hin zu einem Disco-Zelt reichte das Angebot. Drostes Dank ging an Markus Weise und Katrin Meyer-Abich, die die Veranstaltung "monatelang vorbereitet" haben.
Der Schulleiter sieht seine Einrichtung als wichtigen Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Er räumt ein, dass die BBS 2 teuer sei, gerade im Hinblick auf die Ausstattung. "Doch es ist eine Investition in Ausbildung junger Menschen und in die Wirtschaft der Region", so Droste. Die Ausbildung verhinderte, dass Menschen ins Bürgergeld rutschen. "Wer eine ordentliche Ausbildung genossen hat, findet heutzutage auch einen Job", fügt er hinzu. Darüber hinaus leiste seine Schule aber noch mehr. Sie trage dazu bei, die Gesellschaft zusammenzuführen. Droste verweist in diesem Zusammenhang auf die Vielfalt, die in seiner Schülerschaft herrscht. 35 Prozent betrage der Migrationsanteil. Dieser verteile sich auf etwa 34 Nationalitäten. "Und das ist überhaupt kein Problem", betont der Schulleiter. Gewalt sei kein Problem an der Kerschensteiner Schule. Das liege nicht zuletzt auch daran, dass jede Körperlichkeit sofort zu einer Suspendierung führe. "Wer sich nicht an die Regeln hält, kann nicht von uns unterrichtet werden", erklärt der Schulleiter mit Nachdruck.
Neubaupläne der BBS 2
Ganz frei von Problemen ist die BBS 2 aber auch nicht. Seit 60 Jahren ist sie inzwischen am Standort am Wiekhorner Heuweg ansässig. "Unsere Gebäude sind nicht gut", sagt Droste. Unter anderem ist der H-Trakt der Kerschensteiner Schule marode und müsste grundlegend saniert werden. Weil das kostenintensiv ist, ist als Alternative angedacht, eine Zweigstelle auf der Hertie-Brache in der Innenstadt zu errichten. Laut Droste würden dort der Fachbereich Sozialpädagogik und Hauswirtschaft sowie ein Teil des Pflegebereichs ziehen. "Das würde die Innenstadt beleben", ist er überzeugt. An dem neuen Standort wären zudem auch andere pädagogische Modelle möglich, da dieser andere bauliche Voraussetzungen böte. Der dann leere Trakt am Wiekhorner Heuweg würde zum Teil abgerissen, weil er "abgängig" ist, so Droste. Drei bis vier Klassenräume würden verbleiben. Der Schulleiter ist überzeugt, dass auch diese schnell voll wären: "Es entsteht kein Vakuum." In trockenen Tüchern ist dieser Plan allerdings noch nicht.
Nichtsdestotrotz hat der Schulleiter bereits einen weiteren Bereich für Änderungen im Blick: den Kfz-Bereich. Dessen Ausstattung sei gut. "Er braucht aber eine neue Halle", erklärt Droste. Die Derzeitige sei "nicht schön". Nur ungern zeigt der Schulleiter diese Halle deshalb Besuchern. Er wünscht sich kombinierte Räume – für Theorie und Praxis. Beeinträchtigungen für den Unterricht fürchtet Droste durch einen Neubau nicht: "Das geht schnell und ist auch nicht so teuer".

Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (links) verewigte sich, an der Seite des Oberstudiendirektors der BBS 2, Ulrich Droste, im Goldenen Buch der Stadt Delmenhorst.
Ministerpräsident Lies besucht BBS 2
Wie realistisch Drostes Pläne für eine neue Kfz-Halle und eine Zweigstelle in der Innenstadt sind, ließ sich am Nachmittag beim offiziellen Festakt nicht heraushören. Zur Jubiläumsfeier der BBS 2 war Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) als Ehrengast eingeladen. Er nahm die Feierlichkeiten zum Anlass, die berufsbildende Schule an sich hervorzuheben. Sie geht in der öffentlichen Debatte um Schulformen unter. Dabei betonte Lies: "Ich kenne keine Schulform, die so breit aufgestellt ist, und das müssen wir ernst nehmen." In Bezug auf die duale Ausbildung bedankte er sich bei den Ausbildungsbetrieben, "die den jungen Menschen Perspektiven bieten". Wichtig sei es, sie zu integrieren. Denn Bildung sei die Grundlage für die Demokratie und so ist das 125-jährige Bestehen der BBS 2 nicht nur eine "Erfolgsgeschichte", sondern auch "Demokratiesicherung".