Das Unperfekte ebnete den Weg zur Perfektion. Marcel Marquardt versprang der Ball bei der Annahme, doch nur deswegen konnte er das Spielgerät anschließend aus der Luft per halbem Seitfallzieher traumhaft schön millimetergenau in den linken Torwinkel zaubern. Ein Traumtor zum 1:0, das den Bann brach. Der SV Atlas Delmenhorst gewann in der Folge ein lange Zeit zähes Heimspiel gegen den SV Arminia Hannover am Sonnabendnachmittag mit 2:1 (0:0) und mischt als aktueller Tabellenzweiter energischer denn je im Aufstiegskampf der Fußball-Oberliga Niedersachsen mit.
„Bei der Annahme ist mir der Ball fast schon weggesprungen, dann wollte ich ihn einfach nur aufs Tor bringen. Am Ende war es sicher eines der drei schönsten Tore, die ich je geschossen habe“, schilderte Marquardt die spielentscheidende Szene in der 77. Minute. Es wurde somit doch noch ein perfekter Fußballnachmittag für die Blau-Gelben bei Sonnenschein, bestem Wetter und einer schönen Kulisse von 923 Zuschauern. Zehn Siege, ein Unentschieden und eine Niederlage lautet nun die Bilanz seit der Rückkehr von Key Riebau auf den Trainerstuhl. Da störte es auch niemanden wirklich, dass die Serie von 607 Minuten ohne Gegentor in der Nachspielzeit durch Arminias Anschlusstreffer riss. „Nicht schön gespielt, aber gewonnen“, brachte es Riebau auf den Punkt, wollte jedoch gar nicht groß in die Spielkritik gehen, wie er bei der Pressekonferenz unterhaltsam ausführte: „Ich war gerade pinkeln, habe auf die Tabelle geguckt und gesehen, dass wir auf Platz zwei stehen. Das ist geil. Man muss das große Ganze sehen. Ich bin stolz auf die Truppe und ihre Entwicklung.“
Vier Wechsel in der Startelf
Die Erkenntnisse des Hannover-Spiels waren, dass der SV Atlas auch schwächere Partien gewinnen kann und sich vom Ausfall dreier Leistungsträger nicht vom Erfolgsweg abbringen ließ. Wie von Riebau angekündigt, ersetzte Tom Berling den gesperrten Marlo Siech in der Innenverteidigung und gab sein Atlas-Debüt. Für die fehlenden Tobias Fagerström (Muskelfaserriss) und Lamine Diop (Lehrer auf Klassenfahrt) rückten Tom Trebin als Zehner und Justin Dähnenkamp als zweite Spitze ins Team. Zudem spielte Joel Schallschmidt auf der rechten Seite der Mittelfeldraute und Ibrahim Temin rückte zurück auf die Linksverteidigerposition, sodass Timon Wideker auf die Bank musste, der beim 0:0 gegen die FSV Schöningen noch in der Startelf gestanden hatte.
Beide Mannschaften gingen energisch in die Zweikämpfe ließen wenig zu. Insbesondere bei Hannoveraner Standardsituationen mussten die Gastgeber wachsam sein, doch die Atlas-Abwehr stand zumeist auch ohne Siech sicher. In der Offensive machten sich die Ausfälle eher bemerkbar. Im Spiel nach vorne fehlte den Blau-Gelben oft die nötige Genauigkeit. Nur zwei gute Chancen erarbeiteten sie sich vor der Pause. Einen Freistoß von Trebin lenkte Arminia-Torwart Pascal Geerts über die Latte (23.). Wenig später war Geerts wieder auf dem Posten, als Steffen Rohwedder nach einem schönen, langen Berling-Pass aus spitzem Winkel frei zum Schuss kam (25.).
Marquardt und Brüning im Zusammenspiel
Nach dem Seitenwechsel wackelte die Atlas-Abwehrserie erstmals in der 52. Minute, als Markus-Karol Schulz ans Außennetz schoss. „Wir haben unsere Spielweise dem Gegner angepasst und das ist gut gelungen. Ein Punkt wäre verdient gewesen“, sagte Arminia-Trainer Henrik Larsen. Die Delmenhorster hatten in der zweiten Hälfte zunächst Probleme, das sah offenbar auch Riebau so, denn der Atlas-Coach wechselte in der 57. Minute gleich viermal aus. Mit Marquardt und Sinan Brüning sollten zwei Spieler aus dem Joker-Quartett eine ganz wichtige Rolle einnehmen. In der 77. Minute passte Brüning auf Marquardt, der das erwähnte Traumtor zum 1:0 erzielte. „Ein Sonntagsschuss, da kann man nichts machen“, sagte Larsen. Die Hannoveraner erhöhten danach den Druck, und in der 89. Minute lag der Ball dann tatsächlich im Atlas-Tor. Pino Ballerstedt hatte diesen jedoch vorher mit dem Arm berührt.
Beim folgenden Gegenangriff spielte Marquardt einen perfekten Pass in den Lauf von Brüning, der mit Hilfe des Innenpfostens zum 2:1 einschoss (90.). „Sinan und ich haben uns die beiden Tore gut gegenseitig aufgelegt. Ich denke, dass wir als Einwechselspieler einen guten Impact hatten“, sagte Marquardt. Die Gäste gaben sich aber auch nach dem 0:2 nicht auf. Onur Capin fiel nach einem Zweikampf mit Josip Tomic im Strafraum, und den fälligen Elfmeter für Hannover verwandelte Yannick Kranz (93.). Für Atlas-Torwart Damian Schobert war es der erste Gegentreffer nach 745 Minuten. Zum bislang letzten Mal war er im Hinspiel bei Arminia (1:1) überwunden worden. Da kurz nach dem 1:2 Schluss war, konnte Schobert dennoch jubeln. In die Freude über den Sieg mischten sich bei Atlas allerdings auch einige warnende Stimmen. „In den letzten beiden Spielen haben wir ein paar Prozent weniger gebracht als zuvor“, sagte Riebau und fügte hinzu: „Das muss sich wieder ändern.“