Wie viel Leidenschaft die Spieler des SV Atlas Delmenhorst in das Derby investiert hatten, zeigte sich am besten an Florian Stütz. 75 Minuten lang hatte der Kapitän im defensiven Mittelfeld gegrätscht, gekämpft und viele Bälle erlaufen, doch dann ging nichts mehr. Er signalisierte, dass er ausgewechselt werden musste. "Bei ihm war der Tank leer, da mussten wir sofort reagieren", sagte Trainer Key Riebau später. Der Einsatz von Stütz und Co. sollte sich lohnen: Im Derby der Fußball-Regionalliga beim VfB Oldenburg erkämpfte sich der SV Atlas am Sonntagnachmittag ein überaus respektables 1:1 (0:0)-Unentschieden. "Der Punkt ist für uns überragend", jubelte Riebau.
Der Atlas-Coach hatte im Vorfeld einen mutigen Auftritt seiner Mannschaft beim Spitzenreiter gefordert und stellte auch entsprechend auf. Mit Mittelstürmer Dimitrios Ferfelis, den Außenangreifern Mattia Trianni (zurück nach Rotsperre) und Tobias Steffen sowie Cerruti Siya als hängende Spitze agierten die Delmenhorster recht offensiv. Stütz und Oliver Schindler bildeten das defensive Mittelfeld. Philipp Eggersglüß rückte für den gelbgesperrten Kerem Sari in die Innenverteidigung neben Kristian Taag. Dadurch wurde die Rechtsverteidigerposition frei, die Oliver Rauh übernahm. Auf der linken Seite spielte Julian Stöhr.
Trianni vergibt drei gute Gelegenheiten
Er habe seinen Spielern gesagt, "dass wir das Spiel selbst bestimmen wollen", erzählte Riebau. Und die Delmenhorster setzten den Plan um. Die besseren Chancen hatten vor 1736 Zuschauern im Marschwegstadion zunächst die Gäste. Trianni schoss erst knapp vorbei (8.), nach Vorarbeit von Stütz knallte er den Ball wenig später an die Latte (19.). Fünf Minuten danach bot sich dem Flügelstürmer die dritte gute Gelegenheit, doch seinen Hackentrick nach einer Ecke wehrte Torwart Pelle Boevink ab. Nachdem Oldenburgs Ayodele Max Adetula knapp am langen Eck vorbeigeschossen hatte, ging es beim Stand von 0:0 in die Pause. "Wir hätten einige Angriffe noch zielstrebiger zu Ende spielen können", sagte Riebau.
Nichtsdestotrotz hatte der SV Atlas im ersten Durchgang eine starke Leistung geboten, die er nach dem Seitenwechsel fortsetzte. Nachdem Taag einen Adetula-Schuss abgeblockt hatte, wurde Schindler von Ferfelis und Steffen schön freigespielt, schoss jedoch Boevink an (53.). Zwei Minuten später sah die Oldenburger Abwehr richtig schlecht aus: Eine eher harmlose Freistoßflanke von Schindler aus dem Halbfeld konnte Leon Deichmann nicht klären, der Ball sprang zu Eggersglüß, der ihn unter Mithilfe von Torwart Boevink über die Linie stocherte – 1:0 für den SV Atlas. "Das Tor haben wir uns selbst reingehauen", ärgerte sich Oldenburgs Trainer Dario Fossi und gab zu: "Nach dem Rückstand hätten wir uns über das zweite Gegentor auch nicht beschweren können."
Chancen am Fließband für den VfB Oldenburg
Trianni schickte zwei herrliche Weitschüsse in Richtung Oldenburger Tor, doch beide Male lenkte Boevink den Ball gerade so über die Latte (58./65.). Danach verlor Atlas die Spielkontrolle, und die Oldenburger entfachten einen enormen Druck. Nicht nur Kapitän Stütz, sondern auch einige andere Atlas-Akteure musste ihrem großen Einsatz nun Tribut zollen. "Wir haben 60 Minuten sehr gut gespielt, dann hat die Konzentration nachgelassen", sagte Riebau. Den Gastgebern bot sich plötzlich eine Großchance nach der anderen: Rafael Brand zielte vorbei (67.), Maik Lukowicz scheiterte per Lupfer am starken Sygo (70.), Max Wegner (71.) und Lukowicz (76.) schossen über das Tor.
Als einige Delmenhorster schon vom Sieg im Marschwegstadion träumten, fiel der Ausgleich doch noch: Nach einem abgeblockten Wegner-Schuss prallte der Ball zu Kai-Sotirios Kaissis, der den bereits am Boden liegenden Sygo aus kurzer Distanz überwand (86.). Danach mussten die Gäste um den Punktgewinn zittern, und es wurde hektisch. Ein Tor von Lukowicz zählte wegen Abseits nicht (90.). Dann foulte Marco Stefandl den Oldenburger Brand und schoss anschließend den Ball einige Meter weit weg. Dafür sah er von Schiedsrichter Christian Meermann auf einen Schlag die Gelbe und die Gelb-Rote Karte (90.+2). Riebau fand die Entscheidung überzogen, beschwerte sich und sah auch noch Gelb.
Nach dem Abpfiff hatte sich der Atlas-Coach aber schnell wieder beruhigt und freute sich über das Remis: "Der Punkt kann für uns sehr wichtig sein." Drei Spiele sind noch zu bestreiten, und der SVA liegt nun auf Rang vier mit drei Zählern Vorsprung auf den Sechsten SSV Jeddeloh. Die besten fünf Teams erreichen die Meisterrunde. Der VfB Oldenburg hat die Teilnahme daran längst sicher, trotzdem war Trainer Fossi nach dem Derby bedient: "Seit der starken Leistung beim 0:0 gegen Werders U 23 ist bei uns die Spannung runtergegangen. Atlas hat gut gespielt, aber wir haben den Gegner auch stark gemacht."