Das Derby in der Fußball-Regionalliga Nord war längst entschieden, der späte Treffer zum 4:0 für den SV Atlas Delmenhorst hatte eher statistischen Wert, und trotzdem rannte Trainer Key Riebau mit einigen Ersatzspielern im Sprint auf den Platz, um das Tor euphorisch zu feiern. Keine Frage: Der 4:0 (3:0)-Erfolg über den FC Oberneuland am Sonnabendnachmittag tat allen beim SV Atlas nach zuvor zwei Niederlagen in Serie richtig gut. In Delmenhorst hatten sie bereits die Chancen auf das Erreichen der Meisterrunde schwinden sehen und Riebau hatte seinen Spielern vor der Partie fehlende Leidenschaft vorgeworfen. Nach dem Abpfiff hielt er zufrieden fest: "Die Mannschaft hat sehr viele Emotionen auf den Platz gebracht."
Auch der FC Oberneuland hatte vor dem Derby zwei Niederlagen in Folge kassiert. Anders als beim SV Atlas war bei den Gästen aus Bremen vor 700 Zuschauern, darunter Ex-Werder-Keeper Tim Wiese, das fehlende Selbstvertrauen von Anfang an spürbar. Die Gastgeber übernahmen im Delmenhorster Stadion sofort die Initiative und hatten die erste Chance durch Oliver Schindler, der aus spitzem Winkel an Oberneulands Torwart Jonas Horsch scheiterte (7.). Als sich die Gäste kurz darauf erstmals nach vorne trauten, wurden sie direkt ausgekontert. Über Cerruti Siya und Marco Stefandl gelangte der Ball blitzschnell zu Mattia Trianni, der überlegt zum 1:0 einschoss (10.). "Wir haben das Spiel von Anfang an nicht so aufgezogen, wie wir es wollten. Wir waren enorm verunsichert", sagte Oberneulandes Trainer Kristian Arambasic.
Im Angriff war seine Mannschaft ohne den verletzten Onur Uzun erschreckend harmlos, wie schon bei der Niederlage gegen den SSV Jeddeloh. In der Abwehr ließ der FCO seinem Gegner zu viele Räume und war den Delmenhorster Offensivspielern läuferisch nicht gewachsen. Immer wenn Trianni das Tempo anzog, konnte ihm keiner folgen. In der zwölften Minute klärte Kerem Sahan gegen den Atlas-Angreifer in höchster Not per Grätsche. Kurz darauf war Siya nach einer Hereingabe von Stefandl am gedankenschnellsten und traf mit einem wuchtigen Schuss zum 2:0 (16.).
Da Dimitrios Ferfelis weiterhin fehlte und Marek Janssen nach seiner Verletzung erst einmal auf der Bank saß, spielte Atlas ohne klaren Mittelstürmer. Siya und Tobias Steffen wechselten sich ab und stießen immer wieder in die Spitze vor, um die Außenangreifer Trianni und Stefandl zu unterstützen. "Wir wollten vorne sehr variabel agieren, weil wir wussten, dass sich dadurch Räume ergeben", sagte Riebau. Oberneulands Innenverteidigung mit Claas Ole Bauer und dem Ex-Delmenhorster Marlo Siech hatte mit dieser Spielweise Probleme und bekam keinen richtigen Zugriff auf die Gegenspieler.
Kurioser Treffer fast von der Mittellinie
Ein Ballverlust im Spielaufbau der Gäste hätte beinahe zum nächsten Gegentreffer geführt, doch Trianni scheiterte freistehend an Horsch (39.). Symptomatisch für die Leistung der Bremer war dann eine kuriose Szene in der 42. Minute, als ein simpler Delmenhorster Befreiungsschlag Bauer in arge Not brachte. Er wollte den Ball zurück zum weit aufgerückten Horsch köpfen, aber das Zuspiel geriet zu kurz. Der Torwart konnte den Ball nur noch vor dem heranrauschenden Trianni wegspitzeln, Stefandl erkannte die Chance und traf fast von der Mittellinie ins verwaiste Tor – 3:0. Im direkten Gegenzug folgte die beste Gelegenheit für den FC Oberneuland: Ebrima Jobe schoss, und Atlas-Keeper Rico Sygo parierte stark (43.).
Beim Pausenstand von 3:0 war die Vorentscheidung schon gefallen. Somit verlor das Nachbarschaftsduell in der zweiten Hälfte an Dynamik. Trianni zielte über das Tor (50.), auf der Gegenseite versuchte es Tom Trebin mit einem Weitschuss (61.). Viel mehr gab es in dem weitestgehend fairen Derby, das Schiedsrichterin Franziska Wildfeuer souverän leitete, zunächst nicht zu sehen. Nur einmal wurde es noch hektisch: Nach einem Foul von Sahan kam es zu einer Rangelei, doch der Ärger verflog schnell wieder (86.). Schließlich fiel noch das umjubelte 4:0 für den SV Atlas, das der eingewechselte Philipp Eggert nach Vorlage von Oliver Rauh erzielte (90.).
"Ich bin super zufrieden", bilanzierte Atlas-Coach Riebau. "Wir hätten sogar noch mehr Tore schießen können. Die Jungs haben die nötige Leidenschaft gezeigt." Mit 13 Punkten aus zehn Spielen liegen die Delmenhorster vorerst auf Rang vier und dürfen weiterhin von der Meisterrunde träumen, für die sich die besten fünf Teams qualifizieren. "Der Sieg war für uns alle gut, aber wir müssen im nächsten Spiel gegen Hannover 96 II genauso weitermachen", forderte Riebau.
Der FC Oberneuland muss sich mit zehn Punkten auf Rang sieben erst einmal nach unten orientieren. "Das war heute ein Klassenunterschied", räumte Trainer Arambasic ein und fügte hinzu: "Wir haben eine junge Mannschaft und müssen die Köpfe jetzt wieder hochkriegen. Ich traue den Spielern zu, dass sie da rauskommen." Leicht wird das nicht: Am kommenden Sonntag tritt Oberneuland beim Spitzenreiter VfB Oldenburg an.