Merklich stolz waren sie bei der SV Drochtersen/Assel, dass sie jetzt über eine fest installierte Videowand in ihrem Kehdinger Stadion verfügen. Die moderne Tafel gehörte dem Fußball-Regionalligisten zwar schon länger, doch erst seit Kurzem hat sie ihren festen Platz. Immer wieder blieben Zuschauer am Sonntagnachmittag davor stehen und nickten anerkennend. Die erste Mannschaft, die sich mit einem Tor auf der schmucken Videowand verewigte, waren allerdings nicht die Gastgeber, sondern der SV Atlas Delmenhorst. Das war auch das einzig Erfreuliche aus Delmenhorster Sicht. Die frühe 1:0-Führung hielt nicht lange, und am Ende stand eine 1:3 (1:2)-Niederlage. "Wir haben verdient verloren", sagte Atlas' Co-Trainer Malte Müller.
Er hatte Chefcoach Key Riebau vertreten, der wegen einer Corona-Infektion zu Hause geblieben war. Die Aufstellung hatten beide sich natürlich noch zusammen überlegt. Innenverteidiger waren wieder einmal Mangelware im von Verletzungen und Erkrankungen gebeutelten Atlas-Kader. Die Blau-Gelben versuchten, das aufzufangen, indem sie auf eine Dreierkette mit Efkan Erdogan, Raoul Cissé und Philipp Eggert setzten. Marco Stefandl und Julian Stöhr agierten als Schienenspieler auf den Außenbahnen.
Ferfelis fehlt erkrankt
Im Sturm fiel der beste Torschütze Dimitrios Ferfelis erkrankt aus. Atlas bot einen Dreierangriff mit Ousman Touray, Mattia Trianni und Steffen Rohwedder auf. Das Trio tauschte immer wieder die Positionen, was Drochtersen/Assel anfangs überraschte. Nach einem langen Ball entwischte Touray der Abwehr der Gastgeber. Seine Hereingabe wurde abgewehrt, doch Olivér Schindler sicherte sich den zweiten Ball und traf aus 16 Metern zum 1:0 (3.). "Besser hätte das Spiel für uns nicht starten können", betonte Müller. Viel schlechter hätte es allerdings auch nicht weitergehen können.
Nach einem Erdogan-Rückpass wollte Atlas-Torwart Eike Bansen eine spielerische Lösung finden, passte den Ball jedoch genau in die Füße von Jorik Wulff. Der Offensivspieler legte noch einmal quer, und Lennard Fock drückte den Ball zum 1:1 über die Linie (8.). Nur sechs Minuten später ging Cissé gegen Wulff im eigenen Strafraum ungeschickt in den Zweikampf und berührte seinen Gegenspieler am Schienbein. Wulff nahm die Einladung an, fiel hin, und es gab Elfmeter. Vier Strafstöße hatten die Kehdinger in der laufenden Saison schon vergeben, doch dieses Mal blieb Marcell Sobotta eiskalt und verwandelte zum 2:1 (15.).
"Die beiden Gegentore waren absolute Geschenke. Zweimal haben wir den Gegner dazu eingeladen, ein Tor zu erzielen", ärgerte sich Müller. Die Delmenhorster verloren erst einmal völlig den Faden und hätten beinahe noch das 1:3 kassiert, doch Bansen rettete gegen den frei vor ihm auftauchenden Sobotta (24.). "Wir hatten nach dem zweiten Gegentor eine schlechte Phase. Kurz vor der Pause haben wir uns dann etwas gefangen", schilderte Müller. Atlas kam nun auch wieder zu Chancen: Trianni mit einem Schussversuch (34.) und Rohwedder mit einem wuchtigen Kopfball (44.) scheiterten am stark reagierenden Torwart Patrick Siefkes.
Schlecht positionierte Atlas-Abwehr
"In der Halbzeit haben wir uns einiges vorgenommen. Wir wollten unbedingt zum Ausgleich kommen", sagte Müller. Schon in der 53. Minute wurden alle guten Vorsätze jedoch über den Haufen geworfen: Drochtersens Innenverteidiger Liam Giwah gewann einen Zweikampf in der eigenen Hälfte und spielte den Ball danach einfach flach durch die Mitte. Atlas war in der Szene schlecht positioniert, alle schauten nur zu, und so landete der Ball beim eingewechselten Felix Schmiederer, der frei vor Bansen die Nerven behielt und zum 3:1 einschoss (53.). "Damit war bei uns der Stecker gezogen", gab Müller zu. Der Co-Trainer wechselte zwar noch mehrfach aus, doch eine echte Schlussoffensive der Blau-Gelben gab es nicht mehr. Keiner der 663 Zuschauer zweifelte noch daran, dass Drochtersen/Assel den vierten Erfolg im fünften Spiel des Jahres einfahren würde.
"Nach dem 3:1 war auf beiden Seiten die Spannung weg. Das hätten wir besser machen können, aber insgesamt bin ich sehr froh über den Sieg. Nach dem frühen 0:1 sind wir wach geworden und haben das Spiel kontrolliert", bilanzierte Drochtersens Trainer Frithjof Hansen. Sein Team ist nun sogar auf den dritten Tabellenplatz geklettert. Dementsprechend gelöst war die Stimmung im Kehdinger Stadion nach dem Schlusspfiff, alle Blau-Roten klopften sich gegenseitig auf die Schultern.
Die blau-gelben Spieler mussten dagegen den schweren Gang in ihre Fankurve antreten und mit ihren Anhängern wieder einmal über eine Niederlage diskutieren. Alle drei Partien im Jahr 2023 hat Atlas nun verloren, am kommenden Sonntag folgt das nächste schwierige Auswärtsspiel bei Teutonia Ottensen (14 Uhr). Da die Konkurrenten im Tabellenkeller allesamt nicht gewannen, bleibt der SVA immerhin auf dem 14. Rang. Dennoch wird die Lage immer bedrohlicher. "Wir müssen schleunigst anfangen, Punkte zu holen", hielt Malte Müller fest. Der Aussage ist tatsächlich nichts hinzuzufügen.