Dominik Schmidt tigerte nach dem Abpfiff noch einige Minuten lang alleine über den Platz des Ostfriesland-Stadions. Der Trainer des SV Atlas Delmenhorst brauchte offenbar etwas Zeit, um sich zu beruhigen, war aber auch später immer noch ziemlich sauer. Nach dem enttäuschenden 0:0 im Kellerduell der Fußball-Regionalliga Nord bei Kickers Emden zählte Schmidt seine Spieler am Freitagabend an. „Viele bei uns beschäftigen sich mit allen möglichen Dingen, nur nicht mit dem Wesentlichen“, sagte der 35-Jährige und legte auf Nachfrage nach: „Der Fokus liegt bei uns schon lange nicht mehr auf dem Fußball. Die Herangehensweise passt nicht. Die Spieler brauchen mal Zeit, um sich zu erden.“
Aus Schmidts Sicht sind viele Atlas-Akteure zu sehr mit der eigenen Zukunft beschäftigt. Besonders die Wechselgerüchte um einige Spieler haben den Coach mächtig verärgert. Ein Delmenhorster soll für die neue Saison sogar schon bei Kickers Emden zugesagt haben, den Namen wollen die Verantwortlichen noch nicht nennen. Schmidt hatte gehofft, dass sich sein Team trotz der Nebengeräusche auf das Prestigeduell konzentrieren kann, doch das klappte nicht. In einem schwachen Spiel mit vielen Fehlern waren die Delmenhorster die etwas schwächere Mannschaft. „Emden war dem Sieg näher als wir“, gab Schmidt zu.
Zwei Mittelstürmer in der Startelf
Der Atlas-Coach hatte mit Phil Gysbers und Dimitrios Ferfelis zwei echte Mittelstürmer aufgeboten. Sie sollten als Anspielstationen Bälle klatschen lassen, um danach in die Tiefe spielen zu können, doch davon war nur selten etwas zu sehen. Auch lange Bälle konnten die beiden Angreifer kaum einmal festmachen. Nachdem die Partie mit 15 Minuten Verspätung angefangen hatte, weil ein Teil der Atlas-Fans kurzfristig einen neuen Reisebus für die Fahrt organisieren musste und daher später eintraf, kamen die Blau-Gelben in der ersten Hälfte fast gar nicht vor das gegnerische Tor. Das abgeschlagene Schlusslicht Emden hatte vor 1014 Zuschauern dagegen eine sehr gute Chance durch den ehemaligen Atlas-Kapitän Nick Köster, der mit einem Schuss aus 20 Metern am Gäste-Torwart Pascal Wiewrodt scheiterte (19.).
Kurz nach dem Seitenwechsel vergab Stefandl die erste nennenswerte Delmenhorster Gelegenheit (53.). Wer nun eine Steigerung der Gäste erwartet hatte, sah sich aber getäuscht. Dass die Emder nicht in Führung gingen, war vor allem Wiewrodt zu verdanken, der zwar bei Rückpässen nicht immer sicher war, dafür aber auf der Linie überragend hielt. So etwa in der 56. Minute gegen Bastian Dassels Schuss aus kurzer Entfernung. Wenig später musste Köster nach einem Kopfballduell mit Dominic Volkmer mit einer blutenden Platzwunde am Kopf ausgewechselt werden. Die Emder Fans nutzten die Unterbrechung, um Pyrotechnik abzubrennen. Im Atlas-Block, in dem etwa 100 Fans standen, war bereits vor dem Anpfiff gezündelt worden. Nach dem Emder Feuerwerk dauerte es einige Minuten, bis Schiedsrichter Benjamin Schmidt die Partie wieder anpfiff.
Stöhr vergibt gute Chance
In der Schlussphase schaffte es Atlas immerhin erstmals, für wenige Minuten etwas Druck aufzubauen. Julian Stöhr vergab nach einer Hereingabe von Ousman Touray eine sehr gute Chance, als er Emdens Torwart Isaak Djokovic anschoss (82.). In der siebenminütigen Nachspielzeit mussten die Delmenhorster dann aber wieder zittern, weil Emden auf den Siegtreffer drängte. Einen schönen 20-Meter-Freistoß von Alagie Jabbie parierte Wiewrodt stark (90.+6).
Kickers-Trainer Stefan Emmerling zeigte sich trotz des verpassten Siegtors zufrieden mit der Leistung seines Teams: „Kompliment an die Mannschaft. Wir wollten ein leidenschaftliches Spiel abliefern, und das haben wir getan.“ Bei Atlas waren sie dagegen bedient. „Das war eine ganz schwache Leistung. Wir konnten überhaupt keinen Druck aufbauen“, sagte Sportchef Bastian Fuhrken. Und Trainer Schmidt ließ sich in seiner ganzen Enttäuschung sogar zu der Aussage hinreißen: „Das war das schlechteste Spiel, das ich in meiner Karriere gesehen habe.“
Rechnerisch ganz sicher ist der Atlas-Abstieg zwar weiterhin nicht, doch seit Freitagabend denkt beim Tabellenvorletzten endgültig keiner mehr an den Klassenerhalt. Schmidt: „In dem Spiel wurde deutlich, dass Emden und wir zu Recht absteigen. Wir sehen uns dann in der Oberliga wieder.“ Fuhrken ergänzte: "Von den Fans und vom Umfeld her gehören beide Klubs in die Regionalliga. Vom Sportlichen her leider momentan nicht, das hat man gesehen."