Fast 30 Jahre ist es her, als das „La Palma“ in Delmenhorst seine Türen schloss und damit eine Ära zu Ende ging. Auch alle anderen Diskotheken haben längst dichtgemacht. Wer heutzutage tanzen gehen möchte, muss dafür nach Bremen gehen. Normalerweise. Am Freitag, 9. Mai, wird das nicht nötig sein. Für vier Stunden wird sich dann die Heilig-Geist-Kirche in Delmenhorst in eine Disco verwandeln. "Gott freut sich, wenn die Kirche bebt", ist Heike Bahr überzeugt. Gemeinsam mit Marcella Becker organisiert sie die inklusive Disco an der Deichhorster Straße 5, zu der alle Menschen mit oder ohne Behinderung eingeladen sind. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht.
Kooperation mit der Hai-Disco
Los geht es um 17.30 Uhr mit einem Disco-Gottesdienst, den Predigtlektorin Marcella Becker gemeinsam mit Pfarrer Ferdinand Scheel halten wird. Eine halbe Stunde lang soll sich dieser thematisch passend um Musik drehen. "Danach werden die Kirchenbänke beiseite geräumt und es kann getanzt werden", sagt Becker. Bis 22 Uhr geht die Veranstaltung. Für die Musik wird Carsten Westdörp – alias DJ Carsten – sorgen, der mit seiner mobilen, inklusiven Hai-Disco nach Delmenhorst kommen wird. "Er hat nebenberuflich 13 Jahre Erfahrung als DJ", sagt Becker. Sie freut sich, ihn als Kooperationspartner gewonnen zu haben.
Carsten Westdörp wurde 2023 vom Landkreis Oldenburg mit dem Inklusionspreis geehrt. In ihrer Laudatio lobte Saskia Kamp damals, dass die von ihm organisierte Hai-Disco eine „einfache und doch großartige Idee sei: Disco für alle“. Entstanden ist sie im Rahmen des Projekts "Hatten inklusiv" der Gemeinde Hatten und der TSG Hatten-Sandkrug, die eine Disco veranstalten wollten. Daher auch der Name "Hai". Von der geografischen Verknüpfung zu Hatten hat sich Westdörp inzwischen gelöst, der Name ist aber geblieben. Mit seiner mobilen, inklusiven Hai-Disco ist er im gesamten Landkreis Oldenburg sowie den Städten Oldenburg und Delmenhorst unterwegs. Es ist ein Non-Profit-Projekt.
Der Kontakt zu Marcella Becker entstand im Dezember vergangenen Jahres durch den inklusiven Weihnachtsmarkt, den das Alles-außer-gewöhnlich-Team mit Unterstützung der Volksbank, wo Westdörp arbeitet, organisiert hat. "Er hat unser Projekt damals betreut", erzählt Becker. Man habe sich gut verstanden und sei zu dem Entschluss gekommen: "Wir müssen mal etwas zusammen machen." Die Idee zu einer inklusiven Disco war geboren.
Erbsensuppe, Hotdogs und Candy-Bar
Neben Musik wird es bei der Disco am 9. Mai auch Essen und Trinken geben. "Wir haben Erbsensuppe und Hotdogs – auch als vegetarische Variante", erklärt Heike Bahr. Darüber hinaus soll es Kuchen und eine Candy-Bar geben. Alkohol wird nicht ausgeschenkt. Zu kaufen sein werden die Speisen für "kleines Geld". "Wir wollen keinen Gewinn erzielen", betont Becker. Der Eintritt zur Disco selbst ist frei.
Musikalisch werde für jeden etwas dabei sein. "Man kann auch Musikwünsche äußern", sagt die Predigtlektorin, die auch eine Ausbildung als Prädikantin macht. Wichtig ist ihr, dass die Disco ein "geschützter Raum" ist. Aus eigener Erfahrung weiß Becker, wie wichtig dies gerade für Menschen mit einer Beeinträchtigung ist. Ihr Sohn hat eine körperliche und geistige Behinderung. Schon oft habe sie erlebt, wie er ausgelacht wurde. "Das ist leider immer noch so", sagt sie. Bei der inklusiven Disco soll genau das aber nicht passieren. "Hier wird jeder angenommen, wie er ist", merkt Bahr an. Für Eltern biete sich bei der Veranstaltung auch die Möglichkeit, sich auszutauschen.
Kirche wird "strapaziert"
Die beiden Organisatorinnen der Disco hoffen auf reichlich Besucher – und sind durchaus zuversichtlich. Diese Zuversicht gibt ihnen die gute Resonanz auf den letzten Alles-außer-gewöhnlich-Gottesdienst, zu dem zwischen 60 und 70 Menschen gekommen waren. Seit zwei Jahren gibt es diesen inklusiven Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche bereits. Entstanden ist er, weil Becker mit ihrem Sohn in die Kirche gehen wollte und "nichts Passendes fand". Sie schloss sich mit Heike Bahr sowie Katrin und Frank Lederer zusammen und konzipierte den besonderen Gottesdienst, der sich immer um eine Geschichte dreht. Erleb- und fühlbar werde diese durch interaktive Elemente. "Wir hatten schon mal Wasserpistolen, Sand und Blätter", erzählt Becker. Sie weiß: "Ich strapaziere die Kirche damit auch mal."
Wasserpistolen werden bei dem Disco-Abend nicht zum Einsatz kommen, dafür reichlich passende Dekoration, wie etwa Discokugeln. "Das wird alles ehrenamtlich gemacht", betonen Bahr und Becker. Auch die Konfirmanden werden helfen. Weitere Unterstützung ist gern gesehen. Interessenten können sich telefonisch unter 01 76 / 63 11 90 46 bei Marcella Becker melden.