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Zauneidechse Lebensraum für gefährdete Reptilien

Im Landkreis Oldenburg gibt es nur vier bekannte Vorkommen von Zauneidechsen - eines davon liegt südlich von Delmenhorst im Bereich der Großen Höhe. Experten haben den Lebensraum nachhaltig verbessert.
11.10.2022, 08:00 Uhr
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Lebensraum für gefährdete Reptilien
Von Desiree Bertram

"Noch sind einige Jungtiere unterwegs, um sich genug anzufressen, damit sie den Winter überstehen", sagt Bettina Janßen, Vorsitzende des Delmenhorster Naturschutzbundes (Nabu), mit leiser Stimme. Vorsichtig zeigt sie in Richtung eines Baumstumpfes, der zwischen kleinen Sträuchern von der Mittagssonne angestrahlt wird. Bei genauerem Hinsehen lässt sich ein kleines Reptil mit bräunlicher Musterung erkennen. "Da muss man ein Auge für entwickeln", sagt Janßen. Denn durch ihre Rückenfärbung sind Zauneidechsen auf strukturierten Untergründen wie Sand oder Gehölzen gut getarnt. Zudem sind die kleinen, gefährdeten Tierchen so flink, dass es schwerfällt, ihnen mit den Blicken zu folgen. Experten setzen sich seit Jahren dafür ein, ihren Lebensraum zu schützen und zu erweitern.

Nach Angaben des Nabu stehen Zauneidechsen auf der Vorwarnliste der Roten Liste Deutschlands. In Niedersachsen wird sie sogar als gefährdet eingestuft. Im Landkreis Oldenburg hat das Kriechtier laut Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) nur vier bekannte Vorkommen. Eines davon liegt südlich von Delmenhorst in der Gemeinde Prinzhöfte an einem Sandweg im Bereich der Großen Höhe.

In 2019 Lebensraum erweitert

Bereits vor einigen Jahren wurden an dem rund 500 Meter langen Waldrand neben dem Sandweg Zauneidechsen und deren Eiablagen beobachtet. Diese waren so nach am Weg aber in Gefahr, so Janßen: "Landwirtschaftliche Fahrzeuge sind so breit, dass sie Gelege teilweise zertstört haben." Auch eine zunehmende Beschattung durch Bäume haben die lokale Population beeinträchtigt. Deshalb haben Akteure des Nabu und des NLWKN mit dem EU-Projekt "Atlantische Sandlandschaften" im Jahr 2019 sieben unbeschattete Sandwälle angelegt. Diese befinden sich weiter entfernt vom Sandweg. Dafür wurden insgesamt 80 Bäume entfernt. So sollte der Lebensraum für die Zauneidechsen verbessert werden, damit sich die Population weiter entwickeln kann. Experten vermuteten damals, dass in diesem Bereich etwa 200 Eidechsen lebten. In den Sanddünen können Zauneidechsen-Weibchen seitdem ihre Eier in Sicherheit ablegen.

"Die Baumstämme, Äste und Zweige wurden als kleine Totholzhaufen angelegt, um weitere Strukturen für die Eiablage, Sonnenplätze und Versteckmöglichkeiten zu schaffen", erklärt Tom Kutter, Projektverantwortlicher beim NLWKN. Denn die Reptilien brauchen ausreichend Sonnenlicht und auch eine Schattenstruktur. "Zauneidechsen sind tagaktiv und brauchen diesen Schutz vor Greifvögeln", so Kutter. Wenn es ein Vorkommen in Siedlungsnähe gibt, sind auch Katzen gefährlich für die Population.

Die Initiatoren des Projekts hofften nach der Umsetzung, dass die Zauneidechsen ihren erweiterten Lebensraum annehmen und an Ort und Stelle fleißig Eier legen. Um zu schauen, ob das auch der Fall ist, gab es 2021 eine Bestandaufnahme mit einem Gutachterbüro. Dabei haben zwei Profis die Fläche, die in sieben Abschnitte aufgeteilt wurde, kartiert. Laut Kutter gab vier Durchgänge, die einen guten Erfolg bestätigen – die Population ist angewachsen und viele Jungtiere wurden gesichtet. Der Bereich sei fast flächendeckend besiedelt gewesen. "Wir haben quasi eine gefährdete Art an der Stelle stabilisiert und hoffen auf eine weitere Ausbreitung", sagt Kutter.

Junggehölze entfernen

Mittlerweile sind die Pflanzen im Zauneidechsen-Habitat stark gewachsen. Auch auf den Sanddünen wachsen Sträucher, die zu viel Schatten werfen. Das hat Kutter gemeinsam mit anderen Akteuren des Projekts bei einer Besichtigung vor Kurzem festgestellt. Diese Junggehölze sollten künftig durch ehrenamtliche Arbeitseinsätze Nabu entfernt werden. Dabei ist es besonders wichtig, Höhlen im Sandboden nicht zu zerstören, erklärt Hans Fingerhut vom Nabu Ganderkesee: "Die Struktur soll charakteristisch behalten bleiben und wir wollen den Lebensraum noch weiter verbessern." Die Menschen sollen an dem Standort, an dem sich die kleinen Reptilien tummeln, die freie Natur in Ruhe lassen und Rücksicht nehmen. "Respekt vor den Tieren ist das wichtigste", betont Fingerhut.

Zur Sache

Rund ein halbes Jahr aktiv

Zauneidechsen sind ungefähr in einer Hälfte jeden Jahres aktiv – die Männchen suchen sich oft im August ihr Winterquartier, die Weibchen ziehen sich meistens erst im September zurück. Derzeit sind noch Jungtiere unterwegs, um sich vital auf die Wintermonate vorzubereiten. Die Art ist tagaktiv und braucht zum Aufwärmen gut besonnte Bereiche, informiert der Naturschutzbund auf seiner Internetseite: "Bei hohen Temperaturen bewegen sie sich dagegen im Schutz der Vegetation oder in feuchten Bereichen, sofern sie nicht ganz in ihrem Unterschlupf bleiben."

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