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Brut- und Setzzeit Hausarrest für Stubentiger?

Für die einen sind Katzen sanftmütige Wesen, für die anderen Killer. Der Ganderkeseer Nabu-Vorsitzende Hans Fingerhut plädiert dafür, die Tiere während der Brut- und Setzzeit nicht mehr nach draußen zu lassen.
09.10.2022, 18:00 Uhr
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Hausarrest für Stubentiger?
Von Jochen Brünner

Ganderkesee. Hans Fingerhut, Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe Ganderkesee, hat eine Initiative gestartet, künftig auch Katzen in die Regelungen für die Brut- und Setzzeit mit aufzunehmen. Dabei ist er sich völlig im Klaren darüber, dass er mit dieser Forderung ein "heißes Eisen" anpackt. Denn mit der Vorstellung, ihre Tiere zwischen dem 1. April und dem 15. Juli gar nicht oder nur an einer Leine nach draußen zu lassen, dürften sich gerade im ländlichen Raum viele Katzenhalter erst einmal nicht anfreunden können.

"Katzen machen Jagd auf alles, was sich bewegt und dem sie habhaft werden können. Nicht nur Vogelarten und Wiesenbrüter, sondern auch das Niederwild und kleine Amphibien sind in Gefahr", argumentiert Fingerhut. Nach den Erkenntnissen des Nabu töten Katzen in Deutschland jedes Jahr rund 150 Millionen Vögel und eine Milliarde weiterer Kleintiere. Bei 14,8 Millionen Katzen in Deutschland habe das mit natürlicher Auslese nichts mehr zu tun, hat sich auch Wulf Carius, Leiter des BUND-Hofs Wendbüdel bereits öffentlich für eine Aufnahme von Katzen in die Regelungen der Brut- und Setzzeit ausgesprochen. Unterstützung erhält der örtliche Nabu-Vorsitzende auch von Max Hunger, dem Naturschutzbeauftragten des Landkreises Oldenburg,  sowie Helmut Blauth, stellvertretender Vorsitzender der Landesjägerschaft Niedersachsen.

Vorbild im Rhein-Neckar-Kreis

Auf die Idee gebracht hat Fingerhut ein Pressebericht aus dem Rhein-Neckar-Kreis: Um die vom Aussterben bedrohte Haubenlerche zu schützen, hat das dortige Landratsamt eine Allgemeinverfügung erlassen, die Katzen sogar zwischen dem 1. April und Ende August unter Hausarrest stellt. Zumindest in diesem und in den kommenden drei Jahren. Auch wenn die Ausgangssperre nicht flächendeckend, sondern nur für den südlichen Teil der Stadt Walldorf gilt, laufen Tierschutzvereine bereits Sturm gegen die "unverhältnismäßige Maßnahme". In der Stadt Salzwedel gilt seit diesem Jahr eine Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen.

"In der Gemeinde Ganderkesee werben wir seit acht Jahren für die Einhaltung der Brut- und Setzzeit – mit zunehmender Akzeptanz und Beliebtheit", sagt Fingerhut. So stellen Nabu und Jägerschaft zu Beginn jeder Saison am 1. April insgesamt acht Schildersätze in der Gemeinde auf, die auf die entsprechenden Regeln hinweisen. In diesem Jahr haben die Initiatoren auf Anfrage von Bürgern sogar weitere 20 Schildersätze ausgegeben.

19 Kiebitz-Brutpaare gezählt

Das Prädatoren-Management im Delme-Rückhaltebecken habe dazu geführt, dass auf dem rund 120 Hektar großen Gelände in diesem Jahr wieder 19 Kiebitz-Brutpaare nachgewiesen werden konnten. "Vor drei Jahren haben dort noch keine Kiebitze gebrütet", weiß Fingerhut, "und in den entsprechenden Fallen wurden immer wieder auch Katzen gefunden – teilweise weit mehr als 500 Meter von der Wohnbebauung entfernt."

Mit seiner Initiative will der Nabu-Vositzende auch in der Verwaltung und in der Politik des Landkreises Oldenburg das Bewusstsein dafür wecken, dass Katzen zu bestimmten Zeiten nicht in der Natur und vor allem nicht nachts auf Streifzug gehen können. Wie eine entsprechende Regelung im Detail aussehen könnte, ist freilich noch Zukunftsmusik. Gleichwohl appelliert Fingerhut an alle Naturschutzverbände und an die Jägerschaft, das Thema aufzugreifen und gemeinsam für dessen Umsetzung aufzutreten. Darüber hinaus ist er sich aber auch über auftauchende Schwierigkeiten bewusst: "Wer das dann kontrollieren soll, ist eine ganz andere Frage."

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