Der Blick auf die Tabelle ist deprimierend, denn dort steht Werder Bremen in der Frauen-Bundesliga sieglos auf einem Abstiegsplatz – mit schon sechs Punkten Rückstand aufs rettende Ufer. Dafür macht ein Blick auf den Trainingsplatz am Weserufer seit dieser Woche Mut: Denn dort bewegt sich mit Stefanie Sanders eine neue Spielerin über das nasse Grün, die Trainer Thomas Horsch als „echte Mittelstürmerin“ preist. Schon nach wenigen Trainingstagen in Bremen wird deutlich: Die 24-jährige Sanders, die vom schwedischen Spitzenklub FC Rosengard zurück zum SV Werder wechselte, ist nicht nur treffsicher im Torabschluss. Sie kann auch Bälle im Angriff behaupten, was Werder erheblich dabei helfen dürfte, das gegnerische Tor zu bedrängen.
Stefanie Sanders soll die Torjägerin sein, auf die Werder monatelang sehnsüchtig wartete. An Torchancen mangelte es dem Team nicht, aber zaghafte Abschlüsse oder fehlendes Durchsetzungsvermögen vor dem Tor wurden zum Problem und beschleunigten das Abrutschen in den Tabellenkeller. Eine große Umstellung ist der Wechsel für Sanders nicht, sie spielte schließlich schon für Freiburg und Werder in der Bundesliga. „Sie kennt die Liga“, sagt Horsch, „und sie hat überall ihre Tore geschossen.“ In Schweden wurde sie auch Pokalsiegerin.
Schon am Sonntag im Testspiel gegen den ambitionierten Regionalliga-Klub Viktoria Berlin (14 Uhr in Wolfenbüttel) soll Sanders Spielpraxis im Werder-Trikot sammeln, denn die Zeit drängt: Zum einen, weil die Angreiferin in Schweden zuletzt relativ wenig Spielzeit bekam, zum anderen, weil Werders Rettungsplan im besten Fall auf einem Blitzstart basiert. Im Februar stehen direkt zwei Auswärtsspiele in der Bundesliga auf dem Spielplan, zunächst in Leverkusen (5. Februar, 16 Uhr), eine Woche später beim Tabellenletzten Potsdam (10. Februar, 19.15 Uhr).
Mit zwei Siegen in diesen Spielen wäre Werder sofort wieder im Rennen um den Klassenerhalt. Denn es ist nicht alles schlecht, wenn man sich die Details anschaut: Werder hat das beste Torverhältnis im Tabellenkeller und mit nur 17 Gegentoren die stabilste Defensive. Das Problem sind die nur sechs geschossenen Tore. Deshalb wird nun alles darauf ausgerichtet, die neue Stürmerin schnell zu integrieren und mutig nach vorne zu spielen, um mit einem erfolgreichen Ligastart nach der Wintervorbereitung auch der Konkurrenz zu zeigen, dass man unbedingt in der Bundesliga bleiben will. „Es ist noch ein weiter Weg für uns, aber wir können ihn schaffen“, sagt Horsch.

Zurück in Bremen: Stefanie Sanders spielte schon von 2013 bis 2017 für Werder.
Denn so viel besser ist die Konkurrenz nicht. Werder hat bisher sechs Spiele verloren – genau das gilt auch für alle anderen, die in der Tabelle vor Bremen stehen, bis rauf auf Platz 6, wo der nächste Gegner Leverkusen rangiert. Aber: Diese Gegner haben alle bereist drei oder vier Siege errungen, Werder noch keinen. Die Grün-Weißen müssen jetzt also auf Sieg spielen, um die Konkurrenz noch einholen zu können. Denn wahr ist ja auch: Nur bei den Bayern hat Werder mit mehr als einem Tor verloren, mit 0:3, alle anderen Spiele waren eng. Die eigene Abschlussschwäche verhinderte stets, ein Tor mehr zu schießen als der Gegner. Horsch: „Wir müssen diese engen Spiele auf unsere Seite ziehen. Das ist der Ansatz, um den Klassenerhalt zu schaffen. Wir dürfen uns die Lage nicht schönreden. Aber wenn wir uns im Torabschluss verbessern, sind wir wieder mittendrin.“
Neben Sanders kommt dabei auch Sommer-Neuzugang Saskia Matheis eine wichtige Rolle zu. Die aus Frankfurt gekommene Mittelfeldspielerin begann stark, als selbstbewusste Unterschiedsspielerin und Torschützin. Im Laufe der Saison baute sie aber ab, zeitweise musste sie auch defensivere Rollen übernehmen und konnte das Spiel seltener bestimmen. Weil Werder nun Siege braucht, soll Matheis – wann immer möglich – wieder offensiver Akzente setzen, ihre Spielübersicht und ihr guter Torschuss befähigen sie dazu. Horsch hofft, dass sie schnell wieder in einer Top-Verfassung ist: „Sie ist für uns eine ganz wichtige Spielerin.“
Zumal der zweite Winter-Neuzugang Chiara Hahn sie spielstark unterstützen könnte. Beide kennen sich aus früheren Zeiten in Frankfurt. Auch Hahn trainiert seit Montag mit der Bremer Mannschaft, sie ist im Mittelfeld offensiv flexibel einsetzbar. Hahn dürfte ebenfalls mit wenig Eingewöhnungszeit zurechtkommen, auch wenn sie zuletzt in Florida spielte. Die 21-Jährige war im Sommer bereits mehrere Wochen in Bremen und bereitete sich hier in einer kleinen Trainingsgruppe mit Werders Angreiferinnen Maja Sternad und Tuana Keles auf die U20-Weltmeisterschaft vor. Horsch: „So konnten sich beide Seiten damals schon ein Bild voneinander machen.“
Auf die Dienste der erfahrenen Stürmerin Agata Tarczy?ska, auf deren Tore Werder lange hoffte, muss Horsch weiter verzichten. Nach der komplizierten Knieverletzung der Angreiferin ist der weitere Verlauf völlig offen; sollte sie in den nächsten Monaten wieder Leistungssport auf Bundesliganiveau betreiben können, würde das Werder freuen. Besser sieht es für Stammtorhüterin Lena Pauels aus: Nach ihrer langwierigen Schulterverletzung wird sie nun ins Torwarttraining integriert und soll danach ins Mannschaftstraining einsteigen. Ein Comeback schon Mitte der Rückrunde ist nach jetzigem Stand realistisch.