Die wichtigste Spielerin für die Zukunft des Frauenfußballs in Bremen stand am Sonntag nicht auf dem Platz. Noch nicht, wie man sagen muss. Denn bei Werder sucht man gerade intensiv nach dieser Spielerin. Sie soll die Erlöserin werden, die aus den vielen Torchancen endlich auch Tore macht. In diesem Winter noch soll diese Spielerin von Werder verpflichtet werden, so wurde es intern besprochen, um die Chancen auf den Klassenerhalt doch noch einmal realistischer erscheinen zu lassen. Das Profil des Neuzugangs ist klar: „Wir brauchen jemanden, der den Ball über die Linie drückt“, sagte Trainer Thomas Horsch nach dem 1:1 seiner Mannschaft am Sonntag gegen Hoffenheim.
Mit einer solchen Torjägerin wäre vielleicht schon dieses Heimspiel anders ausgegangen, an Torchancen fehlte es Werder jedenfalls nicht gegen die individuell deutlich stärker besetzten Gäste aus Hoffenheim. Reena Wichmann zum Beispiel scheiterte mal an der Latte und mal an fehlender Kraft im Abschluss, Nina Lührßen verzog den Ball neben das Tor. Immerhin traf Michaela Brandenburg nach einer Ecke zum verdienten 1:1-Ausgleich und ließ die 833 Zuschauer auf Platz 11 jubeln. Es war das erste Heimspiel nach dem Riesenrummel vor mehr als 20.000 Zuschauern im Weserstadion. Die Zuschauerzahl erschien auf den ersten Blick nun ernüchternd mickrig, bei den eisigen Temperaturen fühlte sich das für die Spielerinnen aber nicht so an, weil die Fans mit Feuereifer dabei waren. „Obwohl es natürlich weniger Leute waren, hat man die Unterstützung auf dem Feld gemerkt“, sagte Torschützin Brandenburg, „wenn wir gute Aktionen hatten, waren die Zuschauer auch sofort laut.“
An sich ist das 1:1 gegen diesen starken Gast ein gutes Ergebnis, bei Trainer Horsch schlugen dennoch zwei Herzen in der Brust: „Einerseits muss man so ein Ergebnis erst mal holen, andererseits helfen uns nur Siege.“ Das ist nach diesem Sonntag deutlich in der Tabelle zu erkennen: Im Parallelspiel gewann die ebenfalls abstiegsgefährdete SGS Essen nämlich mit 6:0 in Duisburg und hat nun ebenso wie Köln und Duisburg zehn Punkte auf dem Konto – während Werder immer noch sieglos mit nun vier Punkten auf einem Abstiegsplatz rangiert, mit sechs Punkten Rückstand auf einen rettenden Platz.
Horsch war nach dem ernüchternden Nachmittag viel daran gelegen, seine Spielerinnen vor der nun anstehenden Winterpause etwas aufzubauen. „Unser Spiel muss auch mal belohnt werden“, sagte er seiner Mannschaft noch auf dem Spielfeld in einem kleinen Kreis, „es kann doch nicht sein, dass wir kein Spiel mehr gewinnen können.“
Das ist die emotionale Sicht, die rein sachliche Sichtweise ist eine andere: Wer sich hinten immer wieder einfache Gegentore fängt (diesmal durch einen Abstimmungsfehler nach einem Eckball) und wer vorne aus vielen Chancen selten ein Tor macht, der gewinnt in der Frauenbundesliga keine Spiele.
Wenn die Liga ab Februar wieder loslegt, wird Werder Bremen in mehreren Spielen ein Tor mehr schießen müssen als der Gegner, sonst führt der Weg frühzeitig zurück in die zweite Liga. Deshalb drängt die Suche nach der erhofften Torjägerin, die man jedoch erst einmal von einer Vertragsunterschrift in Bremen überzeugen muss. Der Blick auf die Tabelle ist zunächst einmal ernüchternd, werben kann Werder eher mit seinem guten Ruf und mit der Aussicht auf weitere Heimspiele im großen Weserstadion.
Präsident Hubertus Hess-Grunewald ließ am Sonntag durchblicken, dass man sich schon ein paar mögliche Termine in der Rückrunde angeschaut habe, an denen ein erneutes Heimspiel der Frauen im Weserstadion möglich wäre. Es ist primär eine Abwägungssache: Man könnte zum Beispiel schon das nächste Heimspiel am ersten März-Wochenende nehmen, wenn die Männer in Augsburg spielen. Gegner wäre dann der FC Bayern, was im Ticketverkauf ein Selbstläufer wäre mit der Aussicht auf einen Frauenbundesliga-Zuschauerrekord. Jedoch droht bei diesem Gegner auch eine derbe Niederlage, was wenig Werbung für Werders Mannschaft wäre. Man könnte auch auf ein späteres Heimspiel setzen, in der Hoffnung, dass die Zuschauer Werder dann zum Klassenerhalt tragen. Mit Blick auf die Tabelle besteht aber die Gefahr, dass Werder dann längst abgestiegen ist – vor allem, wenn die Verpflichtung einer Torjägerin misslingt.
Horsch wartet ab, was auf dem Transfermarkt passiert. „Ich kann nur mit denen arbeiten, die da sind“, sagt er, „den Rest entscheidet die sportliche Leitung.“ Einen Vorwurf wolle er der Mannschaft nicht machen, „das könnte man nur, wenn wir uns gar keine Chancen erspielen würden. Aber so ist es ja nicht.“ Michaela Brandenburg hofft, dass Werder das 1:1 gegen Hoffenheim „als guten Jahresabschluss mit in die Pause nimmt" und Kraft schöpft für die Restsaison. Das Training startet am 9. Januar. Im Februar beginnt die Liga für Werder mit zwei Auswärtsspielen: erst in Leverkusen, dann bei Schlusslicht Potsdam. Gelingt auch dort kein Sieg, wäre der Klassenerhalt kaum noch möglich.