Eigentlich könnte die Stimmung in der Kabine von Werder Bremen sehr gut sein – schließlich rangiert der Bundesliga-Aufsteiger im Mittelfeld der Tabelle und scheint mit dem Abstiegskampf nichts zu tun zu haben. Doch vor ein paar Monaten herrschte dicke Luft bei den wichtigsten Mitarbeitern des Klubs – die Mannschaftskasse war verschwunden. Eine Summe im unteren fünfstelligen Bereich war weg – gestohlen. Aber von wem?
Eine sensible Geschichte. Schließlind sind Verdächtigungen für die Zusammenarbeit zwischen Mannschaft und Betreuern nicht ungefährlich. Der Teamgeist könnte darunter leiden. Doch zumindest in diesem Bereich gab es offenbar keine Einbußen, wie der weitere Saisonverlauf zeigt. Als Aufsteiger erkämpfte sich Werder in bisher 23 Partien 30 Punkte und liegt damit auf Tabellenplatz elf – elf Punkte vor den Abstiegsrängen.
„Ja, die Mannschaftskasse ist vor einigen Monaten weggekommen. Wir wissen nicht, wo sie geblieben ist“, bestätigt Clemens Fritz als Werders Leiter Profi-Fußball auf Nachfrage unserer Deichstube den Vorfall: „Das hat uns alle ziemlich geärgert und damals auch für etwas Unruhe gesorgt. Wir haben darüber natürlich ausführlich gesprochen und auch die Polizei eingeschaltet, aber ohne Ergebnis.“
Eigentlich ist die Kabine ein Hochsicherheitstrakt und ausschließlich den Spielern sowie den engsten Mitarbeitern vorbehalten. Doch in Werders TV-Doku ist zu sehen, wie zum Beispiel bei der Aufstiegsfeier quasi ein Tag der offenen Tür in der Umkleide der Profis herrschte. Das ist zwar kein Dauerzustand, aber Fritz gesteht: „Es haben an manchen Tagen einfach sehr viele Personen Zutritt zur Kabine.“
Werder Bremen schränkt Zugang zur Kabine weiter ein
Wo genau sich dort die Mannschaftskasse befand, will Fritz nicht verraten. Es würden sich jedenfalls mehrere Spieler darum kümmern – auch um die Einzahlungen. Dabei geht es vor allem um Strafgelder. Wer zum Beispiel zu spät zum Training oder zur Teamsitzung kommt, muss zahlen. Und das nicht zu knapp. Manchmal wird aus der Kasse etwas für den guten Zweck gespendet. Den Rest nutzt die Mannschaft nach Saisonende für eine Party oder Reise. Da dürfte den Bremern in diesem Jahr nun einiges an Geld fehlen.
Inzwischen wird wieder fleißig gesammelt. Auf ihre Mannschaftskasse wollen die Profis nämlich nicht verzichten. Aber Clemens Fritz betont gerade mit Blick auf die Tage mit viel Besuch in der Kabine: „Wir müssen da noch besser aufpassen und haben die Zugänge noch mehr eingeschränkt.“ Dass der Dieb aber auch aus dem Kreise der Mannschaft oder der Betreuer kommen könnte, ist natürlich nicht ausgeschlossen. Dem Vernehmen nach ist es aber offenbar im Profi-Fußball keine absolute Seltenheit, dass in der Kabine schon mal eine Uhr oder ein Portemonnaie verschwindet. Dass plötzlich eine ganze Mannschaftskasse fehlt, ist dagegen ziemlich ungewöhnlich.
Großer Teamgeist bei Werder Bremen
Die Aufregung habe sich in Bremen dennoch schnell gelegt, sagt Fritz und stellt klar: „Auf die gute Stimmung innerhalb des Teams hatte das keinen Einfluss.“ Da zahlt es sich wohl auch aus, dass der Teamgeist in dieser Saison besonders groß ist – sehr wahrscheinlich auch größer als andernorts. „So etwas muss wachsen. Die Mannschaft, die abgestiegen ist, hatte den unbedingten Willen, sofort wieder nach oben zu kommen. Da wurde jeder Spieler, der neu gekommen ist, sofort mitgenommen. Das hat gut funktioniert“, erzählt Fritz und erklärt: „Mit Ausnahme von Ömer Toprak sind von diesem Gerüst an Führungsspielern alle noch da. Deswegen sind nicht automatisch alle die besten Freunde, das geht in einer Mannschaft auch gar nicht. Es ist nicht alles toll und schön. Aber die Jungs verbringen gerne ihre Zeit miteinander.“ Daran habe auch die Geschichte mit der Mannschaftskasse nichts geändert. Das Vertrauensverhältnis sei absolut intakt, sagt der Ex-Profi, das gelte auch für die zahlreichen Mitarbeiter im direkten Umfeld der Mannschaft.
Kommt es innerhalb des Teams dennoch mal zu Schwierigkeiten, dann würde gerade von den Führungsspielern eine schnelle Lösung angestrebt, so Fritz: „Wer mal auf dem Platz nicht mitzieht, wird angesprochen und zurück ins Team geholt. Auch bei anderen Problemen reagieren die Spieler sofort und reden miteinander. So kann eine Geschichte gar nicht erst hochkochen, sondern wird direkt geklärt.“