Marco Friedl verlagerte das Gewicht, trat von einem Bein aufs andere. Und lieferte die passenden Worte zum Bild: „Wir tappen etwas auf der Stelle“, erklärte der Kapitän des SV Werder Bremen, meinte damit aber natürlich nicht seinen eigenen Auftritt vor der Kamera des Senders DAZN, sondern den aktuell gesamtmannschaftlichen Status quo. Stillstand statt Fortschritt. Die kleinen, durchaus vorhandenen Entwicklungsstufen lässt der Aufsteiger durch eigene Unzulänglichkeiten nahezu unsichtbar werden.
Und deshalb kommt Werder nicht vom Fleck – erlebt tabellarisch sogar eine Rückwärtsbewegung. Noch zögerlich, aber das kann sich schnell ändern. Vor allem dann, wenn die nun folgenden richtungsweisenden Partien bei den direkten Konkurrenten Hertha BSC (Samstag, 15.30 Uhr) und FC Schalke 04 (29. April, 18.30 Uhr) ebenfalls wieder Rückschläge bieten. Wodurch den Bremern nun echte Wochen der Wahrheit ins Haus stehen.
Ole Werner lässt sich von den Besonderheiten des Spielplans allerdings nicht treiben. „Auch in Berlin wird es nur drei Punkte geben“, erklärt er gelassen. „Wir sind sehr gut beraten, wenn wir es wirklich Aufgabe für Aufgabe angehen. Die letzten Wochen zeigen ja, dass es keine Spiele gibt, von denen man sagt: Hier musst du, beim nächsten kannst du.“
Jedoch hat sich sein Team inzwischen in eine Lage manövriert, in der es wieder mehr auf das Müssen als das Können ankommt. Zumindest dann, wenn es um das Punkten geht. Richtet sich der Fokus aufs Verteidigen, dann spielt auch das Können eine eminent wichtige Rolle. „Wir machen Woche für Woche die gleichen Fehler. Dann machen wir zwar ein gutes Spiel, aber kriegen es nicht über die Zeit und verlieren es in wenigen Minuten“, ärgerte sich Kapitän Friedl, der momentan selbst nicht immer die beste Figur abgibt.
Clemens Fritz, Werders Leiter Profifußball, hat das jüngste 1:2 gegen den SC Freiburg ebenfalls noch länger beschäftigt. „Ich habe mich extrem über die Niederlage geärgert, weil wir eigentlich ein richtig gutes Spiel gemacht haben. Wir hatten nur wieder ein, zwei Situationen drin, in denen wir nicht wachsam genug waren“, bemängelt der 42-Jährige im Gespräch mit unserer Deichstube. „Wir müssen die Flanken besser verteidigen, wir müssen im Strafraum enger dran sein an den Gegenspielern. Das ist kein Qualitätsproblem, sondern es geht um Achtsamkeit. Es geht nicht allein um die Abwehr, wir machen alle Fehler.“
Das Wissen um die Schwächen ist theoretisch viel wert, nur bekommen die Bremer die Behebung nicht in die Praxis umgesetzt. Und das frustet. Viel Zeit zur Trendwende bleibt nicht. Sechs Spiele stehen noch aus. Um auch die allerletzten Zweifel am Klassenerhalt zu beseitigen, werden noch ein paar Pünktchen benötigt. Besser schneller als später, damit das große Zittern verhindert wird.
Werders Vorsprung auf die Abstiegszone steht auf wackeligen Beinen
Als Tabellenzwölfter ist die Ausgangslage vor dem Endspurt noch in Ordnung, aber der Acht-Punkte-Vorsprung auf die Abstiegszone steht auf wackeligen Beinen. „Wir müssen das Momentum wieder auf unsere Seite ziehen“, wünscht sich Fritz. „Das geht nur gemeinsam als Gruppe. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen.“ In die gleiche Kerbe schlägt Ole Werner, der auch das Spielglück zurückerobern will. Wie? „Indem wir weiterarbeiten und dranbleiben. Das ist aber gar nicht so einfach, denn die anderen Mannschaften arbeiten natürlich auch. Es ist jedoch das Einzige, was du machen kannst.“

„Ich sage das ja die ganze Zeit schon: Wir wissen, worum es geht und worum wir spielen": Werder-Trainer Ole Werner.
Damit das Polster nicht noch weiter schrumpft. Der Puls nicht noch weiter steigt, als er es nach den letzten Ergebnissen ohnehin schon getan hat. Zumindest im Fanlager. Ole Werner bewahrt die Ruhe. „Sorge ist das falsche Wort, aber achtsam müssen wir immer sein“, bekräftigt Werders Chefcoach. „Ich sage das ja die ganze Zeit schon: Wir wissen, worum es geht und worum wir spielen. Das ist jetzt keine neue Erkenntnis.“ Und Clemens Fritz ergänzt: „Wir wissen, dass wir noch Punkte brauchen, alle sind sensibilisiert.“ Der Ex-Profi hebt jedoch auch hervor: „Ich bin kein Freund davon, jetzt Ängste zu schüren. Du brauchst dieses Positive und darfst nicht alles schlecht reden.“
Zumal ja auch nicht alles schlecht war. Das ist eben auch Teil der Wahrheit. Vor allem bei einem Aufsteiger wie Werder. Nur das allein sichert nicht die Ligazugehörigkeit. Dafür braucht es Erfolgserlebnisse. Für den Kopf und die Tabelle. Am besten direkt am Samstag in der Hauptstadt. „Individuell müssen wir uns verbessern und es ist jetzt die Aufgabe, das in Berlin und im restlichen Saisonverlauf umzusetzen“, fordert Werner. „In Berlin müssen wir alles raushauen. Nach dem Trainerwechsel wird die Hertha von der ersten Sekunde an voll da sein“, prognostiziert Fritz. „Das wird sehr herausfordernd. Da müssen wir gegenhalten.“
Ohne Getrippel auf der Stelle. Das weiß auch Marco Friedl: „Es kommen wichtige Wochen auf uns zu. Wir müssen den Kopf freikriegen und schauen, dass wir die Punkte wieder einfangen.“