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Werder Bremen Dinkci über Trainer Werner: „Auch von seiner Seite kam nichts“

Er galt als großes Talent, der Durchbruch blieb Eren Dinkci in Bremen aber verwehrt. Im Sommer ließ sich der 21-Jährige nach Heidenheim ausleihen, wo er nun aufdreht. Eigentlich wollte er schon viel früher weg.
13.09.2023, 19:17 Uhr
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Von Daniel Cottäus

Torschütze vor 80 000 Fans in Dortmund – was ist das für ein Gefühl, Herr Dinkci?

Eren Dinkci: Ein superschönes. Es war ein ganz besonderer Moment. Mein erstes Bundesligator lag ja schon eine lange Zeit zurück (Dinkci erzielte im Dezember 2020 in Mainz den 1:0-Siegtreffer für Werder; Anm. d. Red.). Da war es einfach schön, endlich mal wieder erfolgreich zu sein. Auch, weil meine ganze Familie und meine Freundin im Stadion waren. Ich habe erst relativ spät realisiert, dass der Ball wirklich drin ist, weil meine Sicht verdeckt war. Erst beim Jubel der Fans habe ich es gemerkt.

Sie haben beim Heidenheimer 2:2 gegen den BVB den wichtigen 1:2-Anschlusstreffer erzielt. Ganz ehrlich: Wie oft haben Sie sich das Tor seitdem schon angesehen?

Ich habe es tatsächlich als kurzes Video auf dem Handy. Meine Familie hat die Szene von der Tribüne aus gefilmt, und ich muss sagen: Das Tor ist perfekt aufgenommen. Ich schaue es mir gerne an.

Drei Ligaspiele hat der 1. FC Heidenheim bisher absolviert, dreimal standen Sie in der Startelf. Ein Gefühl, das Sie in Bremen fast gar nicht kannten. Wie lebt es sich als Stammspieler eines Bundesligisten?

Ich würde das jetzt nicht zu hochjubeln. Es waren ja erst ein paar Spieltage. Natürlich freut es mich, dass ich von Anfang an dabei war, aber da kommen schon noch ein paar Aufgaben auf uns zu. Ich hoffe einfach, dass ich fit und gesund bleibe und möglichst viele Minuten sammeln kann. Der Start war gut. Drei Bundesligaspiele von Anfang an, das sind zwei mehr, als ich in Bremen hatte.

Seit der Saison 2020/21 gehören Sie Werders Bundesligakader an, der große Durchbruch ist Ihnen bisher aber nicht gelungen. Wann ist die Entscheidung bei Ihnen gereift, in diesem Sommer einen anderen Weg zu gehen und sich ausleihen zu lassen?

Ich will ehrlich sein: Die Überlegung, mich ausleihen zu lassen, hatte ich schon im vergangenen Sommer nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga. Wir hatten viele gute Stürmer im Kader. Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch waren natürlich gesetzt, weil sie sehr gut harmoniert haben. Am Ende hat es mit der Leihe nicht geklappt, weil der Verein mich nicht abgeben wollte. Es hieß, dass ich ein wichtiger Teil der Mannschaft sei. Ich hatte dann zwar auch meine Spielzeit, aber immer in den letzten Minuten. Da ist es für einen jungen Spieler nicht immer einfach, sofort reinzufinden. Bei mir ist dadurch etwas die Unbekümmertheit verlorengegangen, die mich in Werders U19 und U23 noch ausgezeichnet hat. In Heidenheim habe ich das Gefühl, dass sie Stück für Stück zurückkommt.

Wie hat Werders Trainer Ole Werner Ihnen ihre Rolle denn erklärt?

Ich hatte mit dem Trainer nur ein Gespräch, als ich die Überlegung zu einem Tapetenwechsel hatte. Er hat mir damals gesagt, dass er mich nicht gehen lassen möchte. Danach hatten wir kein solches Gespräch mehr.

Gar nicht mehr? Sie haben sich doch zwei Jahre lang fast täglich gesehen?

Na ja, ich bin auch kein Typ, der unnötig viel redet und vielleicht etwas verschlossen wirkt. Ich habe das Gespräch mit dem Trainer nicht mehr gesucht. Auch von seiner Seite aus kam nichts. Die Ausleihe nach Heidenheim habe ich mit Clemens Fritz (Werders Leiter Profifußball; Anm. d. Red.) und meinem Berater besprochen.

Das hört sich jetzt nicht nach dem besten Verhältnis an. Die Leihe nach Heidenheim läuft für eine Saison, und Ihr Vertrag bei Werder noch bis 2025. Ist es Ihr Wunsch, im nächsten Jahr nach Bremen zurückzukehren?

Ich habe bei Werder dann ja noch ein Jahr lang Vertrag. Ich habe auch gelesen, dass Clemens Fritz gesagt hat, dass ich im Sommer zurückkommen soll. Fest steht, dass Werder immer in meinem Herzen sein wird. Ich liebe den Verein und die Fans – und natürlich die Stadt. Ich wurde in Bremen geboren, meine Familie und Freunde leben dort. Das ist meine Heimat, und das wird sich niemals ändern.

Am Sonntag kommt es nun zu Ihrem ersten Profispiel gegen Werder. Mit welchen Gefühlen schauen Sie auf das Duell?

Ich freue mich darauf, dass ich die Jungs wiedersehe. Bei einem Fan-Treffen in Heidenheim wurde ich gerade erst gefragt, ob ich mir vor diesem Spiel besonderen Druck mache. Ich habe geantwortet, dass es auf jeden Fall das Spiel sein wird, in dem ich am motiviertesten bin. Das war schon im Jugendbereich so, wenn ich mit meinen Mannschaften gegen Werder gespielt habe. Da wollte ich mich immer beweisen. So ist es bis heute.

Unser Trainer wird uns auf jeden Fall gut einstellen auf Werder.

Sie kennen die Bremer Mannschaft natürlich bestens. Was ist am Sonntag möglich für Heidenheim?

Wir sind Aufsteiger und deshalb auch in diesem Spiel sicher nicht der Favorit. Das kann uns aber in die Karten spielen. Uns darf man nicht unterschätzen. Wir haben gegen Wolfsburg in der zweiten Halbzeit ein gutes Spiel gemacht. Gegen Hoffenheim dann über 75 Minuten, und am Ende hätten wir eigentlich gewinnen müssen. Auch die zweite Hälfte gegen Dortmund war stark von uns. In Heidenheim zu spielen, ist für die Gegner sehr oft sehr unangenehm. Die Voith-Arena ist eng gebaut, die Fans sind laut. Unser Trainer wird uns auf jeden Fall gut einstellen auf Werder.

Gutes Stichwort: Welche Rolle hat Frank Schmidt bei Ihrer Entscheidung für den Wechsel nach Heidenheim gespielt?

Eine ganz große. Er war derjenige, der mich angerufen hat. Eigentlich war mit Düsseldorf alles schon so gut wie durch, doch es hat sich etwas hinausgezögert. In meinem Urlaub hat sich dann Frank Schmidt gemeldet. Er hat mir seinen Plan erzählt. Wir haben 40 Minuten lang miteinander gesprochen, und die Zeit verging wirklich wie im Flug. Nach dem Gespräch habe ich direkt meinem Berater geschrieben und meinen Vater angerufen, um ihm zu sagen: „Ich gehe nach Heidenheim.“

Aktuell sind Sie mit einem Spitzenwert von 34,99 Stundenkilometern der sechstschnellste Spieler der Bundesliga. Interessieren Sie solche Zahlen, oder lässt Sie das kalt?

Das ist relativ schlecht, muss ich sagen, denn ich bin mal über 35 gelaufen... Nein, Spaß beiseite. Wenn wir einen Tag nach dem Spiel unsere persönliche Analyse bekommen, interessiert mich eher, wie viel ich insgesamt gelaufen bin und wie viele Sprints ich hatte. 90 Minuten am Stück zu spielen, ist aktuell ja Neuland für mich. Aber dass ich schnell bin, weiß ich natürlich.

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Kann man Tempo trainieren oder ist das hauptsächlich Veranlagung?

Schwer zu sagen. Klar, ich mache Krafttraining und ein paar Programme, aber wie viel das am Ende wirklich ausmacht, weiß ich nicht. Das erste Mal, dass ich gemerkt habe, dass ich schnell bin, war in der U19 von Werder, als wir einen Sprinttest gemacht haben. Ein Nachteil ist es sicherlich nicht.

Herr Dinkci, zum Abschluss eine Klassikerfrage: Angenommen, Sie treffen am Sonntag gegen Werder – Torjubel oder nicht?

Erst mal muss ich ja erfolgreich sein, und dann kann man weiterschauen. Ich denke aber, dass ich aus Respekt vor Werder nicht jubeln würde.

Das Gespräch führte Daniel Cottäus.

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