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Nachfolge von Frank Baumann Fritz ist der Richtige – doch Werder muss sich kritisch hinterfragen

Es war eine logische Entscheidung, dass Clemens Fritz zum Sportgeschäftsführer wird. Doch die lange Suche sorgte für Unruhe im Verein. Kritik muss sich der Aufsichtsrat gefallen lassen, meint Jean-Julien Beer.
23.02.2024, 16:48 Uhr
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Fritz ist der Richtige – doch Werder muss sich kritisch hinterfragen
Von Jean-Julien Beer

Das Werder-Logo hat die Form einer Raute, die Vereinsfarben sind Grün-Weiß und der Nachfolger von Frank Baumann wird Clemens Fritz: So ist das in Bremen. Die Beförderung von Fritz zum Sportgeschäftsführer erlangte folgerichtig nicht den Rang einer Sensationsmeldung. Es ist eine logische Entscheidung, die in dieser Form absehbar war.

Fritz ab Sommer das Baumann-Erbe anzuvertrauen, ist nicht nur deshalb richtig, weil der langjährige Kapitän und Ehrenspielführer gezielt für diese Rolle im Verein aufgebaut wurde. Er hat durch ein internationales Managementstudium auch ein breites Wissen erworben und gehört somit nicht zu jenen Ex-Spielern, die glauben, sie könnten einen Profiklub einfach so führen. Vor allem aber übernahm Fritz zuletzt schon erfolgreich viele Aufgaben von Baumann: Werders Kader trägt bereits die Handschrift des künftigen Chefs.

Clemens Fritz steht für Weiterentwicklung, nicht für Revolution

Es wäre verwunderlich gewesen, die jahrelange Förderung von Fritz nun nicht mit der Berufung zum Geschäftsführer zu vollenden. Und es wäre riskant gewesen: Denn mit einer Entscheidung für einen externen Sportchef wäre dem Verein nicht nur der Ur-Werderaner Fritz verloren gegangen, sondern auf einen Schlag die komplette sportliche Führung. In einer Phase, wo es mit Platz sieben in der Bundesliga so gut läuft wie seit Jahren nicht, hätte ein Abschied von Baumann und Fritz unnötige Unruhe ausgelöst.

Klar ist: Fritz steht für eine Weiterentwicklung, nicht für eine Revolution. Letztere hätte es, wenn überhaupt, vor drei Jahren im Abstiegskampf gebraucht, um den folgenschweren Absturz in die zweite Liga zu verhindern. Jetzt aber, wo es sportlich und wirtschaftlich stabiler läuft, wäre eine sportliche Neuausrichtung der falsche Ansatz. Gleichwohl weiß Fritz, dass er nicht der Wunschkandidat aller Fans ist, weil viele die personellen Gefälligkeiten innerhalb der Werder-Familie kritisch sehen. Die zielgerichtete Art, mit der sich Fritz seit der Zweitligasaison aus dem Schatten seines Förderers Baumann gearbeitet hat, lässt aber den Schluss zu, dass er eigene Wege gehen möchte. Grundsätzlich geht es ohnehin nicht um Sympathien, sondern um sportliche und wirtschaftliche Ergebnisse. Sonst würden in Bremen längst Ailton und Pizarro den SV Werder führen, nach Lust und Laune und eher halbtags.

Kritisch hinterfragen muss Werder Teile des Aufsichtsrates, in dessen Verantwortungsbereich die Ernennung eines Geschäftsführers lag. Es klang nach Wichtigtuerei und sorgte für eine überzogene Erwartungshaltung, dass unrealistische Namen wie Leverkusens Simon Rolfes oder Frankfurts Markus Krösche von internen Kandidatenlisten den Weg in die Öffentlichkeit fanden. Schlimmer aber, auch für den Umgang miteinander, waren die Indiskretionen nach der ersten Präsentation von Clemens Fritz vor den Räten. Anonym wurde danach in den Boulevardmedien der Region sinngemäß gestreut, der Kandidat Fritz habe keinen vom Hocker gerissen. Man kann das intrigant finden oder auch hier wichtigtuerisch – jedenfalls wird Fritz das nicht selbst gestreut haben. Es war ein böses Foul. Hier ist Werders Aufsichtsrats-Chef Hubertus Hess-Grunewald gefordert, den einen oder anderen mal deutlich zurückzupfeifen.

Internationale Suche endete im Büro nebenan

Wie gelassen Fritz den langen Auswahlprozess und auch die Gerüchte ertragen hat, spricht für ihn. Er konnte dabei darauf vertrauen, dass er etwas mitbringt, was ihn von anderen Kandidaten unterscheidet: Nämlich, dass er den SV Werder in allen Facetten versteht. Genau das war Teil des Stellenprofils und letztlich mit ausschlaggebend. So sehen sie nun einmal aus, Werders Sicherheitsmechanismen, mit denen die Handelnden sich und ihren Verein vor zu starken externen Einflüssen schützen. Bei der Investorensuche lief das ähnlich: Auch da wurden aufwendig einige fremde Geldgeber gesucht, die am Ende aber nie den gewünschten Werder-Facetten entsprachen.   

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Dass für die Geschäftsführersuche eine externe Personalberatungsagentur bezahlt wurde, um national wie international nach dem besten Kandidaten zu fahnden und dann wenig überraschend im Büro nebenan fündig zu werden, das wird man den Mitgliedern bei kritischen Nachfragen vielleicht noch erklären müssen. Mit Wohlwollen kann man es als Indiz dafür interpretieren, dass der Verein nach klammen Jahren wieder etwas mehr Geld hat.

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