Der Blick auf die Tabelle lädt zum Träumen ein. Vorsichtig zwar, aber eben auch nicht völlig unberechtigt. Zwar schwanken die Leistungen des SV Werder Bremen mitunter, doch die Ergebnisse stimmten zuletzt fast ausnahmslos, was die Mannschaft von Trainer Ole Werner nach 22 Spieltagen tatsächlich bis auf Rang sieben des Klassements klettern ließ. Bis Position sechs werden die Tickets für das internationale Geschäft verteilt, vier Punkte Rückstand haben die Grün-Weißen aktuell auf diese Zone. Doch es könnten sich noch einige Hintertürchen auftun, die Werder auf anderem Wege die erstmalige Rückkehr in den Europapokal seit 2010 ermöglichen würden.
Offiziell gibt sich intern noch niemand den verlockenden Fantasien hin. „Wir wissen, wo wir herkommen“, betont Clemens Fritz als Leiter Profifußball im Gespräch mit unserer Deichstube. „Vor ein paar Wochen haben wir noch über ganz andere Themen gesprochen. Das sollte man nicht vergessen.“ Mit dem alleinigen Ziel, die Bundesliga-Zugehörigkeit für ein weiteres Jahr zu sichern, waren die Bremer in diese Saison gegangen. Von der absoluten Gefahrenzone hielt sich die Mannschaft zwar fern, schaffte es lange Zeit aber auch nicht, ein beruhigendes Polster aufzubauen. Bis jetzt. 13 Zähler beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz, nach zuletzt vier Siegen aus fünf Spielen haben die Profis allmählich Lust auf mehr.
Seit Wochen schon heben sie hervor, dass sie lieber nach oben als nach unten in der Tabelle schauen möchten. Clemens Fritz bleibt dennoch vorsichtig: „Ich schaue nur auf die Leistung. Es sind noch einige Spiele zu gehen“, erklärt der 43-Jährige, der einst selbst als Spieler regelmäßig mit Werder in den europäischen Wettbewerben unterwegs war. „Wir wollen sicher die Klasse halten und uns als Mannschaft weiterentwickeln. Alles andere ist gerade kein Thema für mich.“ Bislang geht dieser Plan ganz gut auf. „Die Mannschaft hat nach dem Spiel gegen Heidenheim die richtige Reaktion gezeigt“, sagt Fritz mit Blick auf den jüngsten 1:0-Erfolg beim 1. FC Köln. „Es war eine reife Leistung auf einem schwierigen Platz. Wir haben als Gruppe sehr gut verteidigt und wussten, dass wir vorne immer für ein Tor gut sind. Dieses Selbstvertrauen haben wir uns erarbeitet. Ich sehe eine Weiterentwicklung der Mannschaft.“
Hintertürchen ermöglicht Teilnahme an der Conference League
Ein Prozess, der Werder tabellarisch aktuell richtig gut dastehen lässt. Und wer weiß, womöglich reicht am Ende tatsächlich schon der jetzige Rang sieben, um international zu spielen – nämlich dann, wenn Bayer 04 Leverkusen den DFB-Pokal gewinnt. Der derzeitige Bundesliga-Tabellenführer steht nicht in Verdacht, noch aus den Top-Sechs des Tableaus zu stürzen, durch einen möglichen Pokal-Triumph in Berlin würde es automatisch einen Nachrücker für das europäische Parkett geben. Eben den Siebtplatzierten, für den es dann in die Conference League ginge. Es existiert sogar noch ein weiteres Hintertürchen, das momentan zumindest einen ganz kleinen Spalt geöffnet ist: Der kontinentale Fußballverband Uefa hat zur Saison 2024/25 die Regularien für die Champions League geändert, künftig sind dort 36 statt 32 Clubs vertreten. Zwei der zusätzlichen Startplätze werden über die Einjahreswertung der Uefa an jene Länder vergeben, deren Vereine zuvor am erfolgreichsten waren.
Aktuell führt Italien das Ranking der laufenden Spielzeit an, danach kommt schon Deutschland mit einem ganz knappen Vorsprung auf England. Damit das so bleibt, müssen die international noch vertretenen Teams des FC Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig, Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt und SC Freiburg in ihren nächsten europäischen Duellen weiterhin erfolgreich sein und wertvolle Punkte holen. Deutschland hätte dann am Ende ein fünftes Team in der Champions League – und in der Bundesliga gäbe es einen weiteren Nachrücker für die Europa beziehungsweise Conference League. So könnte im Optimalfall sogar Platz acht in der Liga reichen, um international dabei zu sein – falls Leverkusen eben den DFB-Pokal gewinnt. Bliebe dieser Coup in der Hauptstadt aus, aber die Ausbeute in der Uefa-Einjahreswertung stimmt weiterhin, ginge es um Rang sieben. Ziemlich viel Theorie, zumal Werder erst selbst noch mit weiteren sportlichen Erfolgserlebnissen in Vorleistung gehen muss. Es sind eben noch zwölf Partien in der Bundesliga zu absolvieren, da kann eine Menge passieren. Aber auch viel Gutes. Träumen wird ja wohl noch erlaubt sein.