Zugegeben, neu ist der Gag nicht, seine Interpretation durch Ole Werner aber dennoch uneingeschränkt zu empfehlen. Folgendes Setting: Im festlich geschmückten Studio steht der 36-Jährige vor der Kamera, an einem geschmückten Tisch mit Keyboard drauf. Rollkragenpullover hoch geschlossen, der Blick ernst - so beginnt Werner vermeintlich "Jingle Bells" zum Besten zu geben. Anfangs ist er dabei hoch konzentriert, dann mehr und mehr groovend, ehe er seine Rolle verlässt und lachend mit dem Satz "Das ist zu viel..." aus dem Bild geht. Pointe: Das Keyboard spielt einfach weiter.
Als Kurzvideo ist die Szene Teil des digitalen Adventskalenders, den der SV Werder Bremen in diesem Jahr aufgelegt hat - auf die Frage, ob er womöglich wirklich Keyboard spielen kann, sagte Cheftrainer Werner am Donnerstag: "Nein, das will wirklich keiner hören, wenn ich mal richtig loslege." Für Feiertagsstimmung möchte er ohnehin auf anderem Wege sorgen, möchte in den verbleibenden beiden Spielen vor dem Jahreswechsel "aus einem guten halben Jahr ein sehr gutes machen". Den bisherigen Saisonverlauf kurz vor Weihnachten quasi vergolden.
Aktuell hat Werder nach 13 Spieltagen 19 Punkte auf dem Konto und ist Zehnter. Mal angenommen, es kämen jetzt noch vier oder gar sechs Zähler hinzu - die Mannschaft würde ziemlich sicher auf einem einstelligen (und vielleicht sogar europäischen) Tabellenplatz überwintern, darüber hinaus ja ohnehin als DFB-Pokal-Viertelfinalteilnehmer. Kein allzu schlechtes Szenario. "Die Chance ist da. Wir wollen mit zwei positiven Ergebnissen aus dem Jahr gehen", betont Werner, für dessen Bremer Hürde eins bei der Erfüllung dieses Plans am Sonnabend (18.30 Uhr) FC St. Pauli heißt.
Der Aufsteiger rangiert mit elf Punkten auf Platz 15, liegt damit knapp über dem Strich und grundsätzlich im Soll. Am heimischen Millerntor hat das Team von Chefcoach Alexander Blessin aber erst einen Sieg eingefahren. Im Nordduell gegen Werder soll bestenfalls Nummer zwei her. "Ich erwarte eine außergewöhnliche Atmosphäre, wie es sie am Millerntor oft gibt. Damit müssen wir umgehen und schauen, dass wir bei uns bleiben", sagte Werner vor dem mit Spannung erwarteten Spiel.
Allein Werder hätte im Vorfeld 30.000 Tickets verkaufen und das Millerntor-Stadion damit alleine füllen können. Was freilich nicht machbar war. So sind es "nur" etwa 3.200 Fans, die ihr Team am Sonnabend auf die kurze Reise nach Hamburg begleiten. Womöglich besser, wenn sie reichlich Geduld mitbringen, denn an St. Paulis Defensive beißt sich die Bundesliga bisher die Zähne aus. Erst 17 Gegentreffer hat die Mannschaft kassiert, nur bei Spitzenreiter Bayern München (10), RB Leipzig und Union Berlin (beide 14) ist der Wert noch niedriger.
"St. Pauli ist eine Mannschaft, die nicht viele Chancen zulässt und sehr gut verteidigt. Das ist für einen Aufsteiger bemerkenswert", lobte Werner und richtete den Blick auf sein eigenes Team: "Es wird darum gehen, dass wir defensiv an das anknüpfen, was wir in den letzten Spielen gezeigt haben und gleichermaßen offensiv die Räume nutzen, von denen es gegen St. Pauli in der Regel nicht viele gibt." Es spricht also vieles dafür, dass Werder nach dem Pokalspiel gegen Darmstadt (1:0) und dem Ligaduell in Bochum (1:0) das dritte Mal in Folge mit vergleichbarer Bauart bevorsteht. Oder wie Werner es ausdrückte: "Es wird ein enges Spiel, auf das wir uns freuen." Wie gesagt: Es könnte Schritt eins von zwei zur vergoldeten Bremer Weihnacht werden. Ganz ohne Keyboard und "Jingle Bells".