Ein wenig gemein sind Statistiken ja schon. Da war es Marvin Ducksch, der mit seiner Freistoßflanke den Führungstreffer des SV Werder Bremen während des Auswärtsspiels bei Eintracht Frankfurt auf den Weg brachte, doch weil Teamkollege Jens Stage bei der Abnahme zunächst an Torhüter Kevin Trapp scheiterte und erst Milos Veljkovic im zweiten Anlauf traf, taucht Duckschs Zutun in keiner Assist-Datenbank auf. Die bis dato letzte offizielle Vorlage bleibt so der Eckball vor dem Kopfballtreffer von Mitchell Weiser gegen Union Berlin (1:2) Mitte März – auf ein eigenes Tor wartet der Angreifer nun sogar schon seit acht Spielen. Wasser auf die Mühlen jener Kritiker, die den 30-Jährigen lieber auf der Bank als auf dem Rasen sehen würden. Doch anders als in der jüngeren Vergangenheit lässt Ducksch dieses Mal den Gegenwind ganz lässig vorbeiziehen.
„Tore und Vorlagen sind mir nicht so wichtig. Ich messe mich daran nicht“, betont der gebürtige Dortmunder. „Ich versuche, der Mannschaft grundsätzlich zu helfen, in den letzten Wochen war es eben nicht mit Toren oder Vorlagen. Wenn ich irgendwann nicht mehr helfe, wird sich der Trainer für einen anderen Spieler entscheiden, aber so weit ist es noch nicht gekommen.“ In der Tat: Chefcoach Ole Werner hat bislang überhaupt keine Zweifel am Status von Marvin Ducksch aufkommen lassen. Nach einer wichtigen Rolle beim Wiederaufstieg und einer anschließend starken Bundesliga-Saison ist der Offensivmann auch jetzt ohne Wenn und Aber gesetzt, wo es etwas hakt.
Während der Hinrunde hatte die Ausbeute noch gestimmt, sieben Tore hatte Ducksch da erzielt und fünf weitere aufgelegt. Die Form war so gut, dass sich sogar Bundestrainer Julian Nagelsmann meldete, den Bremer nominierte und ihm zu zwei Länderspieleinsätzen verhalf. Zuletzt wurde er aber nicht berücksichtigt, im DFB-Team haben sich andere Profis in den Vordergrund gespielt und das EM-Ticket im Visier. Im Grunde erlebt Marvin Ducksch gerade mit Verzögerung jene Phase, die ihm im vergangenen Sommer bereits von vielen Seiten prognostiziert worden war – mit dem Abschied von Niclas Füllkrug zu Borussia Dortmund.
Ohne seinen kongenialen Nebenmann fehlt der verlässliche Partner, anfangs ließ sich dieser Verlust trotz stets wechselnder Sturmpartner noch kompensieren. Jetzt gelingt das nicht mehr, auch weil um Ducksch herum weiterhin munter das Personal kreiselt. Mal verletzungsbedingt, mal aus Leistungsgründen. Oder weil – wie im Fall von Rafael Borré – der Stürmer nicht mehr da ist. „Es ist immer schwierig, weil es unterschiedliche Spielertypen sind, auf die man sich aber natürlich einstellen kann“, sagt Ducksch. Zuletzt in Frankfurt tauchte plötzlich Mittelfeldspieler Romano Schmid an seiner Seite auf. „Ich wusste, was da auf mich zukommt, denn gerade mit Romano komme ich sehr gut zurecht“, erklärt der Angreifer. „Wir suchen uns, wir finden uns. Klar weiß ich, dass er nicht der klassische Stürmer ist, aber er hat es gut gemacht. Jetzt haben wir vorne vielleicht eine neue Option.“
An der Weser wird in diesen Tagen recht häufig darauf hingewiesen, wie schwierig es generell derzeit für die Mannschaft ist, ins sogenannte letzte Drittel zu kommen. Durch spielerische Defizite und Ungenauigkeiten im Passspiel machen sich die Protagonisten aktuell selbst das Leben schwer. Gepaart mit der permanenten Fluktuation neben Marvin Ducksch entstand die aktuelle Flaute des Torjägers. Der winkt trotzdem ab. „Das weiß ich nicht. Ich will da weg von meiner Person“, meint er. „Ich versuche, mir das Tor oder die Vorlage weiter zu erarbeiten. Natürlich ist es schwierig, weil ich in jedem Spiel eine andere Rolle einnehme. Manchmal spiele ich ein Stück weiter links, dann dahinter. Mit Fülle (Niclas Füllkrug, Anm. d. Red.) war die Rollenverteilung ganz klar, da wusste ich, in welchen Räumen ich mich bewegen muss. Jetzt sind es ein Stück weit ganz andere Räume, weil die Spielertypen einfach ganz anders sind. Das bedeutet auch für mein Spiel ein bisschen Anpassung, aber ich versuche, es bestmöglich hin zu bekommen und bin mir sicher, dass das eine oder andere Tor in dieser Saison noch kommen wird.“
Während es mit dem Sammeln von Toren zuletzt haperte, klappte es mit den Gelben Karten umso besser – was niemanden wirklich freut. Neun Mal zückten die Schiedsrichter inzwischen den Karton, lediglich in einem Fall war ein eigenes Foul die Ursache. Die weiteren Verwarnungen gab es für eine Schwalbe sowie als Teilnehmer an einer Rudelbildung, gar in sechs Fällen hatte Ducksch – wie zuletzt auch gegen Frankfurt – über eine Entscheidung des Unparteiischen gemeckert. „Ich muss mich da ein bisschen zügeln“, gibt er zu, „aber das sind einfach Emotionen, weil ich das Spiel gewinnen möchte. Ich muss das jedoch mehr für mich behalten.“
Findet auch Ole Werner, der erst in der vergangenen Woche deutlich gemacht hatte, dass er sich eigentlich keine Wiederholung von Duckschs Gezeter wünscht. Als es gegen die Eintracht dann doch passierte, gab es von der Seitenlinie prompt einen Rüffel von Torwarttrainer Christian Vander. Und später natürlich den nächsten Zuwachs für die Mannschaftskasse. „Wenn ich dem Team mit dem Meckern helfen kann, zahle ich gerne“, sagt Ducksch, will es aber dennoch eindämmen. „Ich versuche ja wirklich nur, mich für die Mannschaft einzusetzen. Es ist ja nicht gegen irgendjemanden, sondern für uns.“ Eine Abhilfe leistende Idee hat er jedoch noch parat und meint lächelnd: „Vielleicht macht das im nächsten Spiel einfach mal jemand anderes.“