Aus Oldenburg berichtete Sportredakteur Heinz Fricke am 13. Mai 1981:
Das Meisterstück fiel leichter als erwartet. Werders Zweitligafußballer dürfen sieh seit gestern Abend 20.14 Uhr wieder als erstklassig betrachten, denn zu diesem Zeitpunkt pfiff Schiedsrichter Wasmuth aus Bochum die Partie ab. Der VfB Oldenburg hatte vollauf verdient mit 0:5 (0:2) Toren verloren. Damit ist der SV Werder nach 25 Spielen ohne Niederlage, nach einer seit dem 23. Oktober anhaltenden Erfolgsserie, zwei Spieltage vor Saisonschluß nicht mehr einzuholen.
Dennoch versprach Trainer Otto Rehhagel für Freitagabend im letzten Heimspiel der Saison gegen Victoria Köln noch ein Finale voller Engagement: „Wir wollen weiter gewinnen!" Daran ist angesichts der Cleverneß, mit der Werder die beiden wichtigsten Punkte gestern abend unter Dach und Fach brachte, kaum zu zweifeln. Die Oldenburger Mannschaft war ohne Chance — Aufregung gab es nur auf den Rängen.
- Oldenburg: Krult, Damjanoff, wedemann (46. Kalkbrenner), Darsow, Zoller, Lemke (68. Meisterfeld), Steinder, Osterkamp, Hoormann, Specht, Klinge.
- Bremen: Burdenski, Fichtel, M. Haskamp, Siegmann, Otten, Möhlmann, Rautianen, Kamp, Bracht, Kostedde, Meier (63. Behrens).
- Schiedsrichter: Fiene (Herne).
- Tore: 0:1 Siegmann (8.), 0:2 Meyer (32.), 0:3 Behrens (76.).
- Zuschauer: 18.000 (ausverkauft).
Die Entscheidung war praktisch schon nach acht Minuten gefallen. Da köpfte der aufgerückte Vorstopper Siegmann einen Bracht-Freistoß unhaltbar zum 1:0 ins Oldenburger Tor, und Trainer Bohnsack ahnte auf der Bank Schlimmes: „Jetzt ist kaum noch etwas zu machen. Gegen diese ausgekochten Profis hätten wir nur eine Chance gehabt, wenn es möglichst lange 0.0 gestanden hätte!" Der Coach der Gastgeber sollte recht behalten.
Denn obwohl der VfB Oldenburg vor allem nach der Halbzeit häufiger in der Bremer Hälfte anzutreffen war als umgekehrt — die weitaus größeren Chancen hatten nach wie vor die Bremer Gäste. So versäumten Kostedde, Meier und Möhlmann es nach dem Wechsel bei Riesenmöglichkeiten, das Ergebnis noch weiter auszubauen. Erst Uwe Behrens stellte per Kopfball nach einem Bracht-Freistoß den Endstand her — sehr zur Freude von Otto Rehhagel, der strahlte: „Ich weiß, wie gefährlich der Lange in solchen Situationen ist. Gerade weil er so oft hat zusehen müssen, war das für ihn ein hervorragender Abschluß!"
Das wichtigere Tor hatte jedoch Norbert Meier geschossen. In der 31. Minute nahm er einen Paß von Otten noch in der eigenen Hälfte auf, stürmte den zu weit aufgerückten Oldenburgern davon und überlistete Torwart Kuit mit einem Schuß in die lange Ecke. Nicht nur der Schlußmann der Oldenburger hatte in diesem Augenblick — da Norbert Meier schon weit abgedrängt war — einen Flankenball erwartet. Damit waren die Würfel gefallen.
Werder spielte bis zur letzten Minute konzentriert im Stil einer abgeklärten Profi-Elf durch, hervorragend dirigiert von Libero Klaus Fichtel, dem in den neunzig Minuten nicht ein Fehler unterlief. Gleich nach ihm ist Uwe Bracht zu nennen, der verzwickte Situationen immer wieder durch Musterpässe löste, über den die meisten der so gefährlichen Konter eingeleitet wurden. Die fleißigen Möhlmann und Kamp im Mittelfeld, der immer wieder druckvoll über den linken Flügel vorpreschende Johnny Otten sowie der mit erstaunlichem Selbstbewußtsein auftrumpfende Martin Haskamp waren die auffallenden Bremer Spieler in einer Mannschaft, in der keinen schwachen Punkt gab.
Kritische Situationen gab es in Oldenburg eigentlich nur am Spielfeldrand. Denn Werders Anhänger waren schon nach einer Stunde sicher, daß am Aufstieg nicht mehr zu zweitein war, und benahmen sich entsprechend.
Die Hektik auf der Gegengeraden wurde Immer größer, je näher der Schlußpfiff rückte, und als zwölf Minuten vor dem Abpfiff eine größere Gruppe von mit Schlagstöcken bewaffneten Polizisten zwischen Bande und
Spielfeld Stellung bezog, fühlten sich die, Fans offensichtlich besonders gereizt. Es kam zu einigen Festnahmen. Der Schiedsrichter unterbrach die Partie, und Ruhe kehrte erst wieder ein, als Manager Assauer quer über den Platz lief und beschwichtigend auf die tobenden Anhänger einredete.
Der Manager allerdings war hinterher vor allem auf die staatliche Gewalt schlecht zu sprechen. „Unmöglich, wie sich der diensthabende Kommissar benommen hat. Mich wollte er wegjagen mit den Worten, ich hätte hier nichts zu suchen. Und seinen Beamten befahl er .Haut ihnen auf die Köpfe, sowie sie sie über die Bande kommen!"
Als dann wirklich der Schlußpfiff ertönte, hatten sich die Gemüter beruhigt, und auch den Bremer Spielern war nicht besonders nach Jubeln zumute — insgeheim war der Aufstieg wohl auch für sie schon beschlossene Sache gewesen. Strahlend kam eigentlich nur einer vom Platz: Amateur Martin Haskamp, dessen Spiel keineswegs weniger profihaft gewesen war als das seiner Mannschaftskameraden.
Auch in der Kabine war der Sekt, den Fotografen und Fernsehleute unbedingt festhalten wollten, nicht aufzufinden. „Gefeiert wird später, jetzt gibt es nur Selters", versicherte Otto Rehhagel, Vorher jedoch hatte VfB-Vorsitzender Bosdien keinen Zweifel daran gelassen, daß er dem Sieger von gestern Abend eine schwere Zukunft in der Bundesliga prophezeit: „Das war nicht bundesligatauglich, ich bin von Werder enttäuscht. Die Mannschaft hätte doch viel mehr Druck machen müssen", kommentierte er die Partie. Mußte sich dann aber von seinem Trainer berichtigen lassen: „Werder hat profihaft gespielt, und nur darauf gewartet, uns abzuschießen. Dem konnten wir nur redliches Bemühen entgegensetzen."
Drei Stunden später, als die Werdermannschaft in ihrem Trainingsquartier in Achim eingetroffen war, floß dann allerdings doch der Sekt.