Es ist der unrühmliche Höhepunkt einer ziemlich unglücklichen Geschichte, aber noch nicht das Ende: Naby Keita wurde für seinen Spiel-Boykott vor der Partie in Leverkusen zwar bis zum Saisonende am vergangenen Wochenende suspendiert und zu einer „erheblichen Geldstrafe“ verdonnert, wie der Club mitteilte, seine Zukunft in Bremen ist allerdings offen. Nach Informationen unserer Deichstube wurde sich noch nicht auf eine Auflösung des bis 2026 laufenden Vertrags geeinigt, sie wird allerdings angestrebt und muss nun nach der Saison ausgehandelt werden. Bis dahin ist Keita bei Werder ziemlich isoliert. Er darf nicht mit der Mannschaft trainieren und sich auch nicht in der Kabine aufhalten. Der 29-Jährige bekommt für individuelle Einheiten einen eigenen Trainer gestellt. Seine Geldstrafe soll dem Vernehmen nach bei 100.000 Euro liegen und orientiert sich an entsprechenden Inhalten seines Vertrags.
Keita zeigte sich offenbar einsichtig
„Wir haben umfangreiche Gespräche mit Naby und seinen Beratern geführt und haben uns auch die nötige Zeit dafür genommen. Er war einsichtig und weiß, dass er da einen Riesenfehler gemacht hat“, berichtet Clemens Fritz. Dem Leiter Profifußball ist deutlich anzumerken, dass ihn diese Geschichte schwer beschäftigt. Gerne hätte er auf so drastische Maßnahmen verzichtet: „Aber wir konnten das nicht durchgehen lassen und mussten entsprechend reagieren.“ In der Pressemitteilung hatte er schon betont: „Das Verhalten von Naby ist für uns als Verein nicht zu tolerieren. Mit dieser Aktion hat er sein Team in einer sportlich und personell angespannten Situation im Stich gelassen und sich über die Mannschaft gestellt.“
Nachdem Keita am Samstag erfahren hatte, dass er am Sonntag in Leverkusen nicht zur Startelf gehören wird, war er nach Hause gefahren und nicht mit den Kollegen in den Bus Richtung Rheinland gestiegen. Bereits am Spieltag deuteten Fritz und Trainer Ole Werner deutliche Konsequenzen. Am Montag setzten sich die Werder-Verantwortlichen dann mit Keita und dessen Beratern zusammen. Eine Entscheidung wurde auf Dienstag vertagt und schließlich am Mittag verkündet. Wie es nach der Suspendierung weitergeht, teilte Werder nicht mit. Keitas Vertrag mit den Grün-Weißen läuft noch bis 2026 und ist jährlich mit geschätzt 1,5 Millionen Euro dotiert. Eine fristlose Kündigung war aus arbeitsrechtlichen Gründen nach dem Vorfall nicht möglich. „Was nach der Saison passiert, werden wir sehen. Unser voller Fokus muss jetzt den letzten Spielen gelten. Deswegen ist dieses Thema für uns nun abgehakt“, stellte Fritz klar.
Seit Wochen herrscht große Unruhe bei Werder – und das nicht nur wegen der sieben Spiele in Folge ohne Sieg und der unnötigen Rückkehr in den Abstiegskampf. Nick Woltemade und Eren Dinkci sorgten mit ihren Entscheidungen gegen eine Zukunft bei Werder für große Diskussionen. Auch Mitchell Weiser werden Wechselabsichten nachgesagt. Und Marvin Ducksch beschwerte sich zu Wochenbeginn im Podcast „kicker meets DAZN“, dass ihn die Fans nicht mögen und sich einen Wechsel von ihm wünschen. Dazu kommen die vielen Sperren und Verletzungen, außerdem soll es im Team ordentlich rumoren. Keine optimalen Vorzeichen für das so wichtige Heimspiel am Sonntag (15.30 Uhr) gegen den VfB Stuttgart und die restlichen vier Partien im Saisonendspurt.
Bei Werder herrscht seit Wochen Unruhe
Wer hätte das vor zehn Monaten gedacht? Die Verpflichtung von Keita löste damals eine große Euphorie aus. Werder wurde für den Transfercoup gefeiert. Schließlich gehörte Keita zu der Kategorie Topspieler, die für die Bremer eigentlich unerreichbar sind – und dann gab es ihn auch noch ablösefrei. Der FC Liverpool hatte auf eine Vertragsverlängerung verzichtet, weil Keita in der Vergangenheit zu oft ausgefallen war. 2018 hatte der Club vom deutschen Coach Jürgen Klopp eine Ablösesumme von 60 Millionen Euro für den Mittelfeldspieler von RB Leipzig bezahlt. Und zumindest phasenweise zeigte Keita auch seine Klasse in der Premier League, gewann mit dem FC Liverpool die Meisterschaft und sogar die Champions League. Seine Ausfallzeiten wurden aber immer länger, vor allem muskuläre Probleme machten ihm zu schaffen. Deswegen winkten auch sehr viele Clubs ab, als ihnen im Sommer Keita angeboten wurde. Werder dagegen griff zu – und erlebte schnell eine erste Enttäuschung. Beim Aufwärmen zum ersten Testspiel verletzte sich Keita Mitte Juli und fiel zwei Monate aus. Nach zwei Kurzeinsätzen im September folgte Anfang Oktober die Startelf-Premiere, die mit der nächsten Muskelverletzung endete.
Ende November stand Keita zwar wieder zur Verfügung, wurde aber von Werner nicht berücksichtigt. Es folgte die Teilnahme beim Afrika-Cup als Kapitän der Nationalmannschaft von Guinea. Dort stand er viermal auf dem Platz, beim Aus im Viertelfinale sogar über die komplette Spielzeit. Das ließ die Bremer hoffen. Doch eine Magen-Darm-Grippe stoppte den einstigen Topstar. Bei seinen beiden Kurzeinsätzen in der Bundesliga und vor allem im Testspiel gegen Hannover 96 wirkte Keita überhaupt nicht fit und spielte ohne jegliches Tempo. Nun folgten sein Boykott und die Suspendierung – offenbar ein Resultat des großen Frustes nach einer völlig verkorksten Zeit in Bremen.