Natürlich steht erst einmal der Sport im Vordergrund, wenn ein Verein wie Werder Bremen absteigt. Die Fans machen sich dann viele Gedanken, welche Spieler kommen oder gehen sollen. Für einen Manager wie Frank Baumann sind diese Planungen immer ein schwieriger Spagat: Einerseits braucht man in der zweiten Liga eine günstigere Mannschaft, andererseits soll und muss man direkt um den Aufstieg mitspielen – und schafft den am Ende idealerweise mit einem Kader, dessen Gerüst für die Bundesliga gut genug ist.

Grün auf Weiß ist die Werder-Kolumne des WESER-KURIER, in der Chefreporter Jean-Julien Beer einen Blick hinter die Kulissen des Bundesligisten wirft, Zusammenhänge erklärt und die Entwicklungen im Verein einordnet.
Im sportlichen Bereich lässt sich der Erfolg solcher Umbaumaßnahmen an jedem Spieltag bewerten. Doch damit ist es bei einem Wirtschaftsunternehmen wie dem SV Werder noch nicht getan. Auch in der Verwaltung des Zweitligisten musste der schmerzhafte Spagat irgendwie gelingen: Der grün-weiße Apparat sollte auch nach dem Abstieg am Laufen gehalten werden, um den Sport, die Fans, die Medien und die Sponsoren vernünftig bedienen zu können – jedoch stand fürs Personal deutlich weniger Geld zur Verfügung. Das war und ist sogar doppelt herausfordernd, denn niemand kann vorhersagen, in welcher Liga es im nächsten Sommer weitergeht und wieviel Geld demnach für Verträge mit Mitarbeitern zur Verfügung steht.
Deshalb schwingt in jedem Abstiegskampf auch die Sorge mit, sich aus Kostengründen von Angestellten trennen zu müssen. Das war auch in Bremen so. Inzwischen lässt sich das genauer beziffern: Nach dem Abstieg hat Werder die Personalkosten in der Verwaltung um 1,5 Millionen Euro reduziert, zwölf Angestellte haben den Klub in der zweiten Liga verlassen. Der prominenteste Fall war Thomas Schaaf, dessen Vertrag als Sportlicher Direktor nicht verlängert wurde.
Jenseits der Fußballprofis arbeitet Werder nur noch mit 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Was nach viel klingt, ist in der Fußball-Wirklichkeit ein schlanker Apparat, auch im Vergleich mit anderen Traditionsvereinen: Der VfB Stuttgart oder der Hamburger SV zum Beispiel beschäftigen jeweils 300 Angestellte in allen Abteilungen. Trotz des Sparzwangs durch die Pandemie und den Abstieg musste Werder unter der Regie von Geschäftsführer Klaus Filbry sehr genau abwägen, wo man den Rotstift vielleicht besser nicht ansetzt: So leistet man sich in Bremen weiterhin eine eSports-Abteilung, weil sie sich finanziell inzwischen selbst trägt und sie auch für das Image und die Kundenanwerbung ein wichtiger Faktor geworden ist. Manchmal half auch der Zufall beim Sparen: So warb der 1. FC Köln den Bremern überraschend ihren langjährigen Mediendirektor ab, Michael Rudolph, was aber gar nicht weiter schlimm war, weil der Nachfolger Christoph Pieper bereits seit zwei Jahren im Verein wirkte.
Eines ist schon jetzt klar: Steigt Werder auf, werden auch die Personalkosten in der Verwaltung nicht wieder frühere Dimensionen erreichen. Schließlich will und muss sich der Verein nach harten Monaten wirtschaftlich stabilisieren – und ist dabei auf einem guten Weg. Obwohl der Abstieg und die Pandemie jeweils rund 40 Millionen Euro an Einnahmen gekostet haben, wird das aktuelle Geschäftsjahr mit Gewinn abgeschlossen. Die Einsparungen in der Verwaltung tragen zum positiven Ergebnis bei. Auch hier lohnt der Blick zu anderen Klubs: Wie es in der Branche heißt, dürfte Eintracht Frankfurt sein Geschäftsjahr mit einem Minus von etwa 30 Millionen Euro abschließen, obwohl die Hessen sogar in der Europa League spielen.
Werder ist in der Verwaltung nun so schlank aufgestellt, dass der Verein mit diesem Apparat auch ein weiteres Jahr in der zweiten Liga überstehen würde. Was danach an Sparmaßnahmen greifen müsste, ist noch offen.
Ohne den Direktor Thomas Schaaf gibt es bei Werder aktuell noch sieben Direktionen – für die Bereiche Kommunikation, Finanzen, Vertrieb, Nachwuchsleistungszentrum, Personal & Recht, Mitgliederverwaltung & Sportarten sowie Corporate Social Responsibility (CSR). Clemens Fritz fungiert trotz seiner Dauerpräsenz nicht als Direktor, sondern eine Ebene tiefer als „Leiter“ für Scouting und Profifußball. Dass Fritz bald Sportdirektor wird, dürfte ein logischer Schritt bei Werder sein – unabhängig von der Spielklasse. Einen Sportdirektor gibt es bei vielen anderen Klubs auch.