Ein Kurztrip sieht anders aus. Egal, ob per Auto, Bus oder Zug – die Anreise nach Freiburg nimmt eine quälend lange Zeit in Anspruch. Die Profis des SV Werder haben es da etwas besser: Sie werden die Tour vom Norden des Landes bis tief hinein in den Süden mit dem Flugzeug zurücklegen – und dabei obendrein in den Genuss kommen, wieder direkt auf der Landebahn neben dem Europa-Park-Stadion anzukommen. Ein absolutes Novum in der Liga, viel angenehmer geht es kaum.
Das Prozedere kennen die Profis bereits aus der Vergangenheit – und trotzdem wird es auch für sie eine Reise ins Ungewisse. Wegen der sportlichen Komponente. Die vermeintlich schwierigste Aufgabe der Liga haben die Bremer bekanntlich bereits hinter sich, doch vor dem 0:4 gegen den FC Bayern München gab es eben auch die vermeintlich einfachste Aufgabe. Und dabei flog Werder eben beim Drittligisten Viktoria Köln aus dem DFB-Pokal.
Was die bange Frage aufwirft: Wo steht das Team denn nun genau? Die passende Antwort soll das Auswärtsspiel beim SC Freiburg (Sonnabend, 15.30 Uhr) liefern – verständlicherweise wird ein positiver Ausgang bevorzugt. Doch auch Chefcoach Ole Werner weiß, dass der Weg dorthin beschwerlich ist. „Es ist kein ,Wünsch dir was'“, betont er, „sondern es liegt an uns selbst, die Arbeit so zu machen, dass es ein gutes Spiel für uns wird.“
Wer auf die nackten Ergebnisse schaut, erkennt schnell, dass seine Mannschaft genau damit so ihre Probleme hat. Nicht nur nach der Sommerpause, sondern auch schon davor. So schleppt Werder aus der Vorsaison irgendwie immer noch einen unsichtbaren Rucksack mit sich herum, dessen störendes Gewicht auf dünnen 15 Punkten und dem damit verbundenen vorletzten Tabellenplatz der Rückrundentabelle basiert. Das kann nicht nur für den Körper, sondern vor allem für den Kopf ein schwerwiegender Störfaktor sein.
Doch Ole Werner empfiehlt seinen Spielern, solche Langzeit-Rückblicke allenfalls den Medien zu überlassen. „Ich glaube nicht, dass es besonders zielführend ist“, meint der 35-Jährige und erinnert: „In der Rückrunde haben wir im Schnitt 16 Feldspieler zur Verfügung gehabt, die im Trainingsbetrieb standen. Wir haben das dann immer mit Jungs aus der Jugend aufgefüllt – und da weiß ich nicht, ob so wahnsinnig viele andere Mannschaften mehr Punkte geholt hätten.“ Genau deshalb steht für Werner fest: „Ich glaube nicht, dass uns Rückschlüsse aus dem halben Jahr vor der Sommerpause helfen, um jetzt die richtigen Entwicklungsschritte vorzunehmen.“
Schlüsselfaktor Defensive
Einer dieser Schritte betrifft weiterhin die Abwehrarbeit. Nach sieben Gegentoren aus den ersten beiden Pflichtspielen wird auch im Breisgau wieder ganz genau auf die Bremer Defensivleistung geschaut werden. In Freiburg zumindest wird die grün-weiße Situation nicht ganz so schwarz gesehen wie mitunter in Werders Fanlager. „Bremen hat gegen Bayern sehr gut gearbeitet, die Mannschaft hatte gute Umschaltmomente und einen überragenden Standard, bei dem Marvin Ducksch auf Niclas Füllkrug spielt“, hat Trainer Christian Streich beobachtet. „Es waren echt gute Momente im Bremer Spiel dabei, in denen sie den Ausgleich machen können.“
Und der 58-Jährige hat gleich noch mehr Qualitäten entdeckt, auf die er seine Elf vorbereiten will: „Wenn wir Druck machen, spielen sie lange Bälle auf den kopfballstarken Füllkrug. Wenn wir abwartend spielen, verdichten sie die Räume und arbeiten hart gegen den Ball. Das machen sie gut“, lobte Streich. „Ich erwarte eine sehr bissige und aggressive Mannschaft, die nicht an Zauberfußball gemessen wird, sondern daran, wie sie verteidigt. Es ist schwierig, gegen sie zu spielen.“
Worte, die am Osterdeich gut angekommen sein dürften. Schließlich hat es zuletzt reichlich Kritik gehagelt – und regelmäßig den Vorwurf, dass es eben alles andere als schwierig sei, gegen Werder zu spielen. Oder zu gewinnen. Im Badener Land gibt es nun die nächste Gelegenheit, den heimischen Eindruck zu widerlegen. „Wir haben ein Auswärtsspiel, bei dem wir das Selbstvertrauen und Wissen haben, dass wir auch dem SC Freiburg die Stirn bieten können, wenn wir an unsere Leistungsgrenze gehen“, sagt Ole Werner. „In Freiburg brauchst du immer Intensität in deinem Spiel. Wir sind vom Kopf her gefordert, aber vor allem auch körperlich. Da wird es ganz entscheidend sein, dass wir da auf der Höhe sind.“
Damit sich die Zahl der bösen Überraschungen in Grenzen hält. „Das Spiel der Freiburger ist nichts völlig Neues, aber trotzdem entwickelt sich jede Mannschaft weiter und hat Veränderungen in der Spielanlage oder beim Personal“, erklärt Werders Trainer. „Es ist eine Mannschaft, die uns gut bekannt ist und sehr eingespielt ist. Der eine weiß, was der andere tut.“
Exakt daran krankte es im Auftreten seiner eigenen Spieler. Da funktionierte die Abstimmung samt Aufgabenverteilung viel zu häufig nicht wie gewünscht. Wodurch enorme Lücken klafften. Was die jeweiligen Gegner eiskalt bestraften. Es war das altbekannte Spiel aus Bremer Sicht. Eines, aus dem es noch keinen Ausweg gab. Deshalb nun die nächste Reise ins Ungewisse.