Der Arbeitstag begann mit einem Ständchen. Nicht für irgendwen, sondern für den Cheftrainer des SV Werder Bremen. Schließlich hat Ole Werner am Donnerstag seinen 35. Geburtstag gefeiert. Und so probierten sich seine Spieler auf dem Trainingsplatz erst einmal an einer kleinen Gesangseinlage. Wesentlich schwieriger ist die Herausforderung, die sie am Samstag um 18.30 Uhr erwartet. Irgendwie sollen sie es schaffen, den FC Bayern München zu bezwingen. Endlich mal wieder. Seit mehr als 14 Jahren haben genau das diverse Werder-Mannschaften versucht, sie alle sind daran gescheitert. Bleibt der Rekordmeister nun auch im 27. Duell in Folge ungeschlagen, wäre das ein neuer Bundesligarekord. Einer, auf den an der Weser wirklich niemand scharf ist. Manch Dauerkartenbesitzer kündigt da bereits teils scherzhaft, teils ernst gemeint, einen Verzicht auf den nächsten leidvollen Besuch eines Heimspiels gegen die Bayern an. Ole Werner empfiehlt aber, auch dieses Mal ins abermals ausverkaufte Weserstadion zu kommen.
Vor Bayern-Spiel: Werner hat klaren Plan
„Es wäre sehr ärgerlich, wenn es doch mal anders kommt und er dann ausgerechnet an dem Tag nicht da war“, meint der Bremer Coach lächelnd. „Der Fußball ist auch deshalb so beliebt, weil es immer diese Geschichten gibt. Es ist klar, dass wenn du als Aufsteiger gegen eine internationale Topmannschaft wie die Bayern spielst, vorher nicht allzu viele auf dich setzen. Trotzdem kannst du immer in eine Position kommen, bei der am Ende mit ein bisschen Glück etwas geht. Das müssen wir aber mit unserer eigenen Leistung erst einmal hinbekommen.“
Wie genau das eigene Auftreten ausschauen soll, hat Werner genau vor Augen: „Wir müssen als Mannschaft griffig und unangenehm sein, unsere Chance dort suchen, wo es der Gegner vielleicht auch zulässt“, sagt er. „Für uns kommt es auf die Grundlagen des Fußballs an: Kompaktheit, Zweikampfführung, das gegenseitige Unterstützen. Aber selbst wenn du das zu 100 Prozent machst, wird es Situationen geben, in denen eine Mannschaft mit dieser Qualität trotzdem Lösungen hat. Da ist es dann wichtig, eine gewisse mentale Stabilität zu haben.“ Was fraglos leichter gesagt ist als getan – wenngleich die Bremer in dieser Saison schon häufiger bewiesen haben, dass sie Rückschläge verkraften können. Allerdings haben sie auch schon ein paar zu viele davon kassiert. Tabellarisch ist die Ausgangslage mit sieben Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz aber weiterhin verhältnismäßig angenehm.
Werders heutiger Leiter Profifußball Clemens Fritz war noch als Aktiver dabei, als die Grün-Weißen letztmals vor eigenem Anhang gegen die Süddeutschen gewannen. Das ist sogar noch ein bisschen länger her als der Beginn der jetzigen Schreckensserie. Am 21. Oktober 2006 gab es einen begeisternden 3:1-Erfolg, bei dem nicht nur Publikumsliebling Diego traf, sondern ein gewisser Pierre Womé auch noch ein überaus sehenswertes Freistoßtor erzielte. Ganz präsent sind die Bilder in Fritz‘ Gedächtnis nicht mehr. „Ich habe ehrlicherweise eher weniger gute Erinnerungen an die Spiele gegen die Bayern“, gibt er zu. Aber er weiß natürlich, was alles zusammenkommen muss, damit die schier übermächtigen Münchener tatsächlich überrumpelt werden können. „Du brauchst einen guten Tag, musst über deine Leistungsgrenze hinausgehen“, zählt der 42-Jährige auf. „Du musst mutig spielen und dir etwas zutrauen – dann kannst du auch die Bayern schlagen.“
Bayern zeigt teils ungewohnte Schwächen
Beim Branchenprimus lief bekanntlich zuletzt nicht alles rund. Es gab das Aus im DFB-Pokal, später auch in der Champions League. Vorher war der Trainer schon getauscht worden, statt Julian Nagelsmann hat inzwischen Thomas Tuchel das Kommando. In der Liga gab es zwar zuletzt einen 2:0-Erfolg gegen Schlusslicht Hertha BSC, doch zuvor zeigte das Team Schwächen gegen die TSG 1899 Hoffenheim (1:1) und den FSV Mainz 05 (1:3). Bietet der Spitzenreiter aktuell also tatsächlich etwas mehr Angriffsfläche als sonst? „Es ist immer schwierig, wenn man bei solch einer Mannschaft über Schwächen spricht“, betont Ole Werner. „Wenn wir darüber sprechen, dass sie in Mainz verloren haben, dann gehört zur Wahrheit auch dazu, dass sie nach einer halben Stunde eigentlich 3:0 oder 4:0 hätten führen müssen. Ähnlich war es gegen Hoffenheim. Wir werden auch darauf angewiesen sein, dass der Gegner nicht seinen effektivsten Tag hat. Aber dafür werden wir auch etwas tun müssen.“
Vor allem muss Werder Tore verhindern. In den vergangenen acht Partien gab es stets mindestens zwei Gegentreffer, was nicht gerade das beste Omen für die Partie gegen die Bayern ist. Die Null zu halten, erscheint da fast ausgeschlossen. „Es ist möglich, aber nicht einfach“, weiß Werner, der in diesem Zusammenhang abermals auf die Grundtugenden des Fußballs hinweist. Damit es vielleicht tatsächlich etwas wird mit einem in positiver Hinsicht besonderen Spiel gegen den großen FC Bayern München. „Ich erinnere mich an Pokalfinals zwischen beiden Vereinen und auch daran, dass Werder mal in München die Meisterschale gewonnen“, sagt er. „Aber das ist sehr lange her.“ Letzteres sogar satte 19 Jahre, um genau zu sein. Der junge Ole Werner hatte da vier Tage zuvor gerade seinen 16. Geburtstag gefeiert.