Auch wenn der SV Werder Bremen bereits drei Pflichtspiele absolviert hat in dieser Saison, darunter das bittere Pokal-Aus bei Arminia Bielefeld, fühlt sich die Stimmung rund um den Osterdeich derzeit nach einem Neustart an. Fast so, als würde die Saison für die Grün-Weißen erst jetzt wirklich beginnen. Dafür hat sich in den vergangenen zwei Wochen im Kader schlicht zu viel verändert.
Zum einen stehen in Kapitän Marco Friedl und Jens Stage zwei erfahrene Führungsspieler vor ihrem Comeback nach Verletzung, zum anderen sind in Victor Boniface, Cameron Puertas sowie den bereits gegen Leverkusen eingesetzten Yukinari Sugawara und Isaac Schmidt vier Neuzugänge hinzugekommen, die allesamt das Potenzial haben, Werder sofort qualitativ zu verstärken. „Es ist erfreulich, dass wir Jungs dazubekommen haben, die alle Qualität und Energie mit in die Gruppe bringen“, sagt Cheftrainer Horst Steffen auf der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach (Sonntag, 17.30 Uhr) und betont: „Ich bin grundsätzlich sehr glücklich mit unserem Kader, so wie er jetzt aussieht.“
Besonders erfreut zeigt sich der 56-Jährige über die deutlich größere Auswahl an Spielern, die er nun von der Bank bringen kann. In den ersten Wochen standen ihm dort aufgrund später Transfers und zahlreicher Ausfälle größtenteils Nachwuchsspieler ohne Bundesliga-Erfahrung zur Verfügung. „Jetzt habe ich gute Spieler auf der Bank, denen ich sagen muss, dass sie nicht starten werden“, so Steffen. „Die Idee war, den Kader zu verbessern – und das ist uns gelungen.“ Von außen betrachtet wirkt Werder durch die vielen Veränderungen jedoch wie eine Wundertüte. Während vor wenigen Wochen wegen der personellen Engpässe noch über mögliche Abstiegssorgen diskutiert wurde, weckt die aktuelle Kaderzusammenstellung durchaus Hoffnungen auf mehr als nur einen Platz im Tabellenmittelfeld. Doch wie schnell sich das neu formierte Team tatsächlich zu einer Einheit findet, bleibt offen. Auch Steffen will sich nicht festlegen: „Es ist schwer zu sagen, wie weit wir genau sind.“ Gleichzeitig betont er die Vorfreude, mit der neuen Mannschaft zu arbeiten: „Ich freue mich auf die nächsten Wochen und darauf, dass wieder ein echtes Teamgefüge entsteht.“
Gehobene Gesamtstimmung im Verein
Dass dieser Prozess noch Zeit benötigt, daraus macht der Bremer Coach keinen Hehl: „Wir sind noch nicht da, wo ich die Mannschaft gerne sehen würde. Durch die Länderspielpause und viele Abstellungen sind wir nicht entscheidend weitergekommen, aber wir haben Qualität hinzugewonnen, die uns sehr guttut.“ Das hebt auch die Gesamtstimmung im Verein spürbar an. „Ich hatte schon zuvor gesagt, dass es uns guttun wird, wenn das Transferfenster geschlossen ist, weil dann diese Ungewissheit wegfällt“, erklärt Steffen. Allerdings trat dieser Zustand eben erst nach den ersten drei Pflichtspielen ein – mit Pokal-Aus und nur einem Punkt aus zwei Bundesliga-Partien. „Ein kompletter Neustart ist es deshalb nicht“, stellt Steffen klar. „Dafür nehme ich die ersten drei Spieler der Saison schon mit rein in die Bewertung.“ Mit der Tabellenkonstellation beschäftigt er sich dennoch nicht: „Ich war schon mal am dritten Spieltag Tabellenletzter und bin am Ende aufgestiegen“, sagt er mit einem Augenzwinkern und fügt hinzu: „Nach zwei Spieltagen bewerte ich deshalb keine Tabelle. Nach zehn Spieltagen kann man sehen, wie der Saisonstart wirklich war.“
Ein Sieg in Gladbach wäre dennoch hilfreich – nicht nur tabellarisch, sondern auch, um die Entwicklung der Mannschaft zu beschleunigen. „Es wird ein Duell zweier Teams, die qualitativ eng beieinanderliegen. Kleinigkeiten werden entscheiden, und ich sehe absolut unsere Chance, das Spiel zu gewinnen“, so Steffen. Dabei trifft Werder auf einen Gegner, der noch auf sein erstes Saisontor wartet und ebenfalls nur einen Punkt auf dem Konto hat. „Sie wollen im Borussia-Park sicher ihr erstes Tor erzielen – aber das wollen wir verhindern.“ Dies hat in den vergangenen Jahren am Niederrhein allerdings eher nur so mäßig bis gar nicht funktioniert – Werder wartet schließlich bereits seit 15 Jahren auf einen Erfolg in der Bundesliga bei der Fohlenelf.
Unabhängig vom Ergebnis am Wochenende legt Steffen jedoch Wert darauf, bei seinem Team Fortschritte zu erkennen. „Wir haben schon Ansätze von der Spielweise gesehen, die wir uns vorstellen. Mit den Neuzugängen können wir das noch klarer und besser auf den Platz bringen“, erklärt der Trainer. „Ich hoffe, dass man das am Sonntag bereits sieht.“ Der Kader zumindest deutet auf einen Bremer Neustart hin – wie schnell dieser aber auch auf dem Rasen sichtbar wird, dürfte sich am Sonntagabend zeigen.