Grün-Weißer geht es eigentlich nicht: Amos Pieper darf nicht nur im Weserstadion spielen, er kann es sogar von seinem Zuhause aus sehen. Und der 25-jährige Werder-Profi genießt es, weil es sportlich wie privat für ihn in Bremen nach seinem Wechsel im vergangenen Sommer bestens läuft. Fehlt eigentlich nur noch eine Einladung zur Nationalmannschaft. Bei dem Thema muss Pieper aber auch etwas klarstellen und nutzt die Gelegenheit zu einem Plädoyer pro DFB-Auswahl.
„Ich wurde ja damals gefragt: Wäre es ein Ziel für dich, Nationalmannschaft zu spielen?“, erinnert Pieper an ein Mediengespräch kurz vor Weihnachten. „Da wäre es ja komisch gewesen, wenn ich als 24-Jähriger und nach einem EM-Titel mit der U 21 gesagt hätte: ,Ich möchte nicht darüber reden oder ich habe keinen Bock drauf'.“ Denn natürlich sei genau das Gegenteil der Fall. „Ich fände es mega, irgendwann das erste Mal bei der A-Nationalmannschaft zu sein, weil ich durch die U 21 weiß, was das für ein Gefühl ist. Es ist das Schönste, was es gibt – eine richtige Insel, wo man hinkommt, wo die Besten aus dem Land sind.“
Zu denen zählt sich Pieper aktuell noch nicht. „Da fehlt noch ein Stück, deswegen bin ich auch nicht dabei“, sagt er. Aber den Traum will er sich nicht nehmen lassen und seine Schwärmerei für die Nationalmannschaft habe er im Dezember vergangenen Jahres durchaus bewusst öffentlich gemacht: „Mir ging es zu dem Zeitpunkt auch ein bisschen darum, dass wir alle, wir Spieler sowieso, aber auch die Medien, das Land, dass wir alle wieder so ein Miteinander finden müssen, was die Nationalmannschaft angeht, dass wir Bock darauf haben.“ Schließlich hatte sich Deutschland da gerade schon nach der Vorrunde von der WM in Katar verabschiedet.
Ob Pieper tatsächlich ein Kandidat für Bundestrainer Hansi Flick wird, muss sich zeigen. Bei Werder ist der Abwehrspieler immerhin schon eine feste Größe. Von den 25 Partien in der Bundesliga hat er nur eine verpasst – wegen einer Gelbsperre. 21 Mal stand Pieper in der Startelf. „Ich bin zufrieden, wie es bisher gelaufen ist.“ Und ganz ehrlich schiebt er noch hinterher: „Es war vielleicht nicht ganz so zu erwarten, dass ich so viele Spiele mache.“ Pieper betont dabei die große Konkurrenz in der Dreierkette: Marco Friedl, Niklas Stark und Milos Veljkovic besitzen ebenfalls schon ordentlich Bundesliga-Erfahrung. Pieper selbst kam von Absteiger Bielefeld an die Weser, hatte dort nach 57 Partien im Fußball-Oberhaus den schlimmsten Moment seiner Karriere erlebt. Da war das mit dem Selbstbewusstsein so eine Sache.
Der Abwehrspieler überzeugte aber von Beginn an mit seiner Robustheit, sicherte sich so nicht nur schnell einen Stammplatz, sondern auch einen Spitznamen – vergeben von der „Süddeutschen Zeitung“: „Sergio Amos“. In Anlehnung an Spaniens Starspieler Sergio Ramos (früher Real Madrid, jetzt Paris St. Germain). „Ich würde meine Spielweise schon als robust und resolut beschreiben. Aber ein Vergleich mit Sergio Ramos ist dann doch ein bisschen zu hoch gegriffen. Wenn es der Spitzname trotzdem sein soll, dann ist es okay, es gibt schlimmere. Auch wenn es bei ihm hier und da über die Grenzen des Erlaubten hinausgeht: Wenn man jetzt guckt, wie lange der sich in der Weltspitze schon hält, wie er spielt – das ist Wahnsinn!“, schwärmt Pieper. Ein bisschen schmeichelt ihm die Geschichte dann doch, wenngleich er noch berichtet, dass ihn nun niemand „Sergio Amos“ ruft. Aber das kann ja noch kommen.
Pieper will sich unbedingt weiterentwickeln. Auch deshalb ist er nach Bremen gewechselt. In Bielefeld habe er eine gewisse Stagnation verspürt. Bei Werder geht es für ihn persönlich voran, wenngleich er auch kritisch anmerkt: „Wenn ich auf einzelne Spiele schaue, bin ich nie ganz zufrieden.“ Da könne er in allen Bereichen zulegen. Aber Pieper denkt da nicht nur an sich, sondern auch ans Team: „Uns nervt, dass wir immer so viele Gegentore kriegen.“ Gerade in der Box müsse besser gearbeitet werden – nicht nur hinten, auch vorne. „Da haben wir hier und da ein bisschen was liegenlassen oder in zu einfachen Situationen Gegentore gekriegt. Daran haben wir gearbeitet, das wollen wir jetzt in den verbleibenden neun Spielen zeigen.“
In gut einer Woche beginnt mit dem Heimspiel gegen 1899 Hoffenheim (Sonntag, 17.30 Uhr) der Endspurt der Liga. Daher darf die Mannschaft noch einmal an drei freien Tagen durchschnaufen. „Da kann man ein paar Kräfte sammeln“, sagt Pieper. Er wird mit seiner Freundin nach Hamburg reisen. Ein bisschen Abstand zum Weserstadion ist vielleicht auch mal ganz gut. Dem ist er nämlich ansonsten so nah wie wohl kein anderer Werder-Profi. „Eigentlich gehe ich immer zu Fuß rüber“, sagt Pieper, der in einer typischen Bremer Altbauwohnung lebt. „Ob ich jetzt schon ein richtiger Bremer bin, sollen andere beurteilen. Aber ich fühle mich hier schon sehr zuhause.“