Der Weg war lang. Sehr lang. Doch Niklas Schmidt musste ihn einfach auf sich nehmen. Und so sprintete er voller Glücksgefühle einmal quer über den Platz und den frenetisch jubelnden Fans im Gästeblock entgegen. Die finalen Meter legte er auf den Knien rutschend und mit ausgebreiteten Armen zurück, ein Bild zum Einrahmen.
Kurz zuvor hatte der Profi des SV Werder das so wichtige 2:2 bei Borussia Dortmund erzielt. Nicht etwa mit dem Fuß, was beim ausgewiesenen Kunstschützen nur zu verständlich gewesen wäre. Stattdessen hatte der nicht gerade als Kopfballungeheuer bekannte Schmidt den Ball nach einer Flanke von Amos Pieper wunderschön und platziert mit der Stirn ins Netz befördert.
So richtig sprechen wollte Schmidt später über seinen Geniestreich nicht. Ein paar Worte gab es vor der vereinseigenen Kamera, bei den wartenden Journalisten winkte er freundlich, aber bestimmt ab.
Am Mittwoch, so teilte es Werder einen Tag nach der Partie mit, werde der 24-Jährige ausführlich in einer Medienrunde für Fragen zur Verfügung stehen. Aber immerhin gewährte das Club-TV nach dem überwältigenden 3:2-Erfolg der Bremer einen kleinen Einblick in Schmidts Emotions-Haushalt: „Ich kann es noch immer nicht begreifen, aber das werde ich in den nächsten Stunden wohl tun. Ich genieße einfach den Moment.“
Wie außergewöhnlich nicht nur die Schlussphase, sondern auch Schmidts Ausgleichstreffer per Kopf gewesen ist, brachte Trainer Ole Werner auf den Punkt. „Da habe ich auch nicht mit gerechnet“, gestand er ungläubig lachend. „Ich habe erst nicht genau gesehen, wer das Tor gemacht hat und hätte jetzt auch nicht auf ihn getippt ehrlicherweise. Aber als er dann den 80-, 90-Meter-Sprint zur Fankurve angezogen hat, wusste ich, dass er zumindest beteiligt gewesen sein muss.“
Erster Gratulant vor den eigenen Anhängern war Marvin Ducksch, mit ihm liefert sich Schmidt regelmäßig sehenswerte Freistoßduelle nach den Trainingseinheiten. Das verbindet. Im Spiel dagegen kann der Mittelfeldmann seine Qualitäten bei ruhenden Bällen nur selten beweisen, weil er momentan meist auf der Bank sitzt. Und nach einer Einwechslung bleibt in der Regel nicht viel Zeit, um auf eine Standardsituation in bester Position zu warten. Folglich müssen andere Glanzlichter her. So wie jetzt in Dortmund. „Niklas hat seine Stärken zwar grundsätzlich in einem anderen Bereich, aber Kopfbälle kann er auch ganz gut“, hielt Werner fest. „Das wussten wir noch nicht, er vielleicht aber auch nicht. Wir fahren jetzt schlauer nach Hause.“