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Frustration und Vernunft Werders zweigeteilte Gefühlswelt im Saisonendspurt

Nach dem Remis gegen Union Berlin sind einige Spieler der SV Werder Bremen verständlicherweise wütend. Doch man müsse auch auf die gesamten Leistungen der vergangenen Wochen blicken, sagt Clemens Fritz.
04.05.2025, 16:54 Uhr
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Von bvo


Der Schlusspfiff war erst wenige Augenblicke alt, die Bremer Köpfe nach dem späten 2:2-Ausgleich ohnehin schon gesenkt, da ließen es sich die Anhänger von Union Berlin nicht nehmen, noch eine Spitze in Richtung des SV Werder Bremen zu schicken. „In Europa kennt euch keine Sau“, schallte es lautstark von den Tribünen der Alten Försterei. Ein aus Bremer Sicht passender Abschluss eines Nachmittags, an dem sich alle in Grün-Weiß erst einmal sammeln mussten. „Ich musste erstmal in die Kabine gehen, um runterzukommen. Jeder ist angefressen, weil wir eine fette Chance hatten, das wiedergutzumachen, was wir letzte Woche haben liegen lassen“, sagte Kapitän Marco Friedl gegenüber den Journalisten. Der Abpfiff war da bereits einige Minuten vergangen, die Wut bei Friedl hatte sich allerdings nur bedingt gelegt.

„Ich bin extrem sauer auf uns. Jeder ist auf jeden sauer, weil wir dieses Spiel nicht unentschieden spielen dürfen, sondern gewinnen müssen“, redete sich Friedl in Rage und stellte klar: „In der Phase, in der wir uns befinden, müssen wir das einfach nach Hause bringen.“ Dass dies am Ende – aufgrund einer schwächeren zweiten Halbzeit und dem späten Traumtor von Laszlo Benes – nicht gelang, wurmte alle Bremer gewaltig. „Ich finde, dass wir ein ordentliches Spiel gemacht haben, aber in Summe fühlt es sich trotzdem wie eine Niederlage an“, erklärte Werders Geschäftsführer Fußball Clemens Fritz. Und auch Trainer Ole Werner zeigte sich spürbar enttäuscht vom Ausgang des Spiels: „Ein Punkt fühlt sich nach dem Spiel einfach zu wenig an – gerade jetzt, wo es um jeden Zähler geht.“

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Dabei hatte der Nachmittag in der Hauptstadt so vielversprechend begonnen. Früh stand eine 2:0-Führung für Werder auf der Anzeigetafel, nachdem Jens Stage bei seinem Doppelpack zunächst seine Abstauber-Qualitäten bewies (2.) und wenig später per sehenswertem Schlenzer (14.) den Traumstart perfekt machte. „Wir haben 35 Minuten lang ein super Spiel gemacht. Wir hatten gute Bewegungen, haben unsere Räume gefunden, waren aktiv und aggressiv. Das sah richtig gut aus“, resümierte Fritz. „Union hatte da keinen Plan, wie sie es gegen uns machen sollen“, meinte auch Friedl. „Dann lassen wir aber nach, lassen uns anstecken und kassieren so ein dummes Gegentor“, ärgerte sich der Innenverteidiger über die Knackpunktszene in der 37. Minute.

Der Anschlusstreffer durch Tom Rothe brachte nämlich nicht nur die Alte Försterei zum Kochen, sondern weckte auch die „Eisernen“ noch einmal auf, für die es in dieser Saison tabellarisch eigentlich um nichts mehr geht. „Nach dem 1:2 war es ein anderes Spiel, ein Kampfspiel, in dem Union super stark ist“, betonte Stage. Dass es am Ende noch zum Ausgleich kam, lag aus Friedls Sicht dennoch weniger an den Berlinern: „Wir hatten trotzdem das Gefühl, alles selbst in der Hand zu haben“, gab er Einblicke in die Werder-Gefühlswelt zur Halbzeit. Gebracht hat dieses positive Gefühl am Ende jedoch nichts. „Letzte Woche musste ich schon den gleichen Mist erzählen, heute stehe ich wieder hier und muss mich erklären“, schimpfte der Kapitän und zog ein ernüchterndes Fazit: „Wir sind einfach zu dumm.“

Wir spielen wirklich sehr gute Wochen. Deshalb sollten wir uns alle mal ein bisschen beruhigen.
Clemens Fritz

Während besonders Stage und Friedl ihren Frust mit Blick auf die Tabelle – Werder liegt drei Punkte hinter Platz sechs und dem nächsten Gegner RB Leipzig – deutlich machten, versuchte Clemens Fritz, die Enttäuschung etwas einzuordnen. Trotz des späten Remis wollte der Bremer Sportchef nicht akzeptieren, dass die gute Saison mit 47 Punkten nach 32 Spielen nun in ein schiefes Licht gerät. „Es ist nicht so, dass man an der Alten Försterei mal schnell vorbeifährt, drei Punkte mitnimmt und dann glücklich nach Hause fährt. Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Wir spielen wirklich sehr gute Wochen. Deshalb sollten wir uns alle mal ein bisschen beruhigen“, mahnte Fritz.

Doch damit war das Thema noch nicht erledigt. Auf die Ausgangslage vor dem kommenden Heimspiel gegen Leipzig angesprochen (Samstag, 15.30 Uhr) – Werder bräuchte bei drei Punkten Rückstand und nur noch zwei Spielen für das Erreichen von Europa dringend einen Sieg – reagierte Fritz forsch: „Vor acht Wochen habt ihr noch geschrieben, dass wir aufpassen müssen, nicht in den Abstiegskampf zu rutschen. Das nervt mich. Wir haben die ganze Zeit gesagt, dass wir von Woche zu Woche schauen.“ Die letzten Wochen hat das bekanntlich sehr gut funktioniert: Werder ist trotz der kurzfristigen Enttäuschung seit sechs Spielen ungeschlagen – eine mehr als beachtliche Serie. Der Tenor im Bremer Lager blieb somit trotz der Frustration klar: Wir lassen uns diese gute Saison nicht kaputt machen. Europa hin oder her. Eine verständliche Herangehensweise. Nur die Sprechchöre der gegnerischen Fans werden dann wohl nicht so schnell verstummen.

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