Vor dem Anstoß, so viel ist jetzt schon klar, wird es am Sonnabend im Weserstadion sehr viel um die Vergangenheit gehen. Mit den Helden von einst möchte der SV Werder Bremen vor dem letzten Saisonspiel gegen den VfL Bochum (15.30 Uhr) den 20. Jahrestag des Double-Gewinns von 2004 feiern, was bei den Fans definitiv Erinnerungen wecken wird an eine Zeit, in der Werder sportlich in ganz anderen Sphären – nämlich ganz weit oben – unterwegs war. Davon ist die aktuelle Mannschaft von Cheftrainer Ole Werner im Frühjahr 2024 weit entfernt, und dennoch könnte sie auf den letzten Drücker der Saison 2023/2024 noch Großes erreichen: Die große Chance auf eine Rückkehr ins internationale Geschäft.
„Wir haben die Möglichkeit, aus einer guten eine sehr gute Saison zu machen“, sagt Werders Leiter Profifußball Clemens Fritz, der mit „gut“ den vorzeitig gesicherten Klassenerhalt und mit „sehr gut“ den möglichen Sprung auf Tabellenplatz acht meint. Zur Erinnerung: Der würde am Ende zur Teilnahme an der Qualifikation zur Conference League berechtigen, sollte sich der Deutsche Meister Bayer Leverkusen im Pokalendspiel gegen Zweitligist Kaiserslautern durchsetzen. Wofür nicht gerade wenig spricht. Werder ist für den Last-Minute-Coup neben einem eigenen Sieg aber auch auf die Ergebnisse auf anderen Plätzen angewiesen, was zu einer Dynamik führen kann, wie es sie nur an letzten Spieltagen gibt.
Die eigene Leistung steht im Fokus
„In der ersten Halbzeit werden wir nur auf uns schauen“, erklärt Cheftrainer Ole Werner, räumt aber ein: „In der Schlussphase werden wir dann aber informiert sein, wie es auf den anderen Plätzen steht, damit wir eventuell noch gewisse Sachen abwägen können.“ Weiß ja niemand, wie packend das Saisonfinale wirklich wird. Nicht ausgeschlossen, dass es bei der Vergabe von Tabellenplatz acht am Ende tatsächlich um das Torverhältnis geht. Aber wie gesagt: Erstmal muss Werder dafür selbst gewinnen, solange es danach nicht aussieht, lohnt der Blick hinüber zur Konkurrenz nicht. Oder wie es Fritz ausdrückt: „Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, um dann schauen zu können, was am Ende möglich ist.“ Und diese Hausaufgaben haben es durchaus in sich, denn auch für den VfL Bochum ist der letzte Spieltag noch wichtig.
Als Tabellen-14. ist die Mannschaft von Interimstrainer Heiko Butscher noch lange nicht alle Abstiegssorgen los und könnte bei schlechtem Verlauf noch auf den Relegationsplatz abstürzen. Aktuell haben die Bochumer drei Punkte Vorsprung und das um drei Treffer schlechtere Torverhältnis als Union Berlin, das Rang 16 belegt – und aus Werder-Sicht nicht gegen den Bremer Europa-Rivalen Freiburg verlieren darf. Im restlos ausverkauften Weserstadion wird der Liveticker vom Spiel, das am Sonnabend zeitgleich an der Alten Försterei läuft, also auf etlichen Handys flimmern. Und womöglich bietet das Duell zwischen Werder und Bochum ausreichend Gelegenheit, den Blick mal kurz vom Platz abzuwenden.
Bochum setzt im Spiel häufig auf Zweikämpfe
„Ich glaube, dass sehr vieles ähnlich sein wird wie im Hinspiel“, sagt der 36-Jährige, dessen Mannschaft sich im Januar ein 1:1 im Ruhrstadion erkämpft hatte. Und weiter: „Es ist selten wahnsinnig schön, wie man gegen den VfL Bochum spielt, denn es ist eine Mannschaft, die eins gegen eins über das gesamte Feld anläuft und dich in wahnsinnig viele Zweikämpfe verwickelt.“ Mit diesem Stil haben während der laufenden Saison in der Tat schon ganz andere Mannschaften Probleme bekommen, sodass Werder gar nicht erst versuchen wird, jede Situation mit Kombinationsfußball zu lösen.
„Es ist extrem schwer gegen Bochum, nur von Fuß zu Fuß vom eigenen Tor aus nach vorne zu kommen“, weiß Werner, der deshalb auf folgendes Mittel setzt: „Du bist gezwungen, dieses hohe Pressing zu überspielen und darüber ins Fußballspielen zu kommen, worin wir dem Gegner überlegen sind. Es wird ein Kampfspiel.“ Und eines mit dieser vielleicht nicht allzu großen, aber vorhandenen Chance. Vor den Double-Helden von einst Europa deutlich näher zu kommen.