Man musste sich die Zahl am Mittwochmittag schon aktiv ins Gedächtnis rufen, denn so recht passen wollte sie nicht ins Bild, das sich dort während der Pressekonferenz des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bot. Deshalb kommt sie hier noch einmal, zur Sicherheit: vier. So viele A-Länderspiele hat der Stürmer Niclas Füllkrug in seiner Laufbahn bisher für Deutschland bestritten, was fraglos ein Erfolg, aber eben noch lange keine gewichtige Marke ist, wie sie Führungsspieler gemeinhin am Revers vor sich hertragen. Oder anders formuliert: Ein Testspiel vor der WM, dann drei Einsätze während des großen Turniers, und das alles als Joker – mit dieser Ausbeute könnte Füllkrug in DFB-Kreisen, obwohl schon 30 Jahre alt, gut und gerne noch als Neuling durchgehen. Tut er aber nicht. Im Gegenteil. Die Rolle des Werder-Profis im Team von Bundestrainer Hansi Flick ist längst eine viel größere, was allein schon die Besetzung des Podiums während der DFB-Pressekonferenz am Mittwoch zeigte.
Füllkrug kommt Schlüsselrolle zu
Vor dem Länderspiel gegen Peru (Samstag, 20.45 Uhr) hatte der Verband die beiden Neulinge Marius Wolf (Borussia Dortmund) und Kevin Schade (FC Brentford) zum Gespräch mit den Journalisten gebeten und zwischen ihnen nicht etwa Bayerns Joshua Kimmich (74 Länderspiele) oder Frankfurts Mario Götze (65) als Altgedienten platziert. Sondern Füllkrug. Während Wolf und Schade also überwiegend ihre Freude über die erste Nominierung zum Ausdruck bringen durften, war es der Bremer, der die grundsätzlichen Fragen rund um die Nationalelf gestellt bekam – und sie gleichermaßen sympathisch wie fundiert beantwortete. Mit seiner Art, die das Bodenständige mit dem Entschlossenen mixt, die dazu stets verbindlich und zugewandt ist, kommt dem Mittelstürmer (neben allen sportlichen Qualitäten) auch bei der dringend notwendigen Image-Renovierung, die sich der DFB nach der verkorksten WM verordnet hat, eine Schlüsselrolle zu. In dieser hat Füllkrug nun für mehr Respekt und Geduld im öffentlichen Umgang mit der Nationalmannschaft sowie mit Bundestrainer Hansi Flick geworben.
„Manchmal gehört einfach ein bisschen Vertrauen von den Leuten drumherum dazu, vielleicht auch von Fußballdeutschland“, sagte Füllkrug, nachdem er ausführlich beschrieben hatte, wie er Flick in den vergangenen Tagen wahrgenommen hat: engagiert und ehrgeizig. „Er hat richtig Lust an der Sache zu arbeiten“, betonte der Angreifer, der mit „Sache“ das Wieder-Auf-Kurs-Bringen des Nationalteams vor der Heim-EM im kommenden Jahr gemeint haben dürfte. Dann sagte Füllkrug über Flick: „Man sollte ihm Kredit geben, weil er jetzt die eine oder andere mutige Entscheidung trifft.“
Gleich fünf Neulinge hat der Bundestrainer für den Testspiel-Doppelpack gegen Peru und Belgien (Dienstag, 20.45 Uhr) nominiert, zudem einige etablierte Kräfte nicht eingeladen, was medial nicht allerorten wohlwollend eingeordnet wurde. Füllkrug: „Wichtig ist, dass man immer respektvoll miteinander umgeht, und Respekt ist keine Einbahnstraße, auch für Journalisten nicht.“ Er habe die eine oder andere Schlagzeile lesen müssen, „über die ich mich schon ein bisschen erschrocken habe“, sagte der Werder-Profi – und schlug vor: „Warten wir doch erstmal ab, wie die beiden Spiele jetzt laufen.“ Dass er selbst wieder zum Aufgebot zählt, freut Füllkrug freilich sehr, immerhin hat er damit ein selbst gestecktes Zwischenziel erreicht. „Ich wollte bis zur Länderspielpause so fokussiert sein und so gut spielen, dass ich in der Nationalmannschaft weiter eine tragende Rolle spielen kann“, berichtete er und wandte sich dann mit einer Forderung an seine Teamkollegen mit dem Adler auf der Brust: „Ich glaube, dass wir jetzt an einem Punkt sind, an dem wir Schritte gehen und uns als Mannschaft entwickeln müssen. Davon möchte ich Teil sein.“ Wie gesagt: vier A-Länderspiele. Was aber nichts daran ändert, dass Füllkrug beim DFB zu einem der Wortführer geworden ist.