Am Ende hat alles etwas länger gedauert als gedacht, aber es hat geklappt: Nach mehr als einem Monat ist Bremerhavens altes Schwimmdock V in der Karibik an seinem neuen Einsatzort angekommen. Innerhalb von 47 Tagen hatte der Schlepper "Titan" das 215 Meter lange und 43 Meter breite Dock von der Seestadt über die Kanarischen Inseln in den Hafen von Jamaikas Hauptstadt Kingston gebracht. Für den Inselstaat ist es das erste Schwimmdock überhaupt und soll ihm zu zusätzlichen Arbeitsplätzen und mehr Wirtschaftskraft in einer Branche verhelfen, die es so in dem Land bisher noch nicht gibt.
In den kommenden Wochen soll das Dock in Betrieb genommen werden. Einen neuen Namen hat es auch: Aus Dock V ist nun Jam-Dock 1 geworden. Jam-Dock 1 wird das Herzstück der neuen German Ship Repair Jamaica Limited (GSRJ). Die Reparaturwerft soll bis Jahresende ihre Arbeit aufnehmen. Als Investor ist die türkische Hat-San-Werftengruppe dabei. Das Management-Team ist international.
Bis zu 200 Beschäftigte auf der Jamaika-Werft
Die Bremer Reeder Peter Harren und Heiko Felderhoff rechnen anfangs mit 150 bis 200 Beschäftigten. Der Bedarf für eine Reparaturwerft in der Karibik sei vorhanden, es gibt laut Harren zu wenig Kapazitäten in der Region. Die ersten Mitarbeiter wurden zum Schweißer ausgebildet – zum Teil in Bremerhaven bei Rönner. „Von Rönner werden auch einige Mitarbeiter vor Ort in Jamaika zum Schweißer und Schlosser ausgebildet“, erläutert Felderhoff den Plan. Die Kosten für die erste Investitionsphase der Werft beziffert er auf 38 Millionen US-Dollar (35,3 Millionen Euro).
Über Jahre hatte Peter Harren dieses Projekt verfolgt, um seinem Herzensland in der Karibik zu mehr Wirtschaftskraft zu verhelfen. Ein Projekt, mit dem sich durchaus Geld verdienen lässt. Felderhoff und Harren konnten für das private Joint Venture Investoren aus Jamaika, aus der Türkei und Deutschland, darunter die Kloska-Gruppe, gewinnen. Harren verbindet viele Jahre mit dem Inselstaat. So baute er zum einen die Caribbean Feeder Service (CFS) auf, die von Kingston aus die kleineren Karibikhäfen mit den größeren verband. Die Absolventen der Caribbean Maritime University (CMU) fanden als junge Offiziere eine Arbeit auf den CFS-Schiffen. Vor fünf Jahren wurde Peter Harren zum Honorarkonsul Jamaikas für Bremen ernannt.
Vor den Hurrikans in Kingston sein
Auf der letzten Etappe des Schwimmdocks musste Harren und Felderhoff sich gedulden. Denn der ursprüngliche Plan sah vor, dass sich die "Titan" mit dem Dock V rund um den 20. Juni auf die Außenweser durch den Kanal zum Atlantik auf den Weg machen sollte. Doch es brauchte etwas mehr Zeit, um Schlepper und Dock für die Atlantikfahrt fit zu machen. Als es am 6. Juli losgehen sollte, musste der Schlepper nach einer Stunde umdrehen, weil es Probleme mit dem Schleppdraht gab. Kurz danach ging es schließlich los. Ende Juli gab es nochmals einen mehrtägigen Stopp in Las Palmas, Gran Canaria, bevor es raus auf den Atlantik ging. Die Zeit drängte, denn die Hurrikan-Saison nahm langsam Fahrt auf. Am 24. August erreichte die "Titan" mit dem Schwimmdock schließlich Kingston.
Bei dem Schlepper "Titan", der das alte Dock V über den Atlantik zog, handelt es sich um einen 74 Meter langen, ehemaligen norwegischen Offshore-Versorger. Den hatten Harren und Felderhoff kurzerhand dazugekauft. „Für unsere Aktivitäten im Öl- und Gasgeschäft in Mexiko brauchten wir sowieso einen zuverlässigen Schlepper. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe", so Felderhoff. So schleppt die "Titan" längst andere Teile durch die Karibik.
Top-Thema für Jamaikas Medien
Wenn die Reparaturwerft in Kingston angelaufen ist, soll es nicht nur bei diesem einen Schwimmdock bleiben. Irgendwann soll noch ein zweites hinzukommen, Harren und Felderhoff rechnen mit 64 Millionen US-Dollar (knapp 60 Millionen Euro). Auch wenn die beiden Bremer Reeder in ihrem Berufsleben schon so einige große Teile mit außergewöhnlichen Maßen per Schiff über die Meere geschickt haben, ist es für sie doch etwas nicht Alltägliches, ein Schwimmdock mit einer Länge von mehr als 200 Metern, über den Atlantik schleppen zu lassen.
Für Jamaikas Medien war die Ankunft des Schwimmdocks Top-Thema. Auch die Überfahrt der vergangenen Wochen verfolgten die Zeitungen und Fernsehsender akribisch – ebenso die Frage nach der Hurrikan-Gefahr. Doch nun kann es losgehen. GSRJ-Geschäftsführer Martin Rickman sagte: „Wir freuen uns außerordentlich, dass dieses Multi-Millionen-Dollar-Projekt endlich seinen Höhepunkt in der historischen Ankunft des ersten Docks findet, das nun in Jamaika in Betrieb genommen wird." Die Reparaturwerft werde Jamaikas Profil im internationalen maritimen Bereich schärfen. Die ersten Kunden haben Interesse an Werftzeiten bekundet.