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Gespräche über einen Verkauf "Schließung der Lloyd-Werft verhindern"

Die Mitarbeiter der Lloyd-Werft müssen erneut um ihre Arbeitsplätze bangen. Die Geschäftsführung hat die Schließung bekanntgegeben. Zugleich laufen aber erneut Verkaufsgespräche mit der Rönner-Gruppe.
01.11.2021, 20:50 Uhr
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Von Lisa Schröder

Die Unsicherheit ist groß. Das gilt besonders seit jenem Freitag im Oktober, an dem die Geschäftsführung der Belegschaft bei einer Versammlung mitteilte, dass die Lloyd-Werft Ende März 2022 schließen soll. Doch noch ist das Schicksal des Traditionsunternehmens nicht besiegelt. Denn es laufen erneut Gespräche über einen Verkauf von Genting an die Rönner-Gruppe – ein zweiter Anlauf unter besseren Vorzeichen, wie zu vernehmen ist.

Fährt das Schiff also doch noch in einen sicheren Hafen? "Wir sind mitten im Gespräch", sagt Geschäftsführer Thorsten Rönner am Montag gegenüber dem WESER-KURIER. Über die jüngste Ankündigung, dass der Betrieb mit 300 Mitarbeitern geschlossen werden solle, sei er überrascht gewesen. Die Gespräche über die Übernahme liefen gut: "Wir hoffen, dass wir einen Weg finden, die Schließung der Lloyd-Werft zu verhindern." 

Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) bestätigt ebenfalls, es habe Signale gegeben, dass "ernsthafte Gespräche" zum Verkauf begonnen haben. Regelmäßig gebe es ebenso vom Ressort aus mit allen Akteuren Gespräche – auch mit dem Bundeswirtschaftsministerium.

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Der Bezirksleiter der IG Metall Küste Daniel Friedrich kritisiert derweil, es sei "eine unheimliche Sauerei", wie seitens des Gesellschafters mit den Ängsten und Sorgen der Beschäftigten umgegangen werde. Für die Mitarbeiter seien die vergangenen Monate ein Wechselbad der Gefühle gewesen.

Schließung oder Verkauf? "Wir können doch jetzt die Beschäftigten, die Region und den Betrieb nicht auf eine Halteposition schicken", sagt Friedrich in Richtung des malaysischen Mutterkonzerns Genting. Kurz vor der Nachricht im Oktober, dass das Aus im nächsten Jahr doch kommt, seien die Signale "eher positiv" gewesen, weitere Arbeit auf die Werft holen zu können. "Über Nacht um 180 Grad zu drehen und die Schließung zu verkünden – das ist absolut indiskutabel."

Für den Betriebsratschef der Werft Nils Bothen ist die Situation ebenfalls nicht leicht. Einerseits verhandelt er derzeit mit dem Unternehmen einen Sozialplan für den Fall der Schließung – wie bereits im Frühjahr. Schon Ende November sollen schließlich Kündigungen ausgesprochen werden. Der Arbeitnehmervertreter sieht eine Übereinkunft, etwa über Abfindungen, als Sicherheit für die Belegschaft: "Ich weißt nicht, was kommt." Zugleich hofft Bothen, dass der Sozialplan gar nicht zur Anwendung kommen muss, weil es eine Zukunft mit Rönner gibt.

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Warum Abwicklung und Verkaufsgespräche parallel laufen? Bothen kann es sich auch nicht ganz erklären. Auf einige Fragen bekomme man von Genting keine Antwort. "Mein Eindruck ist, sie wollen so schnell wie möglich die Schließung der Werft einleiten", sagt Bothen. Das könne, so seine Vermutung, mit dem Fahrplan des Wirtschaftsstabilisierungsfonds zusammenhängen. Die Hilfe des Bundes sieht auch ein Budget vor, um die Schließung der Werft in Bremerhaven zu finanzieren.

Bothen sieht jetzt die Politik gefordert, Druck zu machen, damit die Übernahme doch noch zustande kommt. "Das muss der Weg sein", sagt er zur Rettung durch Rönner. Für den Standort sei das ebenfalls wichtig. "So viele Arbeitsplätze haben wir in Bremerhaven nicht."

Austausch gibt es. „Der Senat redet derzeit mit allen Beteiligten über die Situation der Lloyd-Werft – mit der Geschäftsführung, den Eigentümern und selbstverständlich auch dem Betriebsrat und der Gewerkschaft", erklärt auch Senatssprecher Christian Dohle. Über den Inhalt der Gespräche hätten die Beteiligten aber Vertraulichkeit vereinbart.

Aus Sicht der Bremerhavener IG-Metall-Chefin Doreen Arnold muss es bald Signale geben, in welche Richtung die Verhandlungen zwischen Genting und Rönner laufen – bevor Kündigungen ausgesprochen werden. Das sei nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für den potenziellen Käufer wichtig. "Die Zeit drängt", sagt Arnold. Die Beschäftigten suchten sich andernfalls eine neue Arbeit. Womöglich würde Rönner dann ein "zerbröckelte Werft" übernehmen.

Daniel Friedrich findet, dass viel für eine Zukunft mit Genting spreche. An die Politik appelliert er jedoch, auch zu überlegen, wie es ohne den Konzern weitergehen könne. "Dann, finde ich, darf man keine Denkverbote haben", sagt Friedrich. Der Bezirksleiter meint damit, dass sich im Notfall der Staat selbst engagieren sollte, bevor einer Werft das Aus drohe. Schließlich leiste man in diesem Fall bereits Hilfe. Friedrich denkt dabei auch an die drei Standorte der ebenfalls zu Genting gehörenden MV Werften. Zunächst aber sieht er den Konzern in der Pflicht. Die Lloyd-Werft habe eine "Ausstrahlung" und sei ein wichtiger Ausbildungsbetrieb in Bremerhaven. "Es gibt Perspektiven, und die muss man zu Ende prüfen, bevor man die Schließung durchsetzen will."

Der Druck auf Genting ist gestiegen. Die MV Werften selbst reagierten auf eine Anfrage des WESER-KURIER nicht.

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