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Amazon feuert Flächenumsatz an In Bremen und der Region fehlen Gewerbeflächen

Amazon treibt den Flächenumsatz für das Jahr 2019 besonders an. Das Angebot für Gewerbe und Logistikflächen in Bremen und der Region ist jedoch weiter sehr knapp. Was plant das Ressort?
04.02.2020, 19:41 Uhr
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Von Lisa Boekhoff und Florian Schwiegershausen

Der Versandriese schlägt alle deutlich. Amazon zieht nach Achim – in ein riesiges Logistikzentrum. Auf der Gewerbefläche Uesener Feld beginnen die Vorarbeiten für die Ansiedlung. Im nächsten Jahr will das Unternehmen dort loslegen. Amazon ist nicht allein wegen der Fläche von mehr als 120.000 Quadratmetern ein Coup, sondern soll bis zu 2000 Arbeitsplätze in die Region bringen.

Insgesamt erreichte der Flächenumsatz in Bremen und dem Umland nach Angaben des Immobilienunternehmens Robert C. Spies 2019 einen Spitzenwert von mehr als 400.000 Quadratmetern – vor allem wegen Amazon. „Ein absolutes Ausnahmejahr“, kommentiert Björn Sundermann, Leiter für Logistik- und Industrie-Immobilien bei Robert C. Spies, das Ergebnis. Im Vorjahr erzielte man 284.000 Quadratmeter Flächenumsatz. Der umfasst Neubauten, Vermietung und Verkauf. Zuwachs brachte gerade der Neubau, auf den 71 Prozent des Umsatzes zurückgingen.

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Wie groß die Nachfrage auf dem Markt ist, zeigt das Tempo: Was 2018 in der Planung steckte, sei 2019 "sofort vom Markt absorbiert" worden, heißt es vom Unternehmen. In Bremen bleibe das Hauptproblem das "fast schon chronisch fehlende Angebot". Gerade für hochwertige Bestandsflächen sei das der Fall und bei kleinen modernen Flächen. Die Einschätzung teilt Jörg Lachmann, Leiter des Bereichs Industrie von Engel & Völkers Commercial Bremen. Zwar seien viele hochwertige Flächen entstanden. Die Mietverträge dafür liefen jedoch noch einige Zeit, außerdem seien Objekte Neubauten für Eigennutzer gewesen: "Ich beobachte derzeit, dass passende Flächen in fast allen Größenklassen und auf aktuellem Niveau am Markt fehlen." Er gehe davon aus, dass sich die Flächenknappheit im Raum Bremen in naher Zukunft nicht wirklich verbessern werde.

Für kleinere Flächen gebe es zwar mehrere Ansätze – wie Gewerbehöfe mit Größen zwischen 250 und 1000 Quadratmetern. „Jedoch fehlen auch hier die passenden Grundstücksflächen, um diese Konzepte in ausreichender Zahl und passender Lage anzubieten.“ Gerade Logistiker mit kurz laufenden Geschäften werden in Bremen laut Lachmann nicht fündig. Und ebenso Investoren, vor allem aus dem Bereich Familie Office, die flexible Gewerbehöfe errichten wollen. Denn hier gebe es auch keine passenden Grundstücke. „Das sorgt – neben den gestiegenen Baukosten – auch dafür, dass die Grundstücks- oder Mietpreise am Markt anziehen.“

Analyse empfiehlt regionale Strategie

Das Wirtschaftsressort arbeitet derzeit an einem neuen Gewerbeentwicklungsplan. Dabei geht es um die Frage, wie der Bestand entwickelt werden kann, wenn zum Beispiel wie im Technologiepark einfach kein Platz mehr ist. „Wir haben dort keine freien Flächen mehr. Das meiste ist reserviert“, sagt Ressortsprecher Kai Stührenberg. Darum denke man dort über eine Nachverdichtung nach – etwa durch höhere Neubauten oder Aufstockungen. Im Mai gibt es zur Frage der Weiterentwicklung von Bestandsgebieten in Bremen einen Fachdialog. Im Technologiepark gibt es darüber hinaus Überlegungen, das Gebiet zu erweitern über die Bahnstrecke Hamburg-Bremen hinaus. „Das ist eine Option, die wir diskutieren müssen.“ Die hängt auch mit der Entscheidung zusammen, wo die geplante Haltestelle am Technologiepark entstehen soll. Zwei Standorte sind dafür im Gespräch.

Im Interview mit dem WESER-KURIER brachte Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) bereits ins Spiel, in Zukunft über höhere Bauten bei Flächen für Logistikunternehmen nachzudenken. Das sei weltweit gesehen kein neues Thema, sagt Experte Lachmann mit Blick auf Objekte in London oder Hongkong. „Die Gedanken zu mehrstöckigen Gebäuden – ob Wohnen, Einzelhandel oder Logistik – resultieren ja immer aus einer Flächenknappheit. Ich halte das grundsätzlich für einen guten Ansatz, vor allem in einem Bundesland wie Bremen“, sagt der Immobilienberater, denn hier stehe Land sowieso nur begrenzt zu Verfügung.

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Erst vor wenigen Tagen hatte das Wirtschaftsressort vor Vertretern aus der Logistikbranche eine Analyse des Fraunhofer-Instituts Supply Chain Services mit Sitz in Nürnberg vorgestellt. Die empfiehlt als kurzfristige Lösung, das Gewerbegebiet Hansalinie in Einzelfällen auch für Logistik zu nutzen. Langfristig sollte Bremen mit dem Umland demnach eine regionale Logistikstrategie entwickeln. Uwe Veres-Homm vom Fraunhofer-Institut nannte als positives Beispiel die seit Jahren bestehende Kooperation der Länder Berlin und Brandenburg bei der Flächenentwicklung für Logistikunternehmen. Da das Flächenangebot in Bremen endlich sei, wäre dies eine Möglichkeit. Der Ringschluss der A281 würde ebenso Potenzial für Gewerbeflächen nördlich der Weser schaffen. Fakt ist laut Gutachten: „Bremen hat mit einem Anteil von zwölf Prozent die höchste Logistik-Beschäftigungsquote in Deutschland.“

Für die Logistik in der Innenstadt ist Höhe ebenfalls wichtig, sieht Lachmann voraus, sollen Sendungen den Kunden künftig noch am selben Tag erreichen. In Zentrumsnähe sei dann auf kleinem Raum viel Lagerfläche nötig. Jedoch müssten die Bebauungspläne teils angepasst werden, um überhaupt hoch hinaus zu können: In Bremen gebe es in einigen Gewerbegebieten eine Höhenbegrenzung. Lachmann gibt zu Bedenken: Wenn sich Gebäude stärker gen Himmel strecken sollen, müsse Bremen das auch wollen. „Auch der Bürger, der ja immer höhere Ansprüche an die Lieferkette und -geschwindigkeit stellt, sollte das akzeptieren.“

Neue Flächen kommen

Der Flächenumsatz 2019 verteilt sich auf die Gewerbegebiete in Bremen und dem Speckgürtel in etwa fifty-fifty. „Die großvolumigeren Abschlüsse im direkten Bremer Umland werden deutlich weniger, da viele Gewerbegebiete gegenwärtig nahezu keine freien Kapazitäten für Logistikhallen haben", sagt Björn Sundermann bezogen auf Oyten und Achim. Neue Flächen kämen aber auf den Markt – etwa mit dem "Panattoni Park Bremen-Nord". Dass an die Fläche von Amazon in Achim keiner ranreicht, zeigt ein Blick auf die folgenden Abschlüsse: Der Logistiker Fiege hat nach Angaben von Robert C. Spies ein Neubauprojekt im Güterverkehrszentrum von 35.000 Quadratmetern abgeschlossen. Danach belegt Maersk den dritten Platz mit einem Neubau, es reiht sich dann der Autozulieferer Linde & Wiemann an der Hansalinie ein. In Oyten baut zudem die Heinrich Hoppe Spedition – in diesem Fall zum Verlust von Achim. Weil es dort keine Fläche gab, wächst das Unternehmen nun beim Nachbarn.

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