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Verbraucherpreise Experten: Löhne sind kein Inflationstreiber

Obwohl die Lebenshaltung viel teurer wird, ist keine Lohn-Preis-Spirale in Sicht. Vermutlich geht die Inflation im kommenden Jahr auch wieder deutlich zurück.
29.11.2021, 18:21 Uhr
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Experten: Löhne sind kein Inflationstreiber
Von Wolfgang Mulke

Große Freude wird der Lohnabschluss im öffentlichen Dienst der Länder bei den 1,1 Millionen Beschäftigten wohl nicht auslösen. Sie erhalten 1300 Euro Corona-Prämie. Dazu erhöhen sich ihre Löhne und Gehälter im Dezember 2022 um 2,8 Prozent. Eine ganz andere Nachricht kam am Montag vom Statistischen Bundesamt: Der Preisauftrieb hält danach an. Im November stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,2 Prozent. So hoch war die Teuerungsrate zuletzt 1992.

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Eine der größten Sorgen der Ökonomen hinsichtlich der weiteren Inflationsentwicklung ist eine anlaufende Lohn-Preis-Spirale. Das heißt, die Gewerkschaften setzen in den Tarifverhandlungen hohe Forderungen durch, was wiederum durch die höheren Kosten für die Unternehmen zu einem neuerlichen Preisschub führt. Doch der Wirtschaftsforscher Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Wirtschaftsforschung (IMK) beruhigt. „Am Abschluss des öffentlichen Dienstes sieht man schon, dass wir keine Lohn-Preis-Spirale haben“, sagt er.

Trotz Inflation: Tarifabschlüsse in Deutschland auf mäßigem Niveau

Tatsächlich sind auch die anderen Tarifabschlüsse des laufenden Jahres eher gemäßigt. Im Bauhauptgewerbe einigten sich die Tarifparteien auf ein Plus von zwei Prozent im Westen und drei Prozent im Osten zuzüglich einer Corona-Prämie. Bei der Bahn gibt es 1,5 Prozent und zwei Prämien. Die Metall- und Elektroindustrie einigte sich auf eine Prämie und ein Transformationsgeld, die Textilindustrie zahlt eine Corona-Beihilfe und 2,7 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten. Große Sprünge sind nirgendwo erkennbar. „Solange wir unter der Marke der Zielinflation der Europäischen Zentralbank (EZB) plus Trendproduktivität von drei Prozent im Jahr bleiben, sollte es keine Preiswirkungen geben“, sagt Dullien.

Davon sei man in diesem und dem kommenden Jahr weit entfernt, glaubt der Wirtschaftsforscher. Diese Einschätzung teilt das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). „Die Lohnpolitik ist noch kein Inflationstreiber“, beobachtet IW-Experte Hagen Lesch. Es sei ein positives Zeichen, dass auch die Chemiegewerkschaft andeute, eher einen Inflationsausgleich als einen happigen Aufschlag zu fordern.

Inflationstreiber Energiepreise

So bleibt die angekündigte Anhebung des Mindestlohnes auf zwölf Euro von aktuell 9,60 Euro. Der Aufschlag beträgt von heute aus gesehen mehr als 20 Prozent. Doch auch hier bleiben beide Ökonomen gelassen. Sie rechnen nicht damit, dass dieses Regierungsvorhaben im Eiltempo umgesetzt wird – vielleicht ist dies erst 2023 der Fall.

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Eine wichtige Ursache für anhaltende Preissteigerungen ist also nicht gegeben. Auch deshalb erwartet die Mehrheit der Ökonomen im kommenden Jahr eine deutlich ruhigere Entwicklung. Dann entfällt beispielsweise ein Sondereffekt der Preisentwicklung dieses Jahres. Denn 2021 wirkt die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent noch nach. Eine andere Ursache dürfte dagegen nicht einfach verschwinden. Im November waren wieder einmal die Energiepreise der größte Treiber der Teuerung. Im Vergleich zum Vorjahr waren Strom, Gas oder Kraftstoff 22,1 Prozent teurer. Auch Nahrungsmittel verteuerten sind stark um 4,5 Prozent. Auch hier erwarten Experten im kommenden Jahr keine Entspannung.

Schließlich haben auch Lieferschwierigkeiten und Versorgungsengpässe zur Preisentwicklung beigetragen. Wann sich die Lage weltweit wieder stabilisiert und der Preisdruck nachlässt, kann wohl niemand mit Gewissheit sagen.

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