Während Politik und Unternehmen Gas geben, damit die Heizungen im Winter nicht kalt bleiben, wollen sich Umwelt- und Naturschützer von der Eile nicht anstecken lassen. Sie kritisieren, dass die Genehmigungen für die geplanten LNG-Terminals im Schnellverfahren durchgeboxt werden sollen und bestehen auf einer sorgfältigen Prüfung möglicher Umweltschäden. „Auch vor dem Hintergrund einer drohenden Notlage bei der Gasversorgung dürfen die Ziele zur Energiewende nicht aufgegeben werden und der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern muss konsequent weiterverfolgt werden“, fordern die Naturschutzverbände BUND und Nabu in einer gemeinsamen Erklärung. „Die Sicherung der Energieversorgung darf nicht zulasten geschützter Lebensräume und Arten erfolgen.“
Einen leichten Stand haben die Umweltschützer in der Debatte nicht. Explodierende Gaspreise, die Sorge vor einem kalten Winter ohne Heizung und die drohende Stilllegung ganzer Industrieanlagen beunruhigen zurzeit die meisten Menschen stärker als eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung für einen Schiffsanleger. Der BUND jedoch will sich davon nicht irritieren lassen: „Der Bau des Terminals in Wilhelmshaven erfolgt mitten im Weltnaturerbe Wattenmeer und damit in einem der wichtigsten und sensibelsten Ökosysteme der Welt“, stellte der stellvertretende Landesvorsitzende Michael Rode erst kürzlich noch einmal klar. „Durch den Bau wird ein gesetzlich geschütztes Unterwasserbiotop zerstört, das als Lebensraum für viele, teils bereits gefährdete Arten dient.“
Die Liste der Einwände, die Nabu und BUND in dem Genehmigungsverfahren für den Wilhelmshavener Anleger vorgebracht haben, ist lang: Fehlende Kompensationsflächen zum Ausgleich der Umweltschäden, der Krach der Rammarbeiten, der die Schweinswale noch auf viele Kilometer Entfernung schädige, der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung trotz „erheblicher Beeinträchtigungen“ des Nationalparks Wattenmeer – die Umweltschützer bezweifeln, dass das mit EU-Recht vereinbar ist. All das haben sie in ihrer Stellungnahme zusammengetragen, während die Bauarbeiten am Jadebusen weitergehen.
Die Notlage, in der sich Deutschland befinde, erkenne man zwar an, versichern BUND und Nabu. Man unterstütze ausdrücklich die Ziele der Energiesicherheit und der Energieunabhängigkeit – aber eben nicht per Beschleunigungsgesetz: zwölf LNG-Terminals und sieben Pipelines, die bis 2043 in Betrieb bleiben sollen – das schießt aus Sicht der Umweltschützer weit über das Ziel hinaus. Es zementiert die Nutzung fossiler Energien über die nächsten Jahrzehnte, insbesondere des klimaschädlichen Frackinggases. Das kommt nämlich nach Recherchen der Umweltschutzverbände verstärkt nach Europa: Seit Januar sei der Anteil der US-Gaslieferungen nach Europa von rund 25 auf mehr als 50 Prozent gestiegen, „in der Regel mittels Fracking gefördert“.