Die Zukunftshoffnung der europäischen Raumfahrt heißt "Susie". Mit dem wiederverwendbaren Raumschiff soll Europa unabhängig werden von Mitfahrgelegenheiten bei anderen Reiseveranstaltern ins All. Auf dem Internationalen Astronautenkongress IAC, der dieses Jahr in Paris stattfindet, einem der wichtigsten Branchentreffen der Raumfahrtgemeinde, präsentiert die Ariane Group in dieser Woche ihr neues Konzept.
"Susie" – das steht für Smart Upper Stage for Innovative Exploration, übersetzt etwa: Intelligente Oberstufe für innovative Weltraumerkundung. Das Raumschiff soll eine Art Zubringerbus im Pendelverkehr zwischen Erde und Weltall werden und dabei zwei Defizite beseitigen, die Kritiker der europäischen Raumfahrt vorhalten: Es soll wiederverwendbar sein, also nicht nach nur einer Mission ex-und-hopp im Weltall verschwinden. Und es soll in der Lage sein, neben Fracht auch Menschen ins All und zurück zu befördern. In Zeiten vermehrter nationaler Alleingänge wird der "unabhängige Zugang zum Weltraum" für Europa wichtiger denn je.
"Wir haben uns angesehen, was der langfristige Bedarf in der Weltraumfahrt 2030 bis 2050 sein wird", erklärt Joost van Tooren, Logistikdienstverantwortlicher bei der Ariane Group, dem WESER-KURIER. Ergebnis: "Wir werden in Zukunft mehr Weltraumprojekte mit großen Infrastrukturen sehen", glaubt der Niederländer. Das könnten kommerzielle Raumstationen, Solarenergiekraftwerke, fliegende Datenzentren oder Fertigungsstätten für Produkte sein, die unter Schwerelosigkeit hergestellt werden. "Wir werden also in Zukunft sehr viel ins All transportieren und von dort zurückholen", prognostziert van Tooren.
Dafür haben die Ingenieure ein flexibel einsetzbares Lasten- und Personenraumschiff entworfen, zwölf Meter lang, fünf Meter breit und 25 Tonnen schwer. Es kann mit einer Ariane 6 oder künftigen Trägerraketen ins All geschossen werden. Bei Frachteinsätzen soll es Sateliten aussetzen, reparieren oder bergen und zur Erde zurückbefördern; es soll Raumstationen aufbauen und mit Nachschub versorgen können.
Bis zu fünf Astronauten
Daneben soll "Susie" aber auch in der Lage sein, bis zu fünf Astronauten ins All zu befördern. Das können Besatzungsmitglieder einer erdnahen Raumstation sein, es können aber auch Raumschiffspassagiere auf großer Fahrt sein: Gekoppelt mit einem Versorgungsmodul, könnte "Susie" Langstreckenmissionen bis in eine Mondumlaufbahn fliegen, so der Plan der Ariane-Ingenieure.
Am Ende einer jeden Mission steht die Rückkehr zur Erde: Nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre soll das Raumschiff aufrecht auf einem Bremsraketenstrahl herabsinken und sanft landen. Es kann somit komplett für eine neue Mission wiederverwendet werden.
Auf eine Ariane 6 könnte "Susie" ohne große Umbauten aufgesetzt werden, dafür haben die Ingenieure bei ihren Planungen gesorgt. Aber auch die Raketen der nächsten Generation sollen das Raumschiff ins All befördern können. Im Unterschied zur Ariane sollen sie wiederverwendbar sein, so dass der Pendelverkehr ins All nicht ständig neue Schrottberge produziert: Die Wegwerfmentalität wollern auch die Europäer beenden, nachdem die weltraumbegeisterten US-Milliardäre Elon Musk und Jef Bezos mit ihren Projekten gezeigt haben, wie es geht.
Zwei Jahre lang haben die Ariane-Ingenieure und ihre Partner an "Susie" gearbeitet. Jetzt sind die Pläne so weit vorzeigbar, dass sie der Fachöffentlichkeit auf dem IAC-Treffen in Paris präsentiert werden. Bis 2025 sollen Machbarkeitsstudien und erste Versuchsmodelle vorliegen, so dass die Europäische Weltraumagentur Esa über den Bau von "Susie" entscheiden kann. "Anfang der 2030er Jahre könnte das Raumschiff einsetzbar sein", schätzt van Tooren.